Von Rainer Rupp
Am Freitag, dem 17. November endete im kalifornischen San Francisco das weltweit aufmerksam beobachtete Gipfeltreffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC). Dies ist eine internationale Organisation, die sich im pazifischen Raum zum Ziel gesetzt hat, eine Freihandelszone zum gegenseitigen wirtschaftlichen Vorteil und zur Förderung des Wohlstandes in dieser Weltregion einzurichten. In den 21 APEC-Mitgliedsstaaten lebt knapp die Hälfte der Weltbevölkerung.
Mit besonderer Spannung wurde dabei der bilaterale US-amerikanisch-chinesische Sondergipfel einen Tag vor dem APEC-Gipfel erwartet. Er fand auf Verlangen der Chinesen an einem 40 Kilometer südlich von San Francisco entfernten Ort statt, der damit hinreichend weit vom Ort des APEC-Gipfels weg war, um ihm die von den Chinesen verlangte diplomatische und symbolische Sonderstellung zu geben.
Der US-chinesische Sondergipfel zwischen den Präsidenten Xi Jinping und Joe Biden war auf wiederholtes und immer dringlicheres Drängen Washingtons zustande gekommen. Aber nach den kräftigen Tritten der Biden-Regierung gegen das chinesische Schienbein in den letzten Jahren war es schwer für die US-Emissäre, die Chinesen vom Sinn und Zweck einer Wiederbelegung der fast gänzlich abgestorbenen Beziehungen zu Washington unter der aktuellen US-Regierung zu überzeugen.
Präsident Biden hatte zwar sein Amt mit dem Versprechen angetreten, die von seinem Vorgänger Donald Trump bereits beschädigten Beziehungen zu China zu reparieren. Aber erst einmal an der Macht, haben er und seine Regierungsmitglieder alles getan, um die Beziehungen zu Peking gänzlich gegen die Wand zu fahren: angefangen mit brüsken, diplomatischen Zurückweisungen bis hin zu üblen Beleidigungen des US-Präsidenten Biden, der persönlich Xi als Diktator bezeichnet hatte.
Hinzu kam die Verschärfung aller möglichen US-Sanktionen gegen China, begleitet von einer konfrontativen militaristischen Rhetorik führender US-Regierungsmitglieder. Diese Kriegsrhetorik wiederum war mit zunehmenden politischen und militärischen Provokationen in der Straße von Taiwan und im Südchinesischen Meer verbunden. Dies alles wurde von den Lobbyisten der US-Rüstungsindustrie mit medialer Schützenhilfe und Anti-China-Hetze kräftig unterstützt. Vor allem mit den neuen und massiven US-Waffenlieferungen an Taiwan hat die Biden-Administration wahrscheinlich schon eine von Pekings roten Linien überschritten.
Eine ganz andere politische US-Orientierung wurde am Rande des APEC-Treffens in San Francisco deutlich. Mächtige US-Wirtschaftskreise, gegen die selbst die US-Rüstungsindustrie wenig ausrichten könnte, zeigten auf spektakuläre Weise, dass sie mit der China feindlichen Richtung des Biden-Regimes nicht mehr einverstanden sind. (Mehr dazu weiter unten.)
Auch der viertägige Besuch der US-Finanzministerin Janet Yellen Anfang Juli dieses Jahres in China dürfte unter dem Druck dieser Wirtschaftskreise zustande gekommen sein. Während ihres vollkommen aus dem bisherigen politischen Konfrontationskurs des Biden-Regimes herausfallenden Besuchs in Peking ließ Yellen keine Gelegenheit aus, die Chinesen zu umschmeicheln. Die Tatsache, dass die Chinesen seit Anfang dieses Jahres damit begonnen haben, in bisher nie dagewesener Größenordnung US-Schatzbriefe abzustoßen und dafür zur Absicherung ihrer weltweiten geldpolitischen Ambitionen Gold einzukaufen und im eigenen Land einzulagern, dürfte ebenfalls etwas mit Yellens Besuch zu tun gehabt haben.
Nach ihrer Rückkehr fasste Yellen das Ergebnis ihrer Gespräche in Peking wie folgt zusammen: Die "Meinungsverschiedenheiten" bleiben, doch künftig wollten beide Nationen wieder stärker auf den gegenseitigen Austausch setzen.
Nach Yellens Auftakt gaben sich hoch- und mittelrangige Mitglieder der US-Regierung einer nach dem anderen in Peking die Klinke in die Hand. Alle hatten das gleiche Anliegen, die Gespräche mit Peking wieder in Gang zu bringen, nachdem sie in den letzten Jahren so viel dazu getan hatten, diese abzuwürgen. Ein Treffen Xis mit Biden am Rande des APEC-Gipfels sollte die Wiederannäherung für die ganze Welt deutlich sichtbar machen und diplomatisch abrunden.
Die USA, vor allem US-Außenminister Antony Blinken, der als Letzter in Peking war, mussten hart arbeiten, um die Chinesen davon zu überzeugen, dass das Biden-Regime doch noch geschäftsfähig ist, trotz aller in der Vergangenheit gegenüber China gebrochenen Versprechen und Zusagen wie den "Fünf Neins", auf die sich Xi in seiner Rede vor den versammelten APEC-Präsidenten in San Francisco ausführlich bezog.
Xi betonte, dass die USA glaubwürdige Maßnahmen ergreifen müssen,
- um das "Ein-China-Prinzip" (dass nämlich Taiwan kein unabhängiger Staat, sondern Teil der Volksrepublik China ist) einzuhalten,
- um die Bestimmungen der drei gemeinsamen Kommuniqués zwischen China und den USA strikt einzuhalten,
- um die von der US-Führung eingegangene Verpflichtung der "Fünf Neins" einzuhalten (d. h. keinen "neuen Kalten Krieg" anzustreben),
- keinen Konflikt mit China zu suchen,
- nicht zu versuchen, Chinas System zu ändern, also keine Destabilisierungsversuche à la Farbrevolution zu unternehmen,
- nichts zu tun, um die Wiederbelebung der US-Bündnisse in der Region gegen China zu richten,
- nichts zu tun, um die "Unabhängigkeit Taiwans" zu unterstützen.
Zu diesen "Fünf Nein" haben sich US-Regierungen im Laufe vieler Verhandlungen in den vergangenen Jahrzehnten in bilateralen Abkommen mit China verpflichtet. Nachdem Xi die Biden-Regierung beim APEC-Gipfel vor den versammelten Präsidenten und Regierungschef an die von ihr ignorierten oder gebrochenen Verpflichtungen erinnert hatte, unterstrich er seine Ermahnungen an Washington, nicht weiter "den falschen und gefährlichen Weg einzuschlagen", da sich nicht nur die USA und China, sondern die gesamte Weltgemeinschaft die Konsequenzen daraus nicht leisten könne.
Beim APEC-Gipfel wies Xi auch darauf hin, dass der (System-)Wettbewerb zwischen den USA und China nicht der vorherrschende Trend der heutigen Zeit sein dürfte, denn damit könnten die Probleme, mit denen China, die USA und die Welt insgesamt konfrontiert seien, nicht gelöst werden. Und der chinesische Präsident fügte hinzu, dass der Erfolg eines Landes eine Chance für das andere sei. Dabei drückte er seinen festen Glauben an die vielversprechende Zukunft der Beziehungen zwischen China und den USA aus.
Aber der APEC-Gipfel war noch nicht zu Ende, als Präsident Biden erneut sehr tief in den Fettnapf trat. Bei der Pressekonferenz beantwortete er die Frage, ob er Xi immer noch für einen Diktator halte, positiv und bekräftigte seine frühere Aussage, indem er Xi erneut als Diktator bezeichnete, was eine starke Reaktion aus Peking zur Folge hatte. Das ohnehin bereits fehlende Vertrauen der chinesischen Führung in Abkommen mit und Versprechungen der US-Regierungen wird dadurch nur noch bestärkt.
Ganz anders war die Stimmung am Rande des US-China-Gipfels, denn Vertreter der mächtigsten US-Wirtschaftskreise und -Konzerne hatten im Rahmen des US-China Business Council, der Handelskammer und der einflussreichen politischen Denkfabrik Council for Foreign Relations zu Ehren Xis ein festliches Abendessen veranstaltet.
Die ebenfalls anwesenden Sponsoren dieses Galadinners waren u. a. die Chefs der Unternehmen Apple, BlackRock, Blackstone, Boeing, Broadcom, Citadel, Citi, FedEx, Gilead, Honeywell, KKR, MasterCard, Nike, Pepsi, Pfizer, P&G, Qualcomm, Thermo Fisher und Visa – um die wichtigsten zu nennen. Ein Screenshot von der kompletten Liste der Sponsoren ist am Ende des Artikels zu finden.
An dieser Stelle sei an Kurt Tucholsky und seine Beschreibung von Regierungspolitikern erinnert:
"Sie glauben, sie hätten die Macht, dabei stellen sie nur die Regierung." (Für die wirklich Mächtigen.)
Das festliche Abendessen, das die wirklich Mächtigen in den USA Xi in San Francisco gegeben haben, und die Gespräche, die dabei am Rande stattgefunden haben, sagen für die Beurteilung des aktuellen Zustands und der Zukunft der Beziehungen zwischen China und den USA mehr aus als Xis Treffen mit Biden und Blinken. Letzteres hat selbst laut US-Medien nichts Wesentliches zur Verbesserung der bilateralen Beziehungen beigetragen.
Das Wenige, was es an Verbesserungen der US-chinesischen Beziehungen auf dem Xi-Biden-Gipfel gab, waren neben einigen Aspekten, die den kulturellen und akademischen Austausch betreffen, ein militärischer Aspekt, dem das Pentagon höchste Priorität beimaß, nämlich die Wiedereröffnung der Diskussionskanäle zum Austausch militärischer Belange in Krisensituationen. Das katastrophale Verhalten der Biden-Administration hatte in den letzten Jahren dazu geführt, dass diese militärischen Kontaktkanäle mit China total eingefroren worden waren.
Die respektierte US-Zeitschrift National Interest fasst das US-chinesische Treffen denn auch wie folgt zusammen: "Gipfeltreffen zwischen Joe Biden und Xi Jinping – Nichts erreicht?" Trotz der zur Schau gestellten Zufriedenheit Washingtons mit dem Treffen gebe es keine Anzeichen, dass die Spannungen im Kern der Beziehung eines nachgelassen hätten, so die Zeitschrift.
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