Von Irina Alksnis
Am Donnerstag haben rumänische Militärs auf dem Territorium des Landes einen Krater von anderthalb Metern Durchmesser gefunden. Laut ihren Angaben entstand er durch den Absturz einer Drohne, die in der Nacht zum 14. Dezember teilgenommen hatte "am Angriff der russischen Streitkräfte auf die Hafeninfrastruktur nahe der Grenze zwischen der Ukraine und Rumänien". Dies ist damit der vierte Fall des Absturzes einer angeblich russischen Drohne in Rumänien in den vergangenen Monaten.
Aus diesem Anlass gab das Außenministerium Rumäniens eine wütende Erklärung ab und verkündete neben seinem Protest die Absicht, Russlands Botschafter einzubestellen. Parallel dazu gab die Behörde an, sie werde sich mit den NATO-Verbündeten über die Ereignisse an der rumänisch-russischen Grenze beraten, darunter auch über diesen Zwischenfall.
Doch die Allianz wird Bukarest kaum mit ihrer uneingeschränkten Unterstützung erfreuen. Denn der offizielle Vertreter der Organisation Dylan White berichtete, die NATO habe keine Informationen, die "Russlands vorsätzliche Angriffe auf das Gebiet der NATO-Staaten" bestätigen würden. Das aber bedeutet: Wenn es ein Irrtum war, dann spielt das keine Rolle für das Bündnis. Dabei unterstrich er, dass die Allianz Russlands Angriffe gegen die "Infrastrukturobjekte der Ukraine, darunter an der Donau, entschieden verurteile". Zweifellos erfreut diese Unnachgiebigkeit Kiew, auch wenn damit nicht die Taschen und Waffenlager aufgefüllt werden.
Was derzeit im kollektiven Westen und speziell innerhalb der NATO vor sich geht, erinnert zunehmend an einen schlechten Katastrophenfilm, in dem die Handlung nur wegen maximal blödsinniger Handlungen der Charaktere voranschreitet, was folgerichtig zu traurigsten Ergebnissen führt. Wenn Zuschauer die Geschehnisse auf dem Bildschirm oder der Leinwand verfolgen, gähnen sie entweder wegen der Vorhersehbarkeit der kommenden Ereignisse oder lachen über die Dummheiten, aber sie sind sich zumindest einig, dass das Ganze völlig unrealistisch ist. Allerdings zeigt das wahre Leben, dass alles noch viel schlimmer kommen kann.
Dass der berühmt-berüchtigte Artikel 5 der NATO-Satzung, der die kollektive Verteidigung vorsieht eine inhaltsleere Phrase ist und als Köder dient, ist im Westen inzwischen ein offenes Geheimnis. Selbst die größten Denkfabriken und Medien entwarfen immer wieder das Szenario: "Wie wir gegen Russland Krieg führen könnten, ohne eine nukleare Apokalypse zu riskieren." Die Hauptidee liegt auf der Hand: Einzelne Länder (beispielsweise Polen) sollten gar nicht als NATO-Mitglieder, sondern als eigenständige Subjekte kämpfen. Dies würde Moskau dann angeblich keinen Grund geben, etwa Washington, D.C. anzugreifen. Ein solch unbedeutendes Detail, dass Russland damit zumindest einen Anlass haben könnte, Warschau vom Antlitz der Erde zu tilgen, wird dabei von westlichen Strategen selbstverständlich großzügig ignoriert.
Damit werden die Absichten der USA, angefangen bei den Nachbarländern, ganze Staaten gegen Russland in den sicheren Tod zu schicken, nicht nur insgeheim, sondern ganz offen, unverhohlen geäußert. Doch jene betroffenen Länder gehen weiter ungerührt ihren selbstmörderischen Weg.
Am 13. Dezember erklärte Russlands Außenministerium, wenn die der Ukraine übergebenen Kampfflugzeuge vom Typ F-16 etwa von Stützpunkten in Polen, Rumänien und der Slowakei starten würden, dann werde Russland dies als Beteiligung dieser Länder am Konflikt in der Ukraine bewerten und entsprechend reagieren. Und schon am 14. Dezember berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, dass praktisch mit Sicherheit die Ukraine ihre eigene Infrastruktur gar nicht für Flüge der F-16 nutzen könne, weil ihre Startbahnen für diese Flugzeuge ungeeignet seien. Das bedeutet, dass ein weiterer Schritt getan ist, um die Nachbarstaaten in einen Krieg gegen Russland hineinzuziehen. Dabei scheint bestenfalls noch die Slowakei neuerdings einen gewissen Selbsterhaltungstrieb zu demonstrieren.
Am Montag soll Finnland ein Verteidigungsabkommen mit den USA unterzeichnen, das den USA die Stationierung ihrer Waffen und Truppen in 15 Militärobjekten dieses Landes ermöglichen wird.
Und während die USA all das tun, machen sie nicht nur keinen Hehl aus ihrer Absicht, diese Länder gegen Russland zu benutzen und sie danach schließlich ihrem Schicksal selbst zu überlassen, sondern sie prahlen damit sogar noch.
Gewöhnlich wird dieses erstaunliche Phänomen damit erklärt, dass die Regierungseliten der entsprechenden Länder von den USA gekauft und vollständig kontrolliert werden und sich überhaupt nicht um ihre jeweilige eigene Heimat scheren. Dies ist mit Sicherheit ein wichtiger Faktor, doch erklärt er nicht, warum sich Finnlands oder Rumäniens gesamte Gesellschaft sehenden Auges im Namen der Rettung des transatlantischen Hegemonen zur Schlachtbank führen lassen. Zumal es auch in Europa selbst (und nicht nur außerhalb des kollektiven Westens) Beispiele für die Wahrung der nationalen Interessen durch Regierung und Gesellschaft gibt – man denke nur an Ungarn.
Eine alte Weisheit besagt, dass Gott diejenigen, die er strafen will, um den Verstand bringt. Möglicherweise beobachten wir die Erscheinung einer höheren Gerechtigkeit, bei der eine ganze Zivilisation, die für ein halbes Jahrtausend auf dem Planeten dominierte, gerade um den Verstand gebracht wird, um für ihre Taten zu büßen.
Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei RIA Nowosti.
Irina Alksnis ist eine Kolumnistin von RIA Nowosti.
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