Von Jan Müller
Die Gemütslage der Deutschen ist gegenwärtig schwer einzuschätzen. Die einen denken, dass ihr Geduldsfaden langsam reißt angesichts einer desaströsen Energiepolitik (kein Erdgas aus Russland mehr, Kernkraftwerke abgeschaltet, Wärmepumpenzwang, nahezu Verdoppelung der CO₂-Steuer auf 45 Euro pro Tonne). Andere sehen vor allem Resignation und Verzweiflung angesichts des immer härter werdenden Existenzkampfes und eines kommenden brutalen Sozialabbaus, so Roland Rottenfußer, der Chefredakteur von Manova.
Auf jeden Fall sind die Bauern in Aufruhr, denn die von der Bundesregierung beschlossenen Sparmaßnahmen wie die Streichung der Kfz-Steuerbefreiung und der Steuerrückerstattung für Agrardiesel würde die meisten von ihnen ihre Existenz und ihren Hof kosten. Sie standen bereits vor diesen Maßnahmen mit dem Rücken zur Wand.
Deshalb haben sie am 8. Januar 2024 einen Aktionstag angekündigt, dem weitere folgen werden. Dem haben sich nun Handwerker, Kleingewerbetreibende und einige kleine, weniger bekannte Unternehmerverbände angeschlossen. Hinzu kommt ein Arbeitskampf der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GdL) gegen die Deutsche Bahn, der an diesem oder an den folgenden Tagen zu Streiks führen kann.
Was an diesem Aktionstag auffällt, ist die Abwesenheit der eigentlichen Arbeiter, obwohl sie am stärksten von den asozialen Maßnahmen der Regierung betroffen sind. Die Eisenbahner können zwar durchaus zur Arbeiterklasse gezählt werden, aber die aus dem Deutschen Beamtenbund hervorgegangene GdL gibt sich geradezu beflissen unpolitisch. Irgendwelche Aussagen, die über Tarifauseinandersetzungen hinausgehen, wird man dort gerade nicht finden.
Vielleicht ist das angesichts der offenen Degeneration der DGB-Gewerkschaften auch besser so. Verd.di unterstützt die faschistoide Ukraine und damit auch die Verarmungspolitik der Regierung, die ja Putin in die Schuhe geschoben wird. Zu allem Überfluss hat sie auch noch ein Bündnis mit Fridays-for-Future geschlossen, dessen erklärtes Ziel es ist, den Lebensstandard der breiten Massen abzusenken.
Selbst wenn am 8. Januar ein gemeinsamer Aktionstag zustande kommt, wäre er weit von einem Generalstreik entfernt. Nur ein solcher könnte das Land lahmlegen und in normalen Zeiten einen Politikwechsel herbeiführen. Aber die Zeiten sind alles andere als normal. Die Kapitalseite ist inzwischen so mächtig, dass ihr selbst ein Generalstreik in einem Land offenbar völlig gleichgültig ist.
Allein BlackRock kontrolliert Unternehmen im Wert von zehn Billionen Dollar (2020). Bereits die zahlreichen Generalstreiks im Nachgang der großen Weltwirtschaftskrise von 2007 bis 2009 in Griechenland, Spanien, Portugal und Frankreich sind ohne die geringste Konzession vonseiten des Kapitals und des Staates verpufft. Wie auch immer: Offensichtlich unterstützt die Mehrheit der Menschen die Bauern bei ihren Protesten. Zumindest einige Teile der Bauernschaft scheinen auch erkannt zu haben, dass rein berufsgruppenbezogene Forderungen nicht ausreichen werden, um bei den Herrschenden durchzudringen. Sie haben deshalb auch Forderungen nach einer Rücknahme der CO₂-Steuer und der Mauterhöhung erhoben. Damit agieren sie im Interesse der Gesamtbevölkerung.
Angesichts des grandiosen Versagens der Gewerkschaften und der Linken im Allgemeinen sowie einer immer stärker zunehmenden Atomisierung sind die gut organisierten Bauern im Augenblick die Einzigen, die eine Kraftprobe mit der Regierung wagen können. Der Kampf der Bauern wächst sich somit langsam zu einem Kampf gegen den CO₂-Wahnsinn im Allgemeinen aus. Weil aber das Klima-Narrativ die zentrale Begründung unserer Milliardäre für einen weiteren Verarmungsschub ist, berühren diese Proteste die Kerninteressen dieser Kreise. "Da wird eine politische Machtfrage gestellt, zu der sich die gesamte Klimadiskussion mittlerweile ausgewachsen hat", so Rüdiger Rauls.
Zweifellos sind die Herrschenden und ihre Medien nervös wie selten. Schon werden die Bauern in die Naziecke gestellt. Der polizeiliche Staatsschutz (!) ermittelt gegen Bauern, die Robert Habeck auf einer Fähre bei Schlüttsiel bedrängt haben sollen. Ebenso ermittelt er gegen Bauern, die in der Gemeinde Ebsdorfergrund bei Marburg einen Galgen für die Ampel aufgestellt haben. Im Erzgebirgskreis in Sachsen wurden die meisten Bauernproteste am 8. Januar verboten.
Wie diese Kraftprobe ausgeht, ist schwer zu erkennen. Können sich die Bauern durchsetzen, sind wohl die Tage der Ampel gezählt. Denn dann werden andere Betroffenengruppen ihre Forderungen erst recht mit Nachdruck vertreten. Wahrscheinlicher ist daher, dass die Proteste niedergeschlagen werden. Dies insbesondere wegen des Beiseitestehens der Arbeiter, wobei – wie oben gezeigt – selbst ein Generalstreik kein Garant für ein Einlenken wäre.
Kleine, völlig unzureichende Konzessionen wie die Rücknahme der Streichung der Kfz-Steuerbefreiung werden wohl von einer weiter anschwellenden Medienhetze begleitet werden und unter Umständen in eine harte Polizeirepression münden wie in den Niederlanden im Sommer 2022.
Derweil nimmt die Verbotsdiskussion gegen die AfD an Fahrt auf. Unter normalen Umständen wäre ein solches Verbot extrem unwahrscheinlich, denn die Hürden für ein Parteiverbot sind hoch. Aber die Zeiten sind alles andere als normal. Wir erinnern noch gut daran, dass das Bundesverfassungsgericht alle Grundrechtseinschränkungen unter dem Vorwand der Corona-Pandemie einfach so durchgewunken hat; oder an den richterlichen Aktivismus beim Klimaurteil vom 24. März 2021, wonach die Grundrechte zum Zwecke des Klimaschutzes eingeschränkt werden können.
Sollte die AfD als größte und chancenreichste Oppositionspartei verboten werden, kann noch nicht einmal mehr von einer formellen Demokratie in Deutschland die Rede sein. Wir kennen ja die Folgen des KPD-Verbots: Alle Forderungen, die auch nur entfernt an diejenigen der KPD erinnerten, waren damit ebenfalls verboten und Tausende Menschen wurden wegen Wiederbetätigung eingekerkert, wenn sie solche Forderungen vertraten. Darunter würde dann auch ganz selbstverständlich eine irgendwie geartete Kritik am Klima-Narrativ und der Landwirtschaftspolitik der Grünen fallen.
Die westlichen Milliardäre nehmen Kurs auf die Zerstörung der Landwirtschaft als Teil des Great Reset. Die deutschen Maßnahmen gehören zu einer globalen Kampagne dieser Oligarchen, in die sich auch der Kampf gegen die Landwirtschaft in den Niederlanden einreiht, genauso wie Planspiele zur Reaktion auf eine Hungersnot ("Food Chain Reaction"), die Zulassung von ekelhaften Insekten als Nahrungsmittel in der EU und Forderungen der WHO, die Viehzucht weitgehend einzustellen und sich vegan zu ernähren. Geht es nach den Grünen, sollen die Deutschen nur noch zehn Gramm Fleisch pro Tag essen.
Aus Sicht der westlichen Milliardäre, von BlackRock, der ihnen dienenden Bundesregierung und den Medien sind die Bauern also verzichtbar. Der Umgang mit ihren Protesten ist wohl von rein taktischen Überlegungen bestimmt. Demnach gibt es für die Bundesregierung keine Veranlassung, auf die Protestierenden zuzugehen.
Der Artikel von Jan Müller wurde zuerst am 6. Januar 2024 im Magma-Magazin online veröffentlicht.
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