Von Geworg Mirsajan
Das Oberhaupt des Kiewer Regimes Wladimir Selenskij setzt seine Gastspielreise durch die USA fort. Er ist bereits in den Sälen der UNO aufgetreten. Dort forderte er etwa, Russland nun die Atomwaffen wegzunehmen (interessant, nicht wahr?), er erzählte über Moskaus angebliche Gewohnheit, alle zehn Jahre einen Krieg zu beginnen (und verwechselte dabei Russland mit den USA, allerdings noch untertrieben) und phantasierte über Russlands angebliche Bestrebungen, die halbe Welt zu erobern (auch dabei verwechselte er sich selbst – denn schließlich ist es Selenskij, der glaubt, dass ihm alle etwas schulden – mit Wladimir Putin).
Doch das war alles nur zum Warmlaufen. Jetzt bereitet sich der ukrainische Schauspieler zum nächsten Treffen mit dem US-Präsidenten Joseph Biden und den US-Senatoren am 21. September vor. "Offensichtlich will der in jedem Sinn des Wortes abhängige Bettler seine US-amerikanischen Herren erneut um Geld und Waffen anbetteln", beschrieb die Pressesprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa seine derzeitige Lage.
Und hierbei tauchen zwei Fragen auf: Werden die USA ihm etwas geben? Und wenn ja, in welcher Menge und unter welchen Bedingungen?
Die erste Frage kann als rhetorisch angesehen werden. Zwar sind zahlreiche US-amerikanische Experten, Politiker und sogar Aktivisten zutiefst enttäuscht darüber, wie Wladimir Selenskij das ihm zugeteilte Geld einsetzte. Dabei schickten allein die USA mittlerweile mehr als 100 Milliarden US-Dollar in Form von Geldern, Waffen und Sonstigem.
Es war vorgesehen, mit dieser Hilfe Russland zumindest eine taktische Niederlage am Frontabschnitt Saporoschje zu bereiten oder gar russische Streitkräfte zu zerschlagen und zur Krim oder wenigstens bis zum Asowschen Meer durchzustoßen. Wonach die USA eine Reihe von Prozessen in Gang setzen könnten und versuchen würden, Moskau zu einem Einfrieren des Konflikts zu zwingen, indem sie die russischen Eliten mit einer möglichen Niederlage und den Kreml mit innenpolitischen Unruhen einschüchtern könnten. Doch Wladimir Selenskij schaffte nichts von alledem. Statt eines Durchbruchs zum Asowschen Meer verglühte westliche Technik bereits in den Steppen vor Saporoschje, obendrein ist nun der Ruf der westlichen Waffenproduzenten angeschlagen, und eine riesige Geldmenge ist verschwendet worden. Das Geld stammte übrigens von US-amerikanischen Steuerzahlern – woher auch sonst?
Schließlich bewiesen zahlreiche Korruptionsskandale im Herrschaftsbereich der ukrainischen Regierung, dass bei Weitem nicht alle westliche Technik überhaupt die Front und erst recht nicht alle westlichen Gelder die einfachen Ukrainer erreichten. Und die demonstrativ reumütige Entlassung des Verteidigungsministers Resnikow und fast aller seiner Stellvertreter kürzlich, ausgerechnet im Vorfeld von Selenskijs Tour, wird wohl kaum helfen, die US-amerikanischen Kassenprüfer zu befriedigen.
Man möchte meinen, dass die USA in dieser Lage besser aus dem Konflikt aussteigen sollten, aufhören sollten, Geld zu geben. Stattdessen lieber Selenskij zwingen, sich an einen Verhandlungstisch mit Moskau zu setzen und einen Frieden zu wenigstens für Washington hinnehmbaren Bedingungen zu schließen.
Dennoch wird genau das nicht geschehen, und zwar nicht deshalb, weil der heutige Chef des Kiewer Regimes solche Verhandlungen entschieden ablehnt. Weder die USA am jetzigen geopolitischen Wendepunkt noch Joe Biden persönlich am Start seiner Wiederwahlkampagne können es sich leisten, eine strategische Niederlage in der Ukraine einzugestehen. Und vor dem Hintergrund der westlichen Rhetorik der letzten anderthalb Jahre wird jede Vereinbarung zu Moskaus Bedingungen als strategische Niederlage angesehen werden.
Gerade deshalb müssen die USA nun die Finanzierung des Kiewer Regimes weiter fortsetzen, gerade deswegen müssen sie zumindest noch im nächsten Jahr Waffen zur Rettung von Selenskij liefern. Zu dieser Rettung werden sie sich sogar über bestimmte Normen und eigene Gesetze hinwegsetzen müssen, insbesondere, indem sie dem Kiewer Regime etwa Streumunition liefern und dafür sowohl von Juristen wie auch von einigen ihrer westlichen Partner ernsthaft kritisiert werden.
Also werden sie mit Sicherheit Waffen liefern und Unterstützung gewähren. Die Frage ist nur, in welchem Umfang das noch passiert.
Das Ausbleiben von ukrainischen Erfolgen an der Front und die schwierige soziale und wirtschaftliche Lage innerhalb der USA führen nämlich bereits zu einem rapiden Anstieg der Zahl von Gegnern einer weiteren oder verstärkten Hilfe für das Kiewer Regime. Heute treten bereits mehr als die Hälfte US-Bürger gegen diese Verschwendung auf. Und auch wenn der US-Präsident Biden das noch ignorieren kann, können es manche Mitglieder des US-Kongresses nicht mehr, wenn sie in ihren Regionen zur Wiederwahl antreten wollen.
Gerade um das Gesetz zur Finanzierung der Ukraine durch den US-Kongress zu bringen, ist Biden gezwungen, den Appetit etwas zu mäßigen. Für das kommende Finanzjahr bat er den Kongress um 24 Milliarden US-Dollar, um Kiew gerade noch am Leben zu halten. Das ist viel, allerdings viel weniger, als im derzeit noch laufenden Finanzjahr. Und es ist nicht entschieden, dass diese künftige Summe überhaupt vollständig gewährt wird. Wenn die Mitglieder des US-Kongresses über Bidens bescheidene Zahlen verhandeln, stellen sie zusätzliche Bedingungen auf, wie etwa eine Prüfung der Finanzierung und gesonderte Debatten darüber, wohin wie viel Geld für die Ukraine geht.
Was die Waffen angeht, werden die USA möglicherweise Raketen geben. Aber sie sind nicht bereit, die neuesten Systeme an Kiew zu liefern, denn auch diese würden auf dem Schlachtfeld verbrannt werden. Es wird ein riesiges Desaster anstelle von Werbung sein, denn die Waffen werden diesmal nicht gegen Hirten in Pantoffeln, sondern gegen die reguläre russische Armee eingesetzt. Einige russische Piloten träumen jetzt schon von Sternchen für jede abgeschossene F-16 – sowohl als Emblem am Flugzeugrumpf als auch auf den eigenen Schulterklappen.
Übersetzt aus dem Russischen
Geworg Mirsajan ist außerordentlicher Professor an der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation, Politikwissenschaftler und eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens. Geboren wurde er 1984 in Taschkent. Er machte seinen Abschluss an der Staatlichen Universität in Kuban und promovierte in Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt USA. Er war von 2005 bis 2016 Forscher am Institut für die Vereinigten Staaten und Kanada an der Russischen Akademie der Wissenschaften.
Mehr zum Thema – Polen: "Wir liefern keine Waffen mehr an die Ukraine"