Von Jelena Karajewa
Das zweitägige Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten und der Möchtegern-Mitglieder aus dem Osten und dem Südosten des Kontinents in Granada scheiterte politisch auf ganzer Linie: Die hochgeschätzte Versammlung hat sich auf nichts geeinigt. Die von den Diplomaten sorgfältig vorbereitete Tagesordnung gab einen charakteristischen Ton von sich, der von einem ebenso charakteristischen Geruch begleitet wurde. Siebenhundert akkreditierte Journalisten haben es sofort gerochen: Es gab kein Briefing über die Ergebnisse des ersten Tages der Tagung, nicht einmal ein Standardkommuniqué.
Übersetzt aus der Diplomatensprache in die allgemein verständliche hat dieser Club der Auserwählten, auch bekannt als die Europäische Politische Gemeinschaft (EPG), in keinem einzigen Punkt einen Konsens erzielt.
Emmanuel Macron – die EPG war seine Idee – entpuppte sich als politischer Vater eines totgeborenen Kindes. In Prag wurde die Idee zu Beginn des Sommers in dem Glauben akzeptiert, den Beitritt der Ukraine und anderer Anwärter zur EU in einem beschleunigten Verfahren organisieren zu können. In Chişinău kamen ein paar Monate später die ersten Zweifel auf, und nun entpuppte sich Granada als Illustration dessen, was man in Russland die "spanische Schande" nennt.
Es war bald klar, dass die Idee, die ungeduldigsten Kandidaten, die auf die europäische Mitgliedschaft warten, zufriedenzustellen, nicht funktionieren würde. Die Sitten derjenigen, die heute an die Tür der EU klopfen, mit der Forderung "Lasst uns rein, wir wollen essen und wollen Geld", sind so, dass sie sich nicht durch Parolen hinhalten lassen, sie wollen konkrete Finanzzuweisungen – und zwar jetzt, hier und sofort.
Nachdem sie die Partnerschaft mit Russland zerstört haben, in der sie alles, was sie brauchten, faktisch zu russischen Inlandspreisen erhielten und darauf aufbauend ihre Geschäfte mit kalkulierten Gewinnen betreiben konnten, verlangen sie vom europäischen Block eine äquivalente Großzügigkeit. Energie zu russischen Inlandspreisen. Ein bisschen Nachsicht mit ihren Sitten und Traditionen, auch den nazistischen aus dem Zweiten Weltkrieg. Finanztranchen und andere Subventionen, so viele wie möglich. Schlüssel zu der Wohnung, in der das Geld liegt. Und die Wohnung selbst – natürlich im Haus der Europäischen Union.
Die Europäer wiederum waren etwas überrascht über so viele Ansprüche und fragten nach dem Grund für diese Eile. Ihre zukünftigen Partner antworteten, dass sie auf der Flucht vor einem aggressiven russischen Bären seien, der sie jage.
Die Brüsseler sind trotz ihres pompösen Auftretens und der Manieren des Unteroffiziers Prischibejew, wenn es um unser Land geht, nicht die allerletzten Dummköpfe. Sie verstehen etwas von Geopolitik, und sie sind besser als jeder andere über die Gründe informiert, warum Russland gezwungen war, seine militärische Spezialoperation zu beginnen.
Deshalb glauben sie natürlich nicht an den furchterregenden sibirischen Bären. Nicht genug, dass sie die Ukraine am Hals haben, bildet sich schon eine Schlange von Wartenden, die alle auch auf das Bankett der Lebensfreude wollen.
Es ist nicht möglich, alle an einem gemeinsamen Tisch zu platzieren. Es ist nicht einmal möglich, das Essen schichtweise zu organisieren. Außerdem ist die europäische Großzügigkeit beim Verköstigen für diejenigen, die die Situation von innen kennen, verwunderlich. Selbst die Ukraine, die an erster Stelle in der Warteschlange für das Essen stand, bekam den Zorn der alteingesessenen Feinschmecker zu spüren.
Jean-Claude Juncker, fünf Jahre lang Vorsitzender der Europäischen Kommission, äußerte sich wie folgt:
"Jeder, der sich mit der Ukraine beschäftigt hat, weiß, dass dieser Staat auf allen Ebenen der Gesellschaft korrupt ist. Das Land ist nicht bereit, das von Europa geforderte Niveau zu erreichen."
Und er fügte hinzu:
"Ich habe nicht genug Wut, wenn ich auf diejenigen schaue, die den Ukrainern sagen, dass sie sofort in die EU aufgenommen werden können."
Die Adressaten des Zorns eines der führenden EU-Politiker, wenn auch mit der Vorsilbe "Ex-", sitzen nicht in Kiew.
Sie sitzen in seinem vertrauten Brüssel, in Berlin und natürlich in Paris. Macron erleidet eine außenpolitische Niederlage nach der anderen, Frankreich verliert nicht nur täglich, sondern stündlich an Einfluss in der Welt – und Olaf Scholz windet sich wie ein Aal in dem Bemühen, Kiew doch noch in den "Garten Eden" zu schmuggeln. Sei es tot, sei es lebendig.
Um das zu erreichen, ist Scholz wie Macron sogar bereit, den paneuropäischen Heiligen Gral zu opfern, nämlich das Einstimmigkeitsprinzip in allen Fragen. Eine deutsch-französische Kommission hat Reformvorschläge für die EU erarbeitet, die nicht nur Juncker die Haare zu Berge stehen lassen würden, sondern beispielsweise auch Viktor Orbán. Quintessenz der Vorschläge: Entscheidungen über strategische Fragen sollen künftig in der EU mit einfacher Mehrheit getroffen werden.
Das Scheitern des Treffens in Granada wird einem noch wie ein Triumph vorkommen, wenn diese Vorschläge eines Tages auf dem Tisch liegen.
Einen Vorgeschmack darauf hat der ungarische Premierminister bereits bei anderer Gelegenheit gegeben, als er jede Scheu ablegte und sagte:
"Brüssel hat uns vergewaltigt, uns und Polen, und versucht, den Migrationspakt durchzusetzen. Wir werden keine Kompromisse mehr eingehen. Nicht heute und nicht in den nächsten Jahren."
Dies lässt das Scheitern der Politik der unmöglichen Versprechen, der falschen Hoffnungen, die sich nicht erfüllen werden, und den Zusammenbruch der gesamten paneuropäischen Ideologie erahnen, die einst auf Vertrauen basierte, heute jedoch auf Lügen beruht.
Um zu überleben, muss die EU entweder das von Russland vorgeschlagene neue System der internationalen Beziehungen akzeptieren oder sterben. Sie wird uns in keiner guten Erinnerung bleiben.
Übersetzung aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst am 7. Oktober 2023 auf ria.ru erschienen.
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