Von Gert Ewen Ungar
Was haben Nancy Faeser und Hillary Clinton gemeinsam? Es sind beides ausgesprochen unbeliebte Politikerinnen und sie zücken im Wahlkampf mangels substantieller Inhalte die Genderkarte. Es sei Zeit für eine Ministerpräsidentin, verkündet Faeser vom Wahlplakat, so wie Clinton im US-Wahlkampf 2016 meinte, "I'm a woman" sei ein stichhaltiges politisches Argument. Weniger Inhalt, mehr plumper Sexismus und Populismus geht kaum.
Ja, die Kandidatur Faesers in Hessen ist eine Zumutung. Sie ist nicht plausibel zu machen. Faeser ist Innenministerin im Bund. Mit diesem Job ist sie eigentlich mehr als umfassend ausgelastet. Sie bewältigt ihn obendrein nicht zufriedenstellend. Ihre Leistungen dort empfehlen sie daher nicht für einen Posten als Ministerpräsidentin in einem Bundesland.
Dass die SPD Faeser dennoch zur Spitzenkandidatin gekürt hat, zeugt davon, wie sehr sich Politik inzwischen vom Wähler und der Lebenswirklichkeit in Deutschland entfernt hat. Ein Deutschlandtrend fragte im September nach der Zufriedenheit mit der Arbeit deutscher Politiker. Hierbei geben 66 Prozent der Befragten an, mit der Arbeit von Nancy Faeser weniger oder gar nicht zufrieden zu sein. Nur Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) kommen auf noch schlechtere Werte.
Eine der unsympathischsten Politikerinnen der Bundesrepublik nach zahlreichen Skandalen mit einer Spitzenkandidatur zu belohnen, zeugt von einem hohen Maß an Entfremdung vom Wähler. Was die hessische SPD mit dieser Kandidatur erreichen wollte, bleibt daher ihr Geheimnis. Eventuell zielt sie darauf ab, die schlechten Ergebnisse der SPD bei vergangenen Wahlen immer noch weiter unterbieten zu wollen.
Dass Faeser im Ranking mies abschneidet, ist nicht russischer Propaganda und Einflussnahme geschuldet, auch wenn sie sich das vermutlich selbst einreden mag. Auch das eine Parallele zu Clinton übrigens. Faeser hat sich ihren Platz im Ranking redlich und mit Fleiß selbst erarbeitet. Ihr fehlt jedes Gespür für den richtigen Moment und jede Empathie.
Vielleicht erinnert sich noch der ein oder andere an die Sektglasszene auf einem Balkon in Kiew. Faeser war zu Besuch in dem Land, in dem laut deutscher Außenministerin von "Russland ein grausamer Vernichtungskrieg" geführt wird. Faeser ließ sich sichtlich entspannt und erheitert auf einem Balkon in der ukrainischen Hauptstadt gemeinsam mit Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), dem Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko und der deutschen Botschafterin in der Ukraine Anka Feldhusen ablichten. Sektglas in der Hand ‒ Stößchen. Später bereute sie dann den Schnappschuss, der so gar nicht in das Narrativ passen wollte, das man in Deutschland verbreitet.
Eine ihrer wohl unappetitlichsten Leistungen war, den Leiter des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, Arne Schönbohm, einzig auf Grundlage eines Medienberichts des ebenso unsympathischen Jan Böhmermann aus dem Amt entfernen zu lassen. Böhmermann hat Schönbohm in einer Sendung des ZDF Kontakte nach Russland unterstellt, die es faktisch nicht gab. Faeser, die sich dem Kampf gegen Desinformation verschrieben hat, entließ Schönbohm auf der Grundlage von Desinformation aus dem Amt. Nachdem sich die Vorwürfe als haltlos erwiesen hatten, hat Faeser obendrein noch versucht, den Verfassungsschutz zu instrumentalisieren, und im eigenen Ministerium darum gebeten, doch etwas gründlicher zu suchen. Sie wollte ihn einfach loswerden. Die Innenministerin bedient sich dabei Methoden, die man in Diktaturen, aber nicht in einem Rechtsstaat vermutet.
Das ist dann auch gleich die Überleitung zur nächsten Glanzleistung Faesers. Das von Faeser geführte Innenministerium erarbeitete eine ressortübergreifende Strategie zur Kontrolle und Koordination des Ukraine-Narrativs. Dabei arbeitet das Ministerium nicht nur mit anderen Ministerien und Behörden, sondern auch mit den großen deutschen Medien zusammen. Man könnte diesen Prozess auch "Gleichschaltung" nennen. Dass es mit den Informationen, die in den deutschen Medien über Russland und die Ukraine verbreitet werden, hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes nicht weit her ist, weiß sie selbst aus eigener Erfahrung, die sie auf einem Balkon in Kiew machte ‒ Stößchen.
Die NachDenkSeiten haben den Skandal offengelegt, der allerdings kaum mediales Echo fand. Wie auch? Die Medien, die über den Skandal eigentlich berichten müssten, sind schließlich an ihm beteiligt. Mit der Koordinierung der Narrative wurde das Immunsystem der Demokratie, der unabhängige Journalismus, in Deutschland ausgeschaltet.
Der von Faeser geführte Kampf gegen rechts ist de facto ein rechter Kampf gegen die Meinungsfreiheit, gegen Andersdenkende, gegen die Grundlagen einer freien und demokratischen Gesellschaft. Faesers gesellschaftliches Ideal ist ein Deutschland, in dem alle gleicher Meinung sind, in dem abweichende Meinungen sofort ausgegrenzt und eliminiert werden. Faeser betreibt die Spaltung der deutschen Gesellschaft. Sie bedient sich dabei der Mittel des Totalitarismus.
Dieser Totalitarismus treibt oftmals seltsame Blüten. Mit dem Anliegen, dass die Besucher der Fußball-WM in Katar nach guter deutscher Tradition eine Armbinde tragen und sich damit zu etwas bekennen sollten, was gerade in Deutschland groß in Mode ist, schadete Faeser dem Ansehen Deutschlands in der Welt. Faeser wollte die sogenannte One-Love-Armbinde unbedingt durchsetzen. Sie sollte ein Signal der Solidarität mit LGBT-Personen in die Welt senden. Das ist im Westen gerade angesagt, im Rest der Welt aber nicht. Der Verbissenheit Faesers haftete der Geist des Kolonialismus an. Nach dem Verbot der Armbinde durch die FIFA forderte sie ein Bekenntnis durch die deutsche Mannschaft. Diese hielt sich vor Anpfiff die Hand vor dem Mund. Es sollte Kritik an Zensur ausdrücken. Die Symbolik sorgte dafür, dass die deutsche Mannschaft nach ihrem frühen Ausscheiden nicht nur vom Gastgeber Katar verhöhnt wurde.
Ansonsten hat Nancy Faeser mit Zensur allerdings keine Probleme. Russische Medien sind in Deutschland nicht mehr zugänglich. Die antirussische Hysterie ist in Deutschland inzwischen so umfassend, dass nicht nur deutschsprachige russische Medien zensiert werden. Auch russischsprachige Medien wie Россия 1 wurden gesperrt. Die deutschen Medienkonsumenten sollen auf keinen Fall erfahren, was die Ukraine mit den von Deutschland gelieferten Waffen tut. Auch unabhängig von der Ukraine sollen die Deutschen möglichst nicht mit den Vorgängen in der Welt konfrontiert werden, ohne dass sie zuvor von deutschen Qualitätsjournalisten ins deutsche Narrativ eingeordnet wurden. Deutschland ist der Garten, drumherum liegt gefährliche Wildnis und herrscht Barbarei, ist die Message des Mainstreams. Das Tal der Ahnungslosen erstreckt sich auch dank des Wirkens von Faeser inzwischen vom Rhein bis an die Oder.
Genau diese Nancy Faeser, die für all das Genannte die politische Verantwortung trägt, möchte nun am Sonntag zur Ministerpräsidentin von Hessen gewählt werden. Nach aktuellen Umfragen wollen die hessischen Wähler das aber genau nicht. Dies ist eine gute Nachricht ‒ zweifellos. Es scheint, als besäße Hessen eine gewisse Resilienz gegen rechts. Am Sonntag wird sich zeigen, ob das stimmt.
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