Von Alexej Danckwardt
Er fühlt sich sichtlich als Gott, der Chef des ukrainischen Geheimdienstes SBU Wassili Maljuk, wenn er im ukrainischen Fernsehsender ICTV über vollendete Terrorakte und Attentate seiner Behörde auf russischem Territorium spricht. Man muss die Videoausschnitte daraus gesehen haben: So sieht ein Mensch aus, wenn er sich als Herrscher über Leben und Tod anderer, als Ankläger, Richter letzter Instanz und Henker in einem fühlt. Selbstzufrieden und gemächlich schildert er die Taten und ihre Einzelheiten, und wenn er auf die Leiden seiner Opfer zu sprechen kommt, erhellt ein sadistisches Lächeln sein Gesicht.
Für denjenigen, der die Ereignisse in der Ukraine aufmerksam beobachtet, bringen die Enthüllungen in dem Interview kaum Neues. Wir wussten es, ahnten zumindest, dass der ukrainische Staat hinter dem Mord an Darja Dugina unweit von Moskau am 20. August 2022, hinter der Explosion in einem Café mitten in Sankt Petersburg am 2. April 2023, hinter dem Attentat auf Sachar Prilepin in Zentralrussland und hinter den Anschlägen auf die Krim-Brücke steht. Von den zahlreichen Opfern ukrainischer Attentate und Terrorakte in Neurussland, Donezk, Lugansk oder Cherson wussten wir ebenfalls und dort begann das Kiewer Regime seine blutige Spur lange vor dem 24. Februar 2022 zu legen. Alexander Sachartschenko, Alexei Mosgowoi, Michail Tolstych und viele mehr sind Opfer von Explosionen in Restaurants, Fahrstühlen von Wohngebäuden und Autobomben geworden.
Die Maidan-Ukraine ist ein Terrorstaat, sie war es lange bevor sich Russland nach langem Abwarten zu handeln entschloss, und sie ist es immer noch. Bitte nicht Ursache und Wirkung verwechseln! Die Aufständischen des Donbass wussten, gegen wen und was sie sich zur Wehr setzen, als sie im Frühling 2014 zu den Waffen griffen. Sein terroristisches Antlitz, seine Absichten gegenüber den russischsprachigen Einwohnern der Ukraine, denen der Krim und des Donbass zuvorderst, hatte der Euromaidan nie verborgen.
Der Schlachtruf "Moskauer aufs Messer", der im Herbst 2013 ertönte, galt in erster Linie ihnen. Die Folterkammer in dem von den "friedlichen Demonstranten" in Beschlag genommenen Gewerkschaftshaus am Platz der Unabhängigkeit war kein Gerücht. Die Abschaffung der regionalen Rechte der russischen Sprache war mit die erste Maßnahme, die die Maidan-Kräfte nach ihrem Sieg durch die von ihnen besetzte Rada peitschten, das vorübergehende Zurückrudern von Arseni Jazenjuk in dieser Frage konnte danach niemanden mehr beschwichtigen. Und in Odessa hat der ukrainische Nationalismus seine Bereitschaft zum Morden am 2. Mai 2014 mehr als deutlich gezeigt.
Man kann der Gelassenheit, mit der Maljuk jetzt über diese und andere Fälle spricht, entnehmen, dass er sich im Recht wähnt, berechtigt, diese "Feinde der Ukraine" gerichtet zu haben, berechtigt, es wieder zu tun. Im Westen werden sich viele finden, die dieser Logik beipflichten werden. Richtiger wird sie dadurch allerdings nicht. Ja, viele der Opfer des SBU-Terrorismus kämpften gegen die Maidan-Ukraine. Es gibt nun mal Situationen, in denen sich ein Teil eines Landes von diesem trennen will, und es gibt Situationen, in denen er dazu – nach dem Völkerrecht wie nach allgemeinem Moral- und Gerechtigkeitsempfinden – berechtigt ist. Wie viele der heute existierenden Staaten sind aus solchen separatistischen Bestrebungen entstanden? Die meisten, die USA, Polen, Norwegen und die Ukraine selbst eingeschlossen.
Ich selbst habe keine Zweifel, dass das Recht von Anfang an aufseiten der Einwohner der Krim und der Aufständischen des Donbass stand und bis heute steht. Das ergibt sich schon aus dem Recht auf Widerstand gegen einen verfassungswidrigen Umsturz, und nichts anderes war der Sieg des Maidan. Und das ist nur eine der Säulen, auf die die Krim und der Donbass ihre Bestrebungen stützen durften und stützen dürfen.
Konflikte, die aus der unterschiedlichen Wahrnehmung von Recht und Gerechtigkeit in diesen und anderen Fällen entstehen, müssen vorrangig politisch gelöst werden. Scheitern politische Lösungen – und im ukrainischen Fall war es das Maidan-Regime, das den Dialog verweigerte und seine Vorstellungen allen landesweit mit Gewalt aufzuzwingen trachtete – bleibt das Schlachtfeld. Doch auch das ist nicht frei von Regeln und Gesetzen. Die offene Begegnung im Kampf ist das eine, niederträchtige, hinterhältige, feige Anschläge sind etwas völlig anderes.
Wenn jemand wie Ilja Kiwa zu 14 Jahren Haft wegen "Landesverrats" verurteilt ist – und in der Ukraine wird man schon mal für Posts im Internet oder verbale Meinungsäußerungen nach dieser Strafnorm belangt –, gibt das noch niemandem das Recht, gegen ihn ohne Gerichtsverhandlung ein Todesurteil auszusprechen und zu vollstrecken.
Die Maidan-Ukraine beruft sich gern auf das Beispiel Israels, der SBU auf den Mossad als Vorbild. Das ist nicht nur deshalb schräg und ahistorisch, weil niemand vorhat, sechs Millionen Ukrainer zu ermorden, geschweige denn es bereits getan hat. Es ist auch deshalb widerlich, weil die Maidan-Ukraine jene zu Nationalhelden erklärt hat, die beim Holocaust Mittäter und Gehilfen waren, und jene, die den Sowjetsoldaten in den Rücken geschossen haben, während sie erst auf dem Weg waren, Auschwitz zu befreien. Aber davon unabhängig: Der Mossad hat Adolf Eichmann nicht selbstherrlich ermordet, sondern ihn aus Argentinien entführt, damit ihm in Israel der Prozess gemacht werden konnte.
Kiwa war übrigens Rada-Abgeordneter. Der Mord an ihm ist und bleibt ein politischer.
Was Maljuk über den russischen Schriftsteller und Politiker Prilepin erzählt, ist gelogen. Ja, Prilepin hat im Donbass Aufständische unterstützt und sich in der Rolle eines "Bataillonskommandanten" gefallen. Wir sind hier wieder bei der Frage, wann das Recht auf Widerstand entsteht und wie weit es reicht. Aber Prilepin hat nie damit geprahlt, Ukrainer getötet zu haben, er hat nie zu mehr getan, als zu Widerstand aufzurufen. Einige seiner Texte sind auf RT DE veröffentlicht, jeder kann sie lesen und sich eine Meinung bilden. In welcher Vorstellungswelt verdient ein Schriftsteller für diese Texte den Tod?
Das Attentat auf Prilepin überschritt bereits die Grenze zum Terrorismus. Die Explosion einer Antipanzer-Landmine hätte auch vollends Unbeteiligte und nicht nur den Chauffeur von Prilepin treffen können, dessen "Schuld" in den Augen des Kiewer Henker darin bestand, für sein Verständnis der Zukunft seiner Heimatregion Donbass gekämpft zu haben. Ein gemeingefährliches, unterschiedslos wirkendes Tötungsmittel.
Im Fall des Militärbloggers Wladlen Tatarski kann es hingegen gar nicht erst Diskussionen geben, dass es ein Terrorakt war. Besucher des Petersburger Cafés wurden durch die Explosion verletzt, und es war nur eine glückliche Fügung, dass außer Tatarski selbst niemand dabei sein Leben verlor. Die Rechtfertigungsversuche für diesen Terrorakt, die Maljuk anbringt, ziehen nicht. Wenn Tatarski tatsächlich jemanden gefoltert hat, was man dem Kiewer Henker auch nicht unbedingt glauben muss, dann wären Gerichte dafür zuständig gewesen, dies zu klären und eine angemessene Strafe festzusetzen. Und die Todesstrafe ist auch in der Ukraine abgeschafft. Dass ich diese Zeilen überhaupt schreiben muss, um den erwartbaren Rechtfertigungsversuchen deutscher Ukraine-Freunde zu begegnen, sagt viel darüber aus, wie tief auch Deutschland inzwischen gesunken ist im Empfinden von Recht und Unrecht.
Unter Maljuks Opfern, deren Ermordung er gesteht und mit Täterwissen unterlegt, sind zwei Staatsanwälte in Lugansk. Ihnen wirft die selbst ernannte SBU-Gottheit vor, sie hätten "zusammen mit Pseudogerichten der LVR unsere Krieger bis hin zur Todesstrafe verurteilt". Davon abgesehen, dass die meisten Richter dieser "Pseudogerichte" die Ukraine selbst ernannt hatte, zu Zeiten, als sie noch ein funktionierender Rechtsstaat war, ist es sogar die Pflicht eines Staates, auch eines erst im Entstehen begriffenen, auch eines nicht anerkannten, ein Justizwesen einzurichten und Straftaten zu verfolgen. Das gilt nach Völkerrecht auch für sogenannte "Stabilisierte De-facto-Regime", die die Volksrepublik Donezk mindestens war, und sogar für Okkupationsregime. Dies ist eine Auswirkung der allgemeinen Pflicht, die Zivilbevölkerung zu schützen und ihr Leben so normal wie nur möglich zu organisieren. Selbstverständlich müssen dafür Straftaten verfolgt und Straftäter bestraft werden.
Die Justiztätigkeit in den beiden Volksrepubliken kann daher nicht von vornherein als Unrecht verworfen werden. Über Einzelfälle müssen wiederum Gerichte entscheiden, nicht der SBU in anmaßender Selbstherrlichkeit.
Und dann spricht Maljuk noch über die Krim-Brücke und schildert Einzelheiten des ersten Anschlags am 8. Oktober 2022. Den Hut hätten hohe Offiziere westlicher Geheimdienste vor ihm für die erfolgreiche Ausführung gezogen, womit Maljuk auch deren Verstrickung – zumindest Mitwisserschaft – ausgeplaudert hat. Buchhalterisch zählt der Kiewer Henker auf, wie viele Züge die Brücke früher passierten und wie viele heute über sie fahren. Es soll als eine legitime militärische Aktion dargestellt werden. Da gibt es nur ein Problem: Kiew hat bis heute Russland weder den Krieg erklärt noch den Kriegszustand eingeführt. Und: Beim Anschlag vom 8. Oktober, der auf eine typisch terroristische Weise ausgeführt wurde, starben Zivilisten. Der Lkw-Fahrer, der offenbar nichts von der tödlichen Fracht wusste, die er geladen hatte (14 Tonnen Sprengstoff laut Maljuk); vier Zivilisten in einem Pkw, die das Unglück hatten, in den gigantischen Feuerball auf der viel befahrenen Brücke zu geraten.
Wie man es dreht und wendet, das die Ukraine seit Februar 2014 beherrschende Regime ist terroristisch und faschistisch. Es versuchte, dies zu verschleiern, indem es große Teile des Terrors und der Unterdrückung in scheinbar "private" Hände auslagerte. Außerhalb des Donbass waren es lange Zeit vor allem "Aktivisten", die mordeten und schlugen (im Donbass selbst war es von Anfang an der Staat selbst). Wir ahnten, dass auch sie unter den Fittichen des SBU agieren, hatten aber keine Beweise dafür. Wir wussten, dass sie in keinem einzigen Fall belangt und bestraft wurden, und rechneten die politische Gewalt auf diese Weise dem Staat zu.
Heute müssen wir uns dieser Argumentationskette nicht mehr bedienen. Es ist der SBU und damit der ukrainische Staat selbst, der Terroranschläge organisiert. Maljuk hat es gestanden.
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