Von Wladislaw Sankin
Jeder, der mit der Berliner U-Bahn regelmäßig unterwegs ist, kennt diese Frage. Weiß der Regierende Bürgermeister über den desolaten Zustand vieler Stationen eigentlich Bescheid? Der jetzige Stadt- und Landesvater der deutschen Hauptstadt müsste doch wie kein anderer gerade auf diesem Gebiet sachkundig sein – der Ex-Bauunternehmer und CDU-Politiker Kai Wegner, war, bevor er April 2023 Bürgermeister wurde, viele Jahre im Berliner Abgeordnetenhaus für Bau, Wohnen und Stadtentwicklung zuständig.
Bolzen, die seit vielen Jahren knapp über den Köpfen der Berliner gleich am Eingang vieler U-Bahn-Stationen aus dem rauen Beton herausragen, sind eine stumme, aber die aussagekräftigste Antwort auf diese Frage. Es ist unmöglich, diesen Verfall zu übersehen, es ist jedoch möglich, ihn zu ignorieren.
Aber die Berliner müssen viel Verständnis haben. Denn Kai Wegner hat viel Wichtigeres zu tun. Die Berliner befinden sich im Krieg mit Russland, wussten Sie das etwa noch nicht? Jedenfalls ist Ihr Regierender Bürgermeister ganz vorne mit dabei. Er hält am Brandenburger Tor, vor diesem "Symbol der Freiheit", eine Brandrede. Vor ihm stehen ca. 3.000 Demonstranten, fast die Hälfte von ihnen sind in Flaggen der Ukraine gehüllt. Wegner lobt sie für ihr "zahlreiches" Erscheinen und lässt sie in seine Gedankenwelt blicken.
In dieser Welt baut er "die Brücke der Freiheit" von Berlin nach Kiew, verspricht den "Mörder" Putin zur Rechenschaft zu ziehen, und fordert die Ukraine mit noch mehr Waffen, Munition und allen voran mit Lenkraketen "Taurus" aufzurüsten. Auch will er verhindern, dass die ukrainische Identität durch "russische Vergewaltiger" ausgelöscht werde. Seine Rede schließt er mit dem Schlachtruf "Slawa Ukraini!"
Die Menge jubelt. "Gerojam Slawa" – "Ruhm den Helden", hallt es ihm entgegen. Und wenig später auch das, was immer dazu gehört hat: "Ruhm der Nation – Tod den Feinden!" Der Gruß der ukrainischen Faschisten und Neonazis passt perfekt zu den überbordenden Lügen und dem Hass, den Mordfantasien und dem Militarismus auf den Plakaten und Bannern.
Auf einem der Schilder in den ersten Reihen steht "Fickt euren Pazifismus!" Auf dem anderen: "Aufrüsten! Wir sind im Krieg mit Russland!" Und auf der Rückseite: "Frieden schaffen mit Lenkflugwaffen!" Auch das hält jemand hoch: "Nie wieder Russland!"
Die Rede des Berliner Landesvaters passte zudem vortrefflich zu den schwarz-roten Fahnen der ukrainischen Schreckens-Guerillia UPA und den Forderungen, die neonazistischen Asow-Kämpfer aus der Kriegsgefangenschaft zu befreien. Vielen von ihnen wurde in Russland wegen Mordes an Zivilisten der Prozess gemacht.
Das, was in Berlin an diesem Tag in aller Öffentlichkeit stattgefunden hat – und wenige Tage zuvor im Bundestag, als die Lieferung von "weitreichenden Raketen- und Waffensystemen" in die Ukraine beschlossen wurde –, war Hass, Hetze und Kriegstreiberei. Und zwar in einer Form, die für einen normalen Verstand kaum mehr zu ertragen ist.
Dabei war die Rede von Kai Wagner nicht einmal die heftigste. Andere Redner der deutschen Politprominenz begründeten ihren Hass auf Russland mit der Behauptung, dass in dem Land "das Böse" herrsche. Die neuen Kreuzzügler wollen Putin in Moskau "aus dem Führerbunker" verjagen und schwören dabei auf das neue "Wir", das sich unter der ukrainischen Fahne über dem Bundestag vereinen lassen muss.
Wer Genaueres zu dem Geschehen am Brandenburger Tor an jenem Samstag wissen will, kann in diesem JW-Bericht oder beim Autor Tilo Gräser nachlesen. Auch gibt es mehrere Youtube-Streams – wie beispielsweise hier und hier. Ich teile das gern hier. Die Deutschen sollen wissen, welch eine Großmannssucht in ihrer Hauptstadt gerade am Wachsen ist.
Aber wechseln wir einmal die Perspektive und schauen ins Zentrum des heraufbeschworenen "Reichs des Bösen" – knapp 2.000 Kilometer östlich von Berlin. Da steht gerade die neue Metro-Station "Universität der Völkerfreundschaft" kurz vor der Eröffnung. Dekoriert sind die Wände der Station mit Silhouetten der Städte der Welt. Auch Berlin ist mit Brandenburger Tor, Fernsehturm und Berliner Dom dort vertreten.
Der Moskauer Oberbürgermeister Alexander Sobjanin wird die Station bald persönlich einweihen – er tut das immer. Und er wird ebenfalls auf das Brandenburger Tor blicken. Sobjanin wird indes nicht wissen, dass vor dessen Säulen der lange totgeglaubte Dschinn aus der Flasche des Revanchismus bereits in "die Freiheit" entlassen wurde, und dass dieser sein geliebtes Moskau vernichten will.
Moskaus Bürgermeister wird indes keine Zeit haben, sich darüber Gedanken zu machen – dafür gibt es russische Diplomaten. Und mittlerweile auch russisches Militär. Er ist, wie es einem Stadtvater gebührt, mit dem Bau der neuen modernen Metro-Stationen für die wachsende Moskauer Bevölkerung beschäftigt. 13 davon wurden allein in den letzten zwei Jahren eröffnet, in den letzten zwölf Jahren waren es ganze 78.
Doch auch sein Berliner Kollege Wegner wird kaum etwas Neues aus Moskau erfahren. Wobei es in diesen Nachrichten nicht um etwaige Hetzreden seines Moskauer Amtskollegen geht – denn es gibt sie schlicht und einfach nicht –, sondern um zahlreiche Baufortschritte. Und auch von der ausgestreckten Freundschaftsgeste nach Berlin in der Moskauer U-Bahn wird er nichts erfahren. Nein, der Kreml muss brennen, so wie es auf der Bildproduktion seiner ukrainischen Freunde unmissverständlich aufgezeichnet ist. Zudem ist die Städtepartnerschaft mit Moskau von deutscher Seite her längst aufgekündigt worden.
Und was ist mit den miefigen U-Bahn-Stationen mit Mäusen und Ratten in der eigenen Stadt? Interessiert uns doch nicht! Die sollen uns nicht von den großen Taten ablenken! Berlin ist gerade wieder dabei, das Ruder in einem totalen Krieg gegen Russland zu übernehmen. Der Regierende Bürgermeister träumt von der Ukraine, von der Achse nach Kiew. Pardon, "Kyjiw", wie diese Hauptstadt schon auf dem Territorium des Reichskommissariats Ukraine einstmals hieß.
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