Wohngipfel-Geschenke für Spitzenverdiener und Immobilienhaie

Steuergeschenke für Reiche statt Mieterschutz: Viel Wirbel hatte die Bundesregierung um ihren Wohnungsbaugipfel gemacht, der am Montag tagte. Herausgekommen ist ein mageres 14-Punkte-Papier, das Reichen und Vermietern mehr Förderung verspricht und die Armen wieder mal vergisst.

Von Susan Bonath

Die Mieten explodieren, die Obdachlosigkeit steigt, soziale Verwerfungen nehmen zu. Das aber scheint nicht das Hauptproblem der Bundesregierung zu sein, obgleich sie das vor ihrem am Montag abgehaltenen Wohnungsbaugipfel suggeriert hatte. Denn ihr präsentiertes 14-Punkte-Papier, das der Autorin vorliegt, liest sich wie ein neoliberales Lock-Pamphlet für Profiteure und Spitzenverdiener. Ganz oben stehen Steuergeschenke für "Immobilienhaie" und mehr Eigenheim-Förderung; Mieterschutz sucht man vergeblich.

"Regeln abbauen"

Wie es sich für neoliberale Politiker geziemt – nein, Neoliberalismus und ein autoritärer Staat schließen sich nicht gegenseitig aus, wie die Geschichte zeigt – will die Regierungsampel "Regeln abbauen". Zwar will sie sich "auf EU-Ebene für anspruchsvolle Sanierungsquoten für den gesamten Gebäudebestand" einsetzen. Verpflichtend für Vermieter soll dies aber nun doch nicht werden.

Der sogenannte "Klimabonus" soll danach erhöht und dies auf große Wohnungsunternehmen mit vielen Mietobjekten ausgeweitet werden. Mit weiteren Steuervorteilen bei der Abschreibung will sie letztere beglücken in der Hoffnung, so den Neubau zu fördern.

Im Vergleich zu den Finanzspritzen für militärische Aufrüstung inklusive 100-Milliarden-Sondervermögen erscheinen die anvisierten Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau recht gering: 18,15 Milliarden Euro bis 2027. Wobei anzumerken ist: Selbst Sozialwohnungen kosten inzwischen zumeist mehr, als zum Beispiel für Bürgergeld-Aufstocker und Sozialhilfe-Bedürftige erlaubt ist.

Beruhigungspillen

Auch die weitere Zersiedlung von Naturflächen mit Eigenheimen will die Ampel fördern, in dem sie die Einkommensgrenze für Familien anhebt, bis zu welcher diese eine Förderung für den Hausbau erhalten können. Für Paare mit einem Kind soll diese beispielsweise von 60.000 Euro pro Jahr auf 90.000 Euro steigen. Vorübergehend unterstützen will der Bund auch den Ankauf sanierungsbedürftiger Immobilien und brachliegender Büroflächen, sofern dort Wohnungen entstehen sollen.

Das Papier, verfasst unter der Regie von Bundeskanzler Olaf Scholz und Bauministerin Klara Geywitz (SPD), ist vollgepackt mit Floskeln. Bezahlbarer Wohnraum sei "eine der drängendsten sozialen Fragen unserer Zeit", und es brauche "Impulse für Bau- und Wohnungswirtschaft", steht da zum Beispiel. Und als Beruhigungspille für Regierungskritiker verspricht die Ampel eine "Neue Wohngemeinnützigkeit": Sozialwohnungen mit dauerhaften Preisbindungen – fragt sich nur, in welcher Höhe.

Linke kritisiert "Regierungsshow"

Die Linksfraktion im Bundestag bezeichnete den Gipfel erwartbar als "herbe Enttäuschung" und als "Regierungsshow", "weil Mieterschutz noch nicht einmal auf der Tagesordnung stand".

So weite sich der "Mietenwahnsinn" ungehemmt aus, nun auch dort, wo die Kosten bisher noch bezahlbar waren. In kleineren Städten stiegen die Angebotsmieten inzwischen sogar stärker als in vielen Metropolen.

Gebaut werde vor allem für Reiche, diese könnten sogar Luxusvillen noch von der Steuer absetzen, so die Linksfraktion. Für ernsthaft wirksame Maßnahmen aber, so heißt es dort weiter, "müsste sich Scholz allerdings mal aus den Armen der Immobilienlobby befreien".

AfD will lieber abschieben

Die AfD hält hingegen jede Diskussion über das Wohn- und Mietenproblem für sinnlos und nutzte die "Gipfelshow" für ihre eigene Propaganda der einfachen Lösungen: Nichtdeutsche abschieben, Ende, aus – eine Animation zum Nach-unten-treten, gemischt mit ein bisschen Regierungskritik.

Die Partei hat zwar recht, wenn sie betont, dass jährlich Hunderttausende Flüchtlinge die Wohnungskrise massiv verschärfen. Die verfehlte Bau-, gefährliche Energie-, imperialistische Außen- und praktisch nicht vorhandene Integrationspolitik der Regierung prangert die AfD aber nicht an, obwohl das alles wesentlich zur Wohnungs-, Verarmungs-, Flüchtlings- und Migrationskrise beiträgt.

Gegen eine Politik zum Nachteil der Allerärmsten hat die AfD jedoch offenbar auch dann nichts, wenn sie Deutsche betrifft. Weder von ihrer Fraktion im Bundestag noch im Berliner Senat kam ein Widerwort gegen die Hauptstadt-Regenten hinsichtlich geplanter Kürzungen bei Obdachlosen in der Hauptstadt. Sparen will der Senat nämlich an der Krankenversorgung nicht versicherter Menschen, die auf der Straße leben.

Koalitionsversprechen nicht eingelöst

Im Rückblick hat die Ampel-Koalition ihre Versprechen beim Regierungsantritt hinsichtlich des Wohnungsbaus weit verfehlt. Im vergangenen Jahr wurden von den anvisierten 400.000 neuen Unterkünfte pro Jahr nicht einmal drei Viertel tatsächlich errichtet. In diesem Jahr werden es wohl noch weniger sein. Laut Deutschem Mieterbund fehlen mindestens 700.000 bezahlbare Wohnungen in Deutschland.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sprach Ende vergangenen Jahres von 262.000 Obdachlosen in Deutschland, ohne die Flüchtlinge in Asylunterkünften mitzurechnen. Knapp 40.000 Menschen davon lebten komplett auf der Straße.

Allerdings dürfte die Schätzung der Straßenobdachlosigkeit viel zu niedrig und die Dunkelziffer hoch sein. Seit Jahren beschweren sich immer mehr Kommunen über massiv zunehmende Verelendung in Parks und an Bahnhöfen, auch die Drogenszenen wachsen. Am wirtschaftlichen und politischen System, das den Mehrwert stets nach oben spült, will aber niemand rütteln. Das hat die Regierung mit ihrem Wohnungsbaugipfel nur einmal mehr klargestellt.

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