Von Gert Ewen Ungar
Es geht nun bereits den vierten Tag in Folge: Der deutsche Mainstream bläst zur Totalüberwachung von Volksfesten und Menschenansammlungen. Egal, ob eine Sylter Edelbar, eine niederbayerische Kirchweih oder Schützenfeste: Wer alkoholbedingt entgleist und sich zu Äußerungen hinreißen lässt, die nicht den Vorstellungen liberaler Moralapostel entsprechen, der muss mit einem harten Gericht rechnen. Einen Anwalt wird er nicht an die Seite gestellt bekommen.
Im Gegenteil: Persönlichkeitsrechte, Unschuldsvermutung, die Frage nach der Motivation und den Umständen – all das spielt keine Rolle mehr. Der Rechtsstaat wurde ausgehebelt. Die Politik macht bei dieser Form medialer Machtergreifung mit. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), in ihrer Funktion keineswegs für die Rechtsprechung zuständig, überschritt ihre Kompetenz und forderte die Höchststrafe für diejenigen, die an der Sause auf Sylt beteiligt waren. Armin Laschet (CDU) äußerte, dass er gut findet, dass alle Beteiligten auf journalistischem Weg identifiziert werden konnten und ihren Job verloren haben. Der mittelalterliche Pranger präsentiert sich im zeitgemäßen Gewand. Die soziale Kontrolle ist umfassend, die Strafe maximal: Es droht die öffentliche Vernichtung der Existenz schon bei kleinsten Fehltritten.
Was in Deutschland geschieht, ist mehr als nur ein Rechtsrutsch, es ist eine Machtergreifung. Die Gewaltenteilung existiert nicht mehr. Der politisch-mediale Komplex übernimmt jetzt das, was einst getrennt war. Er legt die Regeln fest und ist Richter, Ermittlungsbehörde und Ankläger in einem. Ein ordentliches, rechtsstaatliches Verfahren ist gar nicht erst vorgesehen.
Dass Deutschland nicht der Hort der Toleranz und Offenheit ist, ist nicht neu. Es ist nicht das erste Mal in der jüngsten Geschichte der Bundesrepublik, dass dies passiert. Schon während der Corona-Krise verbanden sich die Politik und der mediale Mainstream zu einem System der Repression, das zur Hatz auf alle rief, die immer noch strengere Maßnahmen, immer noch mehr Zwang und Druck nicht mittragen wollten. Sachargumente spielten keine Rolle mehr.
Auch in Bezug auf den Ukraine- und Nahost-Konflikt legen die etablierten Parteien und die großen Medien fest, was gesagt werden darf und was nicht. Das zielgerichtete Zerstören beruflicher Existenzen gehört inzwischen ins feste Repertoire dieses Komplexes. Journalisten wird gekündigt, ein Platz am Katheder wird wegen einer falschen Haltung verwehrt. Freiheit der Wissenschaften und Freiheit der Kunst - ade! Spiegel, Süddeutsche, Tagesschau und Co. betreiben Hass und Hetze und tarnen sie notdürftig als Journalismus.
Was an diesem Wochenende passiert ist, unterscheidet sich jedoch von den bisherigen Manifestationen der Repression und Kontrolle in Deutschland. Richteten sich der mediale Hass und die politische Hetze bisher gegen Menschen, die zu den großen politischen Themen eine von der veröffentlichten Meinung des Mainstreams und der Bundespolitik abweichende Auffassung vertraten, traf es am Wochenende Menschen, die sich gar nicht politisch betätigt haben. Es traf sie beim Feiern, in der Freizeit, beim Unbeschwert-Sein, in einem Moment, in dem sie dachten, sie dürften sich gehen lassen. Das geht in Deutschland nun nicht mehr, ist die Botschaft. Leichtigkeit wurde am vergangenen Wochenende abgeschafft.
Ein falsches Wort auf einer Feier, eine im Freundeskreis geäußerte kontroverse Meinung, ein kurzer Auftritt in einem ungünstigen Moment, veröffentlicht in einem sozialen Netzwerk, und die eigene Karriere kann zu Ende sein. Da hilft dann auch nicht, dass man alle vorgeschriebenen Impfungen mitgemacht und man sich bei politischen Themen immer enthalten hat.
Was am vergangenen Wochenende in Deutschland passiert ist, müsste alle Alarmglocken läuten lassen. Junge Menschen am Beginn ihrer beruflichen Karriere verlieren wegen eines kurzen Mitschnitts, der in den sozialen Netzwerken geteilt wurde, ihren Job. Die Politik findet das nicht nur gut und gerecht, sondern fordert sogar noch knallharte Haftstrafen. Jedem muss klar sein: Wenn das durchgeht, dann kann die Willkür jeden treffen, zu jeder Zeit, aus einem x-beliebigen Grund. Deutschland hat einen gefährlichen Pfad betreten.
Es ist eine Form von umfassender sozialer Kontrolle, die sich gerade in Deutschland etabliert. Im Kern wirkt ein Journalismus, der nicht mehr berichtet, sondern richtet. Er richtet auf der Grundlage seines eigenen Wertesystems. Gewaltenteilung ist darin nicht vorgesehen. Das System wird totalitär.
Das passt gut zu dem, wie Deutschland im Ausland wahrgenommen wird. Dem Land, das gleich zwei rechte Regime mit Geld und Waffen unterstützt und dem vorgeworfen wird, Völkermord zu begünstigen, nimmt man die Empörung über öffentliches Grölen populistischer Slogans schlicht nicht ab. Es wirkt nicht nur verlogen, es ist offenkundig, dass dies einem anderen Zweck dient. Hier wird ein System extralegaler Herrschaft errichtet – an demokratischen Legitimation vorbei.
Im Namen der Vielfalt, der Diversität und des Minderheitenschutzes, im Namen des Kampfes gegen rechts wird von einer kleinen liberalen Elite nach der Macht gegriffen und ein System der Willkür erschaffen.
Nirgendwo wird aktuell so deutlich, dass der Liberalismus in den Faschismus führt, wie in Deutschland. Die veröffentlichte Meinung wird von einer sich als linksliberal verstehenden journalistischen Elite diktiert. Sie treibt die Politik vor sich her, die zur Machtausübung auf jene Medien angewiesen ist und dem Takt folgen muss, der von ihr vorgegeben wird. Dass die Politik dies besonders ungern tut, ließe sich allerdings nicht zu ihrer Verteidigung anführen. Laschet, Bas und Faeser genießen sichtlich ihre Rolle als moralische Racheengel.
Für die Demokratie ist das schlecht und für die übergroße Mehrheit der Bürger auch. Sie können jederzeit Opfer einer willkürlichen Attacke und öffentlich an den Pranger gestellt werden. Es ist nun zu jeder Zeit darauf zu achten, was geäußert wird, wer es mitschneidet, wie es ausgelegt werden könnte. Die Saat des gegenseitigen Misstrauens wurde am Wochenende endgültig und tief in die deutsche Gesellschaft gebracht. Mit Freiheit und freiheitlicher Grundordnung, mit Toleranz und Offenheit hat das, was am Wochenende passiert ist, nichts mehr zu tun. In Deutschland wurde die Leichtigkeit und das Unbeschwert-Sein abgeschafft - wiedermal.
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