Von Martin Jay
Verliert Israel tatsächlich den Medienkrieg? In einem Konflikt, in dem die Wahrheit das erste und überwiegende Opfer zu sein scheint, könnte dies die einzige Wahrheit sein, insbesondere wenn wir die jüngsten Ereignisse betrachten. Allerdings ist der Krieg in Gaza keine Zone frei von Ironie. Kürzlich flutete Israel die sozialen Medien mit Behauptungen, dass die Palästinenser gefälschte Videos verbreitet hätten. Eines der Videos zeigte einen palästinensischen Sanitäter, der dabei war, ein Opfer wiederzubeleben. Die Israelis behaupteten, dass die Wiederbelebungstechnik fehlerhaft sei und die Szene im Video daher gestellt sein müsse.
Wie sollen wir das verstehen? Angesichts der Tatsache, dass Israel der namhafte Experte für gefälschte Videos zur Unterstützung seiner abscheulichen Kriegsverbrechen ist, war die Logik hinter dieser Behauptung: "Vertrauen Sie uns, wir wissen, wovon wir reden, wenn wir über gefälschte Videos reden." Ja? Auf alle Fälle ging der Versuch nach hinten los. Die Justiz des Mobs in den sozialen Medien maß der Behauptung der Israelis keinerlei Bedeutung zu, und kurz darauf erklärte das Rote Kreuz, dass in dem Video die korrekte Wiederbelebungstechnik angewendet worden sei. Interessant ist, dass Israel jetzt auf dieses Niveau zurückfällt und so tief sinkt, dass viele sich fragen, ob es überhaupt kurz davor steht, diesen Konflikt zu gewinnen. Es riecht nicht nach Sieg, wenn man zu solchen Mitteln greifen muss – und es gibt unzählige weitere Beispiele.
Als das Baptisten-Krankenhaus bombardiert wurde, schien es die israelischen Streitkräfte (IDF) absolut nicht zu stören, dass es dokumentierte Beweise dafür gibt, dass sie die Klinikleitung zuvor gewarnt hatten, dass sie, die IDF, im Begriff seien, das Krankenhaus zu attackieren. Umgehend nach der Bombardierung, fütterte Israel die empörenden und widerlichen westlichen Journalisten, die sich für alle ihre Informationen zum Konflikt von der Brust von Mutter Israel nähren, mit der Behauptung, dass die Palästinenser das Krankenhaus selbst durch eine fehlgeleitete Rakete in die Luft gesprengt hätten, nachdem die Hamas kurz zuvor eine Rakete in der Nähe des Krankenhauses abgefeuert hatte.
Die IDF präsentierte sogar eine Audioaufnahme eines abgehörten Gesprächs, in dem die israelische Version bestätigt wurde. Das Problem an der Sache war jedoch, dass dieses Beweismittel gefälscht war. Die IDF hat eine lange Vorgeschichte im Fälschen von Audioaufnahmen. Einige werden sich vielleicht an den Sturmangriff auf ein türkisches Schiff erinnern, das im Jahr 2010 mit humanitären Hilfsgütern in Richtung Gaza unterwegs war. Dabei ermordete die IDF kaltblütig aus nächster Nähe zehn Aktivisten. Es stellte sich später heraus, dass die Audioaufnahmen gefälscht waren, die wiedergaben, wie die Aktivisten Auseinandersetzungen mit den Soldaten der israelischen Spezialeinheiten provozierten.
Westliche Medien tragen dazu bei, Israel bei seinem Lug und Trug zu helfen, indem sie einfach den sorgfältig arrangierten Zirkus akzeptieren, zu dem sie eingeladen werden. Nach meinem Kenntnisstand arbeiten keine westlichen Journalisten im Gazastreifen, da es dort einfach zu gefährlich ist. Daher sind sie gezwungen, die ihnen auf einem goldenen Tablett servierten Informationen am Rande der Frontlinie aufzusaugen und eigentlich nichts weiter als Zuschauer eines Krieges zu sein, den sie nicht verstehen können oder wollen.
Bei diesem Holocaust, der gerade stattfindet, geht es um nichts weniger als um die Vernichtung der Palästinenser im Gazastreifen. Wir können hier nicht wirklich von einem Krieg sprechen, weil dies darauf hindeuten würde, dass beide Seiten eine faire Chance hätten, sich unter gleichen Bedingungen zu bekämpfen. Im Gazastreifen lassen die Israelis die Palästinenser hungern, sodass diese, auch wenn sie überleben sollten, zu schwach sein werden, um zu kämpfen, wenn – oder falls – die IDF schließlich mit ihren Panzerbrigaden einfährt.
Die Geschichten, über die westliche Journalisten nicht berichten, sind, dass die Hamas bereits einige Erfolge bei der Zerstörung von israelischen Panzern errungen hat und Israel Phosphorbomben auf Zivilisten abwirft. Natürlich wurde Netanjahu von der Biden-Regierung versprochen, dass er jedes jemals registrierte Kriegsverbrechen überbieten kann, in dem Wissen, dass er und sein Volk niemals mit Konsequenzen rechnen müssen. Und das ist wirklich der wesentliche Teil der amerikanischen Unterstützung für Netanjahu – denn was wir erleben, sind Kriegsverbrechen, die wir in den vergangenen achtzig Jahren noch nie zuvor gesehen haben.
Die umfassende ethnische Säuberung der Palästinenser, über die britische und deutsche Journalisten niemals als solche berichten werden, wird so lange andauern, bis nur noch ein paar hunderttausend Palästinenser übrig geblieben sind, die dann von Israel und dem Westen überzeugt werden, an einen anderen Ort zu ziehen. Tatsächlich sind bereits Dokumente aufgetaucht, die belegen, dass die Israelis von Anfang an geplant hatten, palästinensische Bürger mit Unterstützung Ägyptens aus dem Gazastreifen zu vertreiben.
Die große Frage ist der Zeitpunkt. Zeit ist wirklich ein wichtiger Faktor in diesem Konflikt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Biden Fehler macht und in einen Krieg mit Israel gegen Iran verwickelt wird. Biden beabsichtigt das nicht, aber leider ist er dumm und schwach und Netanjahu mag solche amerikanischen Präsidenten.
Wir werden wohl bald daran erinnert, wer hier die wichtigsten Akteure sind: Iran und die Türkei. Obwohl beide Länder unterschiedlichen Ausrichtungen des muslimischen Glaubens angehören und sich in anderen Teilen des Nahen Ostens gegenseitig umbringen, scheinen sie sich in ihrer Missachtung für Israel einig zu sein. Die Frage ist nicht mehr, ob sie auf den Holocaust in Gaza reagieren werden, sondern wann. Biden ist überfordert und die Iraner wissen das. Er hat nur ein einziges echtes Ass im Ärmel, nämlich Netanjahu loszuwerden, was ihm, wenn er ein anderer US-Präsident wäre, wahrscheinlich gelingen könnte. Aber wir reden hier von Joe Biden. Sein außenpolitischer Leistungsausweis beinhaltet den äußerst peinlichen Abzug aus Afghanistan und die kolossale Verschwendung von 130 Milliarden US-Dollar in Bargeld in der Ukraine, dem korruptesten Land der Welt. Ein Land, das die meisten Amerikaner auf einer Landkarte von Europa nicht einmal finden würden.
Gerüchten zufolge denkt Biden längerfristig als Israel und glaubt, dass Netanjahu nicht mehr lange im Amt bleiben wird, da viele Israelis seine Kriegsverbrecherstrategie nicht unterstützen. Ein Punkt, auf den kürzlich die Zeitung Haaretz hinwies, die davon ausgeht, dass der Untergang von Netanjahu nicht mehr lange auf sich warten lässt. Er wird letztlich eintreten. Die unterwürfige, abstoßende, passive internationale Pressemeute könnte dann alles sein, was Netanjahu noch übrig haben wird.
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Dieser Text erschien in englischer Sprache bei Strategic Culture Foundation.
Martin Jay ist ein preisgekrönter britischer Journalist mit Wohnsitz in Marokko, wo er als Korrespondent für die britische Daily Mail (UK) arbeitet. Zuvor berichtete er von dort aus für CNN und Euronews über den Arabischen Frühling.