Von Gert Ewen Ungar
Viel ist nicht bekannt über die Biographie der deutschen Außenministerin. Und bei dem, was bekannt ist, ist nicht ganz klar, ob es sich Annalena Baerbock nicht selbst ausgedacht hat. Annalena Baerbock pflegt ein recht kreatives Verhältnis zum eigenen Lebenslauf. Als relativ gesichert gilt ihr Geburtsdatum. Annalena Baerbock erblickte am 15. Dezember 1980 das Licht der Welt. Das heißt, sie hat heute Geburtstag – und das politische Berlin gratuliert ihr. Unter den Gratulanten ist auch der Bundesminister für Gesundheit Karl Lauterbach. In einem Tweet übersandte er seine Glückwünsche.
Die Kommentatoren lenken mit abfälligen Einwürfen von dem für die Beglückwünschte so bedeutenden Tag ab. Das ist natürlich zu verurteilen. Unter anderem geht es um die Füße der Außenministerin. Auf dem Klimagipfel in Dubai hatte sie zwar nicht viel zu sagen, wohl aber ein großes Laufpensum zu bewältigen. Sie postete ein Foto auf dem Kurznachrichtendienst X, auf dem sie ihren wundgelaufenen Fuß präsentierte.
Das Foto landete prompt auf einer Seite für Fußfetischisten, was ebenso prompt die Runde machte und für Häme sorgte. Das ist natürlich unfair und wird den herausragenden außenpolitischen und diplomatischen Leistungen der von uns liebevoll Außen-Lena genannten Persönlichkeit des Auswärtigen nicht gerecht.
Sie folgte auf Heiko Maas (SPD), den ersten echten deutschen Außen-Heiko. Man dachte damals, schlimmer könne es nicht kommen. Doch dann kam Annalena und bewies das Gegenteil. Schlimmer geht immer, ist eine alte Weisheit, die auch im außenpolitischen Kontext greift.
Baerbock hatte sich von Anbeginn hohe Ziele gesetzt. Sie wollte die Außenpolitik neu erfinden, feministischer machen und viel weniger diplomatisch. Dieses immer nur Drumherumreden und diese übertriebene Rücksichtnahme sind doch nur lästig. Annalena mag alles gern auf den Punkt bringen. Immer kräftig drauf los, dem Gegenüber die deutsche Meinung direkt ins Gesicht gegeigt – das ist seitdem der Goldstandard deutscher Diplomatie.
Dieses Prinzip neuer deutscher Offenheit implementierte Baerbock unmittelbar nach Aufnahme ihrer diplomatischen Tätigkeit bei ihrem Antrittsbesuch in Russland, wo sie in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem russischen Amtskollegen Sergei Lawrow wortwörtlich die "Fressefreiheit" in Russland anmahnte. Das hat Moskau derart beeindruckt, dass das deutsche Außen-Lenchen nie wieder nach Russland eingeladen wurde.
Allerdings lässt Annalena dennoch nicht locker und macht dem russischen Außenminister bei jedem internationalen Zusammentreffen eine Szene vor versammeltem diplomatischem Publikum. "Russland könnte den Krieg in der Ukraine jederzeit beenden, indem es seine Truppen abzieht", wiederholte sie bereits bei mehreren Gelegenheiten auf internationalen Ministertreffen und hob damit deutsche Außenpolitik auch intellektuell auf ein neues Niveau.
Man muss gar nicht lange nach den Ursachen für einen Konflikt suchen, sich mühsam um einen Ausgleich der Interessen bemühen, sondern kann sofort die Lösung präsentieren: Verzieht euch einfach. Man kann sich sicher sein, das beeindruckt nicht nur Lawrow, sondern alle Diplomaten in allen Ländern der Welt.
Während sie Lawrow auffordert, das Bomben in der Ukraine zu beenden, hat Baerbock absolutes Verständnis dafür, dass Israel ohne jede Rücksichtnahme auf Zivilisten in Gaza alles platt macht, was man dort platt machen kann. Ihren Kritikern, die darin doppelte Standards sehen, entgegnet die auf Kosten von uns Steuerzahlern stets gut zurechtgemachte deutsche Außenministerin: "Was wollt ihr jetzt eigentlich? Is' regelbasierte Ordnung. Is' halt so."
Was Außen-Lenchen in lediglich zwei Jahren Amtszeit geschafft hat, ist immerhin die nahezu völlige Isolation Deutschlands. Das ist schon beachtlich und verdient Respekt. Der Bundespräsident auf Staatsbesuch in Katar wird nach der Landung auf dem Rollfeld einfach vergessen, aber auch Baerbock wird nicht immer pünktlich abgeholt, der Bundeskanzler spricht vor der halbleeren UN-Generalversammlung und niemanden interessiert's, aber auch Baerbocks Pressekonferenz zum Abschluss des Klimagipfels in Dubai kann nicht gerade als gut besucht gelten. In einem Video, das in den sozialen Netzwerken kursiert, sieht man vor allem eines: leere Stühle.
Man mag einwenden, dass sie den außenpolitischen Absturz Deutschlands nicht ganz allein bewirkt hat. Das ist wahr. Sie genoss dabei die tatkräftige Unterstützung nicht nur ihrer Kollegen aus der "Ampel"-Koalition, sondern auch von einzelnen Abgeordneten der "Opposition". Dennoch ist ihr persönlicher Anteil deutlich erkennbar. Und seien wir doch mal ehrlich: Uns allen hat sie dabei viel, viel Spaß bereitet.
In diesem Sinne: Weiter so! Diplomatie war völlig überbewertet. Alles Gute, Frau Ministerin! Bleiben Sie, wie Sie sind. Und lassen Sie sich bloß nicht um 360 Grad drehen.
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