Von Dagmar Henn
Die Frankfurter Rundschau lieferte heute ein besonders feines Beispiel, wie man Informationen so manipuliert, dass sie in das gewünschte Narrativ passen. Die Überschrift kracht jedenfalls:
"Droht Russland eine Pleitewelle? Putins Firmen gehen reihenweise bankrott"
Das klingt wirklich gruselig. Schon allein, weil mit "Putins Firmen" so getan wird, als wäre das alles Putins persönliches Eigentum, was es natürlich nicht ist. Besonders schräg wirkt es, wenn man so etwas aus Russland liest. Aber schauen wir doch einmal, was da tatsächlich geboten wird.
"Im 2024 Januar meldeten 571 Unternehmen in Russland Insolvenz an – ein Anstieg von 57 Prozent im Vergleich zu vor einem Jahr. Im Februar 2024 meldeten 771 Unternehmen Konkurs an. Das sind 60 Prozent mehr als die 478 Unternehmen im Vorjahresmonat, wie jüngst die Wirtschaftszeitung 'Kommersant' unter Berufung auf Daten des föderalen Konkursregisters berichtete."
Nun, wenn man diese Zahlen so präsentiert, klingt das natürlich beeindruckend. Allerdings hat Russland nicht ganz, aber in etwa doppelt so viele Einwohner wie Deutschland. Nachdem hier nicht von Großunternehmen die Rede ist, sondern einfach von der Gesamtzahl der Insolvenzanmeldungen, muss man eigentlich, um diese Zahlen zu bewerten, die entsprechenden Zahlen aus Deutschland betrachten.
Immerhin sind sie leicht zu finden. Zugegeben, sie sind nicht ganz so frisch, umfassen dafür aber einen längeren Zeitraum. Und beziehen sich nicht auf die Insolvenzanmeldungen, sondern auf die Insolvenzen.
Im gesamten Zeitraum zwischen November 2022 und November 2023 sind es im Schnitt über 1.400. Da Deutschland ungefähr die halbe Bevölkerung Russlands hat, entspricht diese Zahl der Insolvenzen umgerechnet auf die Bevölkerung dem Vierfachen des höchsten von der Frankfurter Rundschau (FR) angegebenen Wertes. Viermal so viele Insolvenzen in Deutschland, über das die FR selbstverständlich nicht schreibt: "Droht Deutschland eine Pleitewelle? Scholzens Firmen gehen reihenweise bankrott."
Aber das ist noch nicht einmal alles. Zum einen ist die Zahl der eröffneten Insolvenzen, die der deutschen Statistik zugrunde liegt, etwas anderes als die Zahl der angemeldeten Insolvenzen, weil es noch die Fälle gibt, in denen mangels Masse gar kein Insolvenzverfahren eröffnet wird.
Dazu kommt allerdings noch ein Teil der Privatinsolvenzen, denn dahinter verbergen sich auch die Insolvenzen von Selbstständigen. Die Zahl der Privatinsolvenzen belief sich auf mehr als 5.000 pro Monat. Den 771 Insolvenzen in Russland könnten also in Deutschland problemlos das Fünffache gegenüberstehen.
Das würde natürlich die hübsche Schlagzeile komplett ruinieren. Vom Rest des Artikels ganz zu schweigen, der zu nichts anderem dienen soll, als zu belegen, dass die russische Wirtschaft entgegen den statistischen Daten eben nicht wächst, sondern dahinsiecht.
Nicht, dass die treuen Leser der FR davon noch überzeugt werden müssten. Aber immerhin ist dieser Artikel nützlich, um einen der üblichen Tricks aufzuspießen, und wurde daher nicht ganz umsonst geschrieben.
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