Von Gert Ewen Ungar
Im kommenden Jahr sind in Sachsen, Thüringen und Brandenburg Landtagswahlen. Hinzu kommen zahlreiche Kommunalwahlen. Am 9. Juni wird zudem das EU-Parlament gewählt. Absehbar ist schon jetzt, dass es vor allem für die AfD ein sehr erfolgreiches Wahljahr wird. Bei allen drei Landtagswahlen hat die AfD gute Aussichten, stärkste Kraft zu werden. Sie kommt in allen drei Ländern auf einen Stimmenanteil von über dreißig Prozent. In einigen Kommunen wird die AfD den Bürgermeister stellen. Auf EU-Ebene wird eine Stärkung der EU-kritischen Parteien erwartet. Das politische Establishment ist alarmiert.
Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, sieht angesichts des Erfolgs der AfD die Demokratie in ihrem Fortbestand gefährdet. Die Führung der AfD ziele auf einen Systemwechsel ab, behauptet Voßkuhle, bringt dafür aber keine Belege. Das ist nicht wirklich neu. Die AfD wird medial und politisch als Gefahr für die Demokratie inszeniert.
Das Thema ist damit gesetzt: Um die Demokratie zu schützen, muss die AfD von den Hebeln der Macht ferngehalten werden. In Thüringen schlug Innenminister Georg Maier (SPD) daher vor, die Landesverfassung zu ändern, denn sie ermöglicht die Wahl zum Ministerpräsidenten auch mit einfacher Mehrheit, theoretisch sogar mit lediglich einer Stimme. Genau so kam übrigens der jetzige Ministerpräsident Thüringens, Bodo Ramelow (Die Linke), ins Amt. Er wurde mit lediglich 42 Stimmen zum Regierungschef gewählt. Damals verkaufte man dies übrigens als Sieg der Demokratie, denn zuvor war mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD der FDP-Politiker Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten gewählt worden.
Der Skandal bestand darin, dass die Wahl mit den Stimmen der AfD zustande kam. Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fand das "unverzeihlich", die Wahl müsse "rückgängig" gemacht werden, sagte sie damals. Die Aussagen Merkels verstießen gegen das Grundgesetz, urteilte das Bundesverfassungsgericht. In einer Demokratie werden Wahlen nicht rückgängig gemacht, weil jemandem das Ergebnis nicht passt. In Deutschland sieht man das anders.
Nach seiner schließlich durchgedrückten Wahl verweigerte Bodo Ramelow dem Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke den Handschlag. Nicht Höcke verweigerte Ramelow den Handschlag, sondern Ramelow Höcke. Vermutlich eine demokratische Gepflogenheit.
Ramelow regiert mit einer Minderheitsregierung, die eigentlich nur für eine Übergangszeit die Geschäfte führen sollte. Zur Klärung der Verhältnisse waren Neuwahlen geplant. Die kamen allerdings nie. Man wollte den Landtag nämlich ohne die Stimmen der AfD auflösen, wegen der Demokratie und so. Allerdings kam die dazu notwendige Zweidrittel-Mehrheit nicht zustande. Daher ist die rot-rot-grüne Regierung noch immer im Amt. Nun stehen die regulären Landtagswahlen an und die etablierten Parteien fürchten zu Recht, dass sie das Ergebnis für ihre Demokratie-Beugung einfahren werden, an der die AfD keinerlei Anteil hatte.
Jetzt hat Thüringens Innenminister allerdings entdeckt, dass von der Regelung, von der der aktuelle Ministerpräsident profitiert hat, auch die AfD profitieren könnte, weshalb er sie abschaffen will. Dazu plant er eine Änderung der Landesverfassung. Das ist so ganz kurz und auf Thüringen fokussiert der Zustand der Demokratie in Deutschland.
Es mag sein, dass sich auch in der AfD Feinde der Demokratie und der freiheitlichen Ordnung finden. Sie finden sich aber eben nicht nur dort, sondern ganz offenkundig auch in allen anderen Parteien und sogar im Kanzleramt, wie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts deutlich machte.
Das politische Establishment verfolgt im Umgang mit der AfD eine Strategie, die es auch schon in anderen Kontexten erfolgreich angewandt hat. Um die Meinungs- und Pressefreiheit vor Missbrauch zu schützen, wurde sie einfach eingeschränkt. Medien wie RT und Sputnik wurden verboten, in Deutschland wird auf Teufel komm raus zensiert, es werden Informationen unterdrückt und das Narrativ der Medien zu den Themen Corona und Russland zentral koordiniert. Die Gleichschaltung des China-Narrativs ist geplant. Ob das die Meinungs- und Pressefreiheit geschützt hat? In Berlin sieht man das so und verteidigt die repressiven Maßnahmen.
Jetzt soll die Demokratie geschützt werden, indem man per Gesetzesänderung einen Ministerpräsidenten der AfD verhindert. Allein die Idee ist absolut schändlich.
Demokratie herrscht nur dann, wenn das richtige, dem Establishment genehme Ergebnis erzielt wird, lässt sich aus dem Vorhaben ableiten. Meinungsfreiheit bedeutet in Deutschland in immer mehr Themenbereichen, dass man gerne das öffentlich äußern darf, was der in Deutschland äußerst eng gehaltene Korridor des Sagbaren vorgibt. Ansonsten ist mit Konsequenzen zu rechnen. Die Mehrheit der Bundesbürger hat längst nicht mehr das Gefühl, die eigene Meinung offen äußern zu können. Deutschland ist auf dem Weg in den repressiven Staat.
Ja, die Demokratie in Deutschland ist gefährdet. Das aber liegt nicht an der AfD. Es liegt an den etablierten Parteien und ihrer Wählerverachtung. Sie hebeln die Demokratie aus, statt den politischen Kurs zu korrigieren, der die Umfrageerfolge der AfD möglich macht. Die Wähler der AfD sind nicht allesamt Nazis, wie der Mainstream glauben machen möchte. Sie agieren rational und berechenbar. Sie finden ihre Interessen bei der AfD besser vertreten, als bei den etablierten Parteien. Das ist verständlich. Mit Klimaschutz, Heizungsgesetz, CO₂- und Plastiksteuer, mit bedingungsloser Ukraine-Unterstützung bei gleichzeitig sinkendem Wohlstand in Deutschland und dem Bekenntnis zur Zuwanderung bei akutem Wohnungsmangel hat sich die Ampel nicht nur von der Lebenswirklichkeit der Wähler, sondern ganz schlicht von jeder Logik komplett verabschiedet.
Was die Bürger wollen, ermittelt man in einer Demokratie über Wahlen. Wenn das politische Establishment meint, die Wahlen führen zu einem falschen Ergebnis, weshalb man die Regeln ändern sollte, dann stimmt etwas ganz grundsätzlich nicht. Voßkuhle ist sicherlich zuzustimmen, die Demokratie in Deutschland ist gefährdet. Das liegt aber nicht an der AfD.
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