Von Marinko Učur
Bujar Osmani, ein ethnischer Albaner und Außenminister Nordmazedoniens, musste letzte Woche eine undankbare Rolle übernehmen. Sein Land, das aktuell den Vorsitz in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) innehat, hat die organisatorischen Herausforderungen des Treffens, an dem Delegationen aus 57 OSZE-Mitgliedsländern mit 1.000 Delegierten und insgesamt 76 Delegationen teilnahmen, relativ erfolgreich gemeistert.
Wenn man jedoch die Eindrücke aus Skopje und den Umfang dieser Veranstaltung zusammenfassen würde, die als eine Debatte über die Zukunft dieser Organisation und über die bevorstehenden Herausforderungen konzipiert war, könnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich die OSZE weit von der ihr 1975 in der Schlussakte von Helsinki zugeschriebenen Rolle entfernt hat. Abgesehen vom erreichten Konsens, wonach Malta im Jahr 2024 den OSZE-Vorsitz übernehmen soll, war alles andere, was sich im Sportzentrum "Boris Trajkovski" ereignete, eher für die Spalten der Boulevardpresse gedacht.
Die breite Öffentlichkeit konnte die orchestrierten Beiträge fast aller Delegationen beobachten, die in der Regel darauf hinausliefen, Russland wegen seiner militärischen Sonderoperation in der Ukraine zu verurteilen. An einem Punkt schien es, dass der OSZE-Ministerrat mit dem Ziel organisiert wurde, Russland ins Visier zu nehmen und jene anzuprangern, die zu zaghaft auf der ukrainischen oder – schlimmer noch – auf der russischen Seite stehen.
Die ehemalige KSZE (Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa), die gegründet wurde, um zur Entspannung zwischen Ost und West beizutragen, hat offensichtlich ihren Sinn verloren und ist selbst zu einer Marionette des Westens geworden. Die Reden zahlreicher Beamter, die einigen die Rolle des Opfers und den anderen die Rolle des Aggressors zugedacht haben, klangen exakt gleich, als kämen sie aus derselben Feder.
In welche Richtung die Diskussionen gehen werden, deutete sich gleich zu Beginn des Ministerrats an, als der Premierminister des Gastgeberlandes, Dimitar Kovačevski, in der Eröffnungsrede darauf hinwies, dass die zentrale Priorität der Präsidentschaft seines Landes darin bestehe, eine wesentliche Unterstützung für die Ukraine und ihr Volk zu leisten. Und er behauptete, dass der Krieg die Grundlagen der OSZE untergrabe. Dabei wurden die Grundlagen der OSZE schon vor langer Zeit untergraben, am heftigsten im Jahr 1999, als die Bundesrepublik Jugoslawien, damals ein souveräner Staat, von NATO-Bomben getroffen wurde.
Niemand erinnerte daran außer dem russischen Außenminister Sergei Lawrow, der es sich nicht nehmen ließ, auf diesen und auf einige andere Präzedenzfälle hinzuweisen, in denen der Westen und auch die OSZE selbst gegen ihre ursprünglichen Grundsätze auf den Gebieten der Sicherheit, der Menschenrechte, der Rüstungskontrolle und der Pressefreiheit verstoßen hatten. Bereits damals sei alles ausgehöhlt worden, erinnerte der russische Diplomat die Anwesenden, ohne sich darum zu kümmern, dass sein Vortrag von der Ukraine, Polen und den baltischen Staaten boykottiert wurde.
Schlagzeilen in der Berichterstattung über das OSZE-Außenministertreffen machte ein weiterer Boykott. US-Außenminister Antony Blinken hatte nämlich nach einem kurzen Gespräch mit nordmazedonischen Beamten und einem gemeinsamen Foto mit den Teilnehmern des Treffens die Hauptstadt des Gastgeberlandes schnell wieder verlassen. Einige interpretierten das als den Wunsch einer Konfrontation mit Lawrow zu entgehen, während andere diese Handlung mit den Verpflichtungen des amerikanischen Diplomaten gegenüber Israel begründeten, wohin er sich aus Skopje auf den Weg machte.
Die Kolumnistin Olivera Ikodinović betitelte ihren Artikel im serbischen Sputnik sarkastisch:
"Auf der Flucht vor Lawrow gestand Blinken Amerikas Niederlage."
Gibt es einen Grund zu der Annahme, dass Blinken seinen Gleichgesinnten etwaige Anweisungen erteilt hat? Sicherlich, denn was sich während des zweitägigen Treffens ereignete, war eine wahre Kanonade von Vorwürfen gegen die Russische Föderation. Obwohl die Vereinigten Staaten kein offizielles Mitglied der OSZE sind, wollen sie durch ihre Teilnahme an deren Aktivitäten über bestimmte Marionettenregime und Regierungen eine klare Botschaft senden, dass die OSZE unter ihrer Kontrolle steht.
Es liegt auf der Hand, dass Polen einst auf Geheiß der Vereinigten Staaten darauf verzichtete, Russland zum vorangegangenen Treffen der OSZE einzuladen, was die Mission und den Ruf dieser Organisation weiter untergrub. All dies sind die Folgen zahlreicher Missbräuche und Präzedenzfälle, die sich häufen, seit die OSZE zu einem Instrument der US-amerikanischen Politik wurde.
Die Gräben innerhalb der OSZE seien noch nie so groß gewesen, so die einhellige Einschätzung, und die Blockade bestimmter Entscheidungen habe die Zukunft dieser Organisation geradezu infrage gestellt. Letztendlich bleibt eine Frage offen: Wurden die Teilnehmer des Treffens letzte Woche in Skopje Zeugen des Anfangs vom Ende oder der Wiederbelebung der OSZE? Viele Reporter neigen zu der Annahme, dass dies der Beginn einer "Wiederbelebung der Organisation" und der Rückkehr zu ihren Gründungsprinzipien war, obwohl die Organisation angesichts der wichtigsten Sicherheitsherausforderungen in der Welt Ohnmacht und Spaltung gezeigt hat.
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