Von Pepe Escobar
Die strategische Partnerschaft zwischen Russland und Iran – mit China im Hintergrund – stellt dem Hegemon USA in Westasien eine ausgeklügelte Falle, die an die Weisheiten des chinesischen Philosophen und Kriegsstrategen Sun Tzu erinnern. Außer Israel gibt es keinen Staat auf dem Planeten, der in der Lage wäre, den medialen und globalen Fokus augenblicklich vom spektakulären Debakel des kollektiven Westens in der Ukraine abzulenken.
Die für die US-Außenpolitik verantwortlichen Kriegstreiber, die keine Anhänger von Bismarcks Maxime sind, niemals mit Russland Krieg zu führen, glauben, wenn das Projekt Ukraine nicht mehr erfolgreich abgeschlossen werden kann, dann könnte das Projekt einer Endlösung in der Palästina-Frage – eine ethnische Säuberung in ganz Israel – stattdessen ein Kinderspiel sein.
Ein plausibleres Szenario ist jedoch, dass Iran und Russland – die neue "Achse des Bösen", mit China im Hintergrund – alle Voraussetzungen haben, um den Hegemon USA erneut in einen Sumpf zu ziehen. Es geht dabei lediglich darum, die verwirrten Hin- und Herbewegungen des Gegners zu nutzen, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen und ihn in den Abgrund der Vergessenheit zu werfen.
Die Wunschvorstellung des Weißen Hauses, dass die ewigen Kriege in der Ukraine und in Israel demselben hochtrabenden Anspruch auf "Demokratie" folgen werden und für die nationalen Interessen der USA von wesentlicher Bedeutung sind, ist bereits nach hinten losgegangen – selbst in der öffentlichen Meinung innerhalb der USA. Das hält uns jedoch nicht davon ab zu verstehen, dass der Krakeel in den Fluren der Macht in Washington offenbart, dass die mit Israel verbündeten US-Neokonservativen den Druck erhöhen, um Iran zu provozieren – und zwar unter falscher Flagge, was zu einem US-amerikanischen Angriff auf Teheran führen würde. Dieses Szenario eines Armageddon, eines Weltuntergangs, passt haargenau zu der biblischen Psychopathie, die den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu antreibt.
Vasallen sind gezwungen, demütig zu gehorchen. Staatsoberhäupter von NATO-Staaten sind schnurstracks nach Israel gereist, um ihre bedingungslose Unterstützung für Tel Aviv zu demonstrieren – darunter Kyriakos Mitsotakis aus Griechenland, Giorgia Meloni aus Italien, Rishi Sunak aus Großbritannien, Olaf Scholz aus Deutschland, der senile Untermieter im Weißen Haus selbst, und Emmanuel Macron.
Rache für das arabische "Jahrhundert der Demütigung"
Bisher hat die libanesische Widerstandsbewegung Hisbollah außergewöhnliche Zurückhaltung an den Tag gelegt und ist auf keinen Köder Israels hereingefallen. Die Hisbollah unterstützt den palästinensischen Widerstand als Ganzes. Allerdings hatte die Hisbollah bis vor ein paar Jahren ernsthafte Probleme mit der Hamas, mit der sie in Syrien aneinandergeriet. Zwar wird die Hamas teilweise von Iran finanziert, aber nicht von Iran geführt. So sehr Teheran die palästinensische Sache auch unterstützen mag, die palästinensischen Widerstandsgruppierungen treffen ihre eigenen Entscheidungen.
Die große Neuigkeit ist, dass sich all diese Probleme jetzt aufzulösen scheinen. Sowohl die Hamas als auch der palästinensische Islamische Dschihad begaben sich in den Libanon, um den Generalsekretär der Hisbollah, Hassan Nasrallah, persönlich zu treffen. Dies verdeutlicht die Einheit in den gemeinsamen Ziele – oder das, was die Achse des Widerstands in der Region die "Einheit der Fronten" nennt.
Noch aufschlussreicher war der Besuch der Hamas in Moskau, was auf ohnmächtige Wut seitens Israels stieß. Die Delegation der Hamas wurde von einem Mitglied ihres Politbüros, Mohammed Abu Marzuk, angeführt. Der stellvertretende iranische Außenminister Ali Bagheri reiste eigens von Teheran nach Moskau und traf zwei der wichtigsten Stellvertreter des russischen Außenministers Lawrow, Sergei Rjabkow und Michail Galusin. Das heißt, die Hamas, Iran und Russland sitzen am selben Tisch und sprechen sich ab.
Die Hamas hat die Millionen Palästinenser in der Diaspora sowie die gesamte arabische Welt und alle Länder des Islam dazu aufgerufen, sich zu vereinigen. Langsam aber sicher lässt sich ein Muster erkennen: Könnte die arabische Welt – und große Teile des Islam – kurz davor stehen, sich zu vereinen, um Rache für ihr "Jahrhundert der Demütigung" zu nehmen – so wie es die Chinesen nach dem Zweiten Weltkrieg unter der Führung von Mao Zedong taten?
Das allein wird die Besessenheit der US-Neokonservativen, Iran zu bombardieren, nicht zügeln. Diese Neokonservativen, die weniger als nichts wert sind, wenn es um militärische Logik geht, ignorieren, dass die iranischen Vergeltungsmaßnahmen jeden einzelnen US-Stützpunkt im Irak und in Syrien ins Visier nehmen würden – und nicht auszudenken, was im Persische Golf geschehen könnte. Der russische Militäranalytiker Andrei Martjanow hat analysiert, was mit diesen teuren amerikanischen Flugzeugträgern im östlichen Mittelmeerraum passieren könnte, im Falle eines von Israel angedrohten Angriffs auf Iran. Darüber hinaus befinden sich mindestens 1.000 US-Soldaten in Nordsyrien und stehlen das Öl des Landes – und diese Soldaten und ihre Standorte würden ebenfalls umgehend zum Ziel iranischer Raketen werden.
Ali Fadavi, der stellvertretende Oberbefehlshaber der iranischen islamischen Revolutionsgarden, brachte es auf den Punkt:
"Wir haben Technologien im militärischen Bereich, von denen niemand etwas weiß. Die Amerikaner werden erst davon erfahren, wenn wir sie einsetzen."
Damit meint er: iranische Hyperschall-Raketen vom Typ Fattah – die Schwestern der russischen Kinschals – die mit Mach 15 fliegen und jedes Ziel in Israel innerhalb von 400 Sekunden treffen können.
Hinzu kommt die hochentwickelte russische elektronische Kriegsführung. Vor sechs Monaten sagten die Iraner den Russen bei einem Treffen in Moskau bezüglich der militärischen Verflechtung zwischen beiden Ländern Folgendes:
"Was auch immer ihr braucht, fragt einfach danach."
Dasselbe gilt auch umgekehrt, denn der gemeinsame Feind ist ein und derselbe.
Es dreht sich alles um die Straße von Hormus
Das Herzstück der russisch-iranischen Strategie ist die Straße von Hormus, durch die mindestens 20 Prozent des weltweit verbrauchten Erdöls und 18 Prozent des weltweiten Verbrauchs von verflüssigtem Erdgas transportiert werden. Iran ist in der Lage, die Straße von Hormus umgehend zu blockieren. Zunächst einmal wäre das eine Art poetische Vergeltung in Richtung Israel, das darauf abzielt, sich das gesamte Erdgasvorkommen, das vor der Küste Gazas entdeckt wurde, illegal einzuverleiben – übrigens einer der Hauptgründe für die ethnische Säuberung von Gaza.
Doch das eigentliche Ziel wird darin bestehen, die von der Wall Street konstruierte Struktur von Finanzderivaten im Wert von 618 Billionen US-Dollar zum Einsturz zu bringen – so wie es seit Jahren von Analysten von Goldman Sachs und JP Morgan sowie Energiehändlern am Persischen Golf vorhergesagt wurde.
Wenn es also hart auf hart kommt – und weit über die Verteidigung Palästinas hinaus in einem Szenario des totalen Krieges endet –, dann werden nicht nur Russland und Iran, sondern auch wichtige Akteure der arabischen Welt, die im Begriff sind, Mitglieder der BRICS-11 zu werden, das Zeug dazu haben, das US-Finanzsystem zum Einsturz zu bringen, wann immer sie dies wollen.
Wie ein Vertreter alter Schule des tiefen Staates betonte, der jetzt in Mitteleuropa im Geschäft ist:
"Die islamischen Nationen haben einen wirtschaftlichen Vorteil. Sie können das internationale Finanzsystem vernichten, indem sie kein Öl mehr liefern. Sie müssen dafür keinen einzigen Schuss abfeuern. Iran und Saudi-Arabien können sich verbünden. Die Lösung der Finanzkrise von 2008 erforderte 29 Billionen Dollar um sie zu beheben. Aber diese nächste Krise, sollte sie eintreten, könnte nicht einmal mit 100 Billionen Dollar an virtuellem Geld gelöst werden."
Wie mir Händler aus dem Raum des Persischen Golfs berichteten, besteht ein mögliches Szenario darin, dass die OPEC damit beginnt, Sanktionen gegen Europa zu verhängen, zunächst ausgehend von Kuwait und dann gefolgt von einem OPEC-Staat nach dem anderen. Sanktionen, die auf alle Staaten übergreifen werden, in denen die muslimische Welt als Feinde und Kanonenfutter betrachtet wird.
Der irakische Premierminister Mohammed Shia' al-Sudani hat bereits davor gewarnt, dass die Öllieferungen an westliche Märkte aufgrund der Taten Israels in Gaza aufgeschoben werden könnten. Der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian hat bereits offiziell ein umfassendes Öl- und Gasembargo islamischer Länder gegen Länder – im Wesentlichen NATO-Staaten – gefordert, die Israel unterstützen. Und die christlichen Zionisten in den USA, die sich mit dem neokonservativen Aktivisten Netanjahu verbündet haben und mit einem Angriff auf Iran drohen, haben ebenfalls das Potenzial, das gesamte Weltfinanzsystem zu Fall zu bringen.
Der ewige Krieg gegen Syrien – neu aufgelegt
Während des gegenwärtigen Gewaltausbruchs verhielt sich die strategische Partnerschaft zwischen Russland und China äußerst vorsichtig. Für die Welt außerhalb dieser Partnerschaft besteht die gemeinsame offizielle Position darin, sich zu weigern, sich entweder auf die Seite der Palästinenser oder auf jene Israels zu stellen. Die Position besteht darin, einen Waffenstillstand aus humanitären Gründen zu unterstützen, die Forderung nach einer Zwei-Staaten-Lösung zu untermauern und von Israel zu verlangen, das Völkerrecht zu respektieren. Alle Initiativen Russlands und Chinas bei den Vereinten Nationen wurden vom US-Hegemon sabotiert.
Bisher hat Washington sich mit grünem Licht für eine vollständige israelische Bodeninvasion in den Gazastreifen zurückgehalten. Der Hauptgrund liegt in der unmittelbaren Priorität der USA: Zeit zu gewinnen, um den Krieg auf Syrien auszudehnen, das von Washington beschuldigt wird, der wichtigste Transitpunkt für iranische Waffen an die Hisbollah zu sein. Das wäre gleichzeitig auch die Wiedereröffnung der alten Kriegsfront gegen Russland.
In Moskau gibt man sich indessen keinen Illusionen mehr hin. Der russische Geheimdienstapparat weiß ganz genau, dass israelische Agenten des Mossad Kiew beraten, während Tel Aviv unter starkem Druck der USA stand, Waffen an die Ukraine zu liefern. Das erzürnte gewisse Kreise im Machtapparat Russlands und könnte ein fataler Fehler der Israelis gewesen sein.
Jedoch geben die US-Neokonservativen ihrerseits niemals auf und verbreiten zwischen den Zeilen eine deutliche Drohung: Wenn die Hisbollah Israel mit etwas anderem als ein paar hausgemachten Raketen angreift – und das wird nicht passieren –, wird der russische Luftwaffenstützpunkt Hmeimim in Latakia als "Warnung" an den Iran "eliminiert".
Nach den wiederholten israelischen Angriffen auf die zivilen Flughäfen in Damaskus und Aleppo hat Moskau Syrien umgehend seinen Luftwaffenstützpunkt Hmeimim als Ersatz angeboten – laut einigen russischen Geheimdienstquellen sogar mit der Freigabe für Frachtflüge der Islamischen Revolutionsgarden aus Iran. Benjamin Netanjahu wird sich wahrscheinlich nicht einer Todessehnsucht hingeben, indem er einen russischen Luftwaffenstützpunkt bombardieren lässt.
Moskau versteht auch deutlich, was die teuren amerikanischen Flugzeugträger im östlichen Mittelmeer anstellen könnten. Die Reaktion darauf erfolgte umgehend: MIG-31 Kampfflugzeuge patrouillieren jetzt rund um die Uhr im neutralen Luftraum über dem Schwarzen Meer, bewaffnet mit Hyperschall-Raketen vom Typ Kinschal, deren Einschlag im östlichen Mittelmeer nach Abschuss nur sechs Minuten dauern würde.
Inmitten dieses neokonservativen US-Wahnsinns, verlegt das Pentagon eine beeindruckende maritime Streitmacht in den östlichen Mittelmeerraum. Unabhängig davon, ob das Ziel die Hisbollah, Syrien, Iran, Russland oder alle oben genannten sind, inklusive China und Nordkorea – als Teil der neuen, von den USA definierten "Achse des Bösen" – alle diese Länder haben die Absicht angedeutet, dass sie in einem größeren Konflikt im Nahen Osten keine bloßen Zaungäste bleiben werden. Die chinesische Marine schützt den Iran bereits jetzt praktisch aus der Ferne. Doch noch eindringlicher war die Aussage des chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang – ungewöhnlich unverblümt was ein seltenes Vorkommen in der chinesischen Diplomatie darstellt:
"China wird Iran weiterhin nachdrücklich bei der Wahrung seiner nationalen Souveränität, seiner territorialen Integrität und seiner nationalen Würde unterstützen und sich allen externen Kräften, die sich in die inneren Angelegenheiten Irans einmischen, entschieden widersetzen."
Man sollte nie vergessen, dass China und Iran durch eine umfassende strategische Partnerschaft verbunden sind. Unterdessen hat der russische Ministerpräsident Michail Mischustin bei einem Treffen mit Irans Vizepräsident Mohammad Mokhber die strategische Partnerschaft zwischen Russland und Iran bekräftigt.
Man erinnere sich an die "Reisfresser" in Korea
Pro-iranische Milizen auf der gesamten Achse des Widerstands führen eine vorsichtige Konfrontation gegen Israel, die einem Guerilla-Krieg nahe kommt. Sie werden noch keine massiven Angriffe ausführen. Aber alle Prognosen werden hinfällig, wenn Israel massiv in Gaza einmarschiert. Es ist klar, dass die arabische Welt trotz all ihrer massiven inneren Widersprüche ein Massaker an der Zivilbevölkerung in Gaza einfach nicht tolerieren wird.
Offen gesagt, hat der Hegemon USA in der gegenwärtigen Situation den Ausweg aus seiner Demütigung im Zuge des Projekts Ukraine gefunden. Washington glaubt fälschlicherweise, dass derselbe alte ewige Krieg, der nun in Westasien erneut entfacht wurde, nach Belieben "moduliert" werden kann. Und wenn sich zwei Kriege zu einer gewaltigen politischen Niederlage entwickeln, was gibt es sonst noch Neues, das der US-Hegemon anbieten kann? Er wird einfach einen neuen Krieg im Indopazifik anzetteln.
Aber nichts davon wird Russland und Iran und ihre eiskalte Überwachung des um sich schlagenden Hegemons, den sie auf Schritt und Tritt verfolgen, ablenken. Es ist aufschlussreich, sich daran zu erinnern, was der US-amerikanische Bürgerrechtsaktivist Malcolm X bereits 1964 vorhersagte:
"Ein paar Reisfresser haben uns aus Korea vertrieben. Ja, sie haben uns aus Korea vertrieben. Reisfresser mit nichts anderem bewaffnet als mit Turnschuhen, einem Gewehr und einer Schüssel Reis, ertrugen unsere Panzer und unser Napalm und all die anderen Dinge, die wir zur Verfügung hatten, und sie jagten uns über den Fluß Yalu. Warum? Weil der Tag, an dem wir vor Ort gewinnen konnten, vorbei war."
Aus dem Englischen.
Pepe Escobar ist ein unabhängiger geopolitischer Analyst und Autor. Sein neuestes Buch heißt "Raging Twenties" (Die wütenden Zwanziger). Man kann ihm auf Telegram und auf X folgen.
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