Selenskij droht Europa mit ukrainischen Krawallen

Nach immer aufdringlicheren Bitten um Waffenlieferungen greift der ukrainische Präsident zu offener Erpressung: Sollte der Westen seine militärische Hilfe für Kiew einstellen, könne er sich auf Ausschreitungen ukrainischer Flüchtlinge gefasst machen, droht Wladimir Selenskij.

Von Wladimir Kornilow

Da haben wir was erlebt! Wladimir Selenskij droht Europa direkt mit ukrainischen Krawallen! In seinem jüngsten Interview mit der Zeitung The Economist gab er in Bezug auf seine Verbündeten viele Dummheiten und Unverschämtheiten von sich, doch ich möchte gerade eine bestimmte Passage hervorheben. Sie verdient es, wieder und immer wieder zitiert zu werden.

Auf die Frage, was im Falle einer Kürzung der Militärhilfe an die Ukraine passieren würde, antwortete der Führer des Kiewer Regimes:

"Das wird dem Westen Risiken im eigenen Hinterhof bringen. Es ist unmöglich, vorauszusagen, wie Millionen ukrainischer Flüchtlinge darauf reagieren werden, dass ihr Land fallen gelassen wird. Insgesamt benahmen sich die Ukrainer sehr gut und sind ihren Gastgebern sehr dankbar. Doch es wäre keine schöne Geschichte von Europa, wenn es diese Menschen in die Ecke treiben würde."

Im Grunde sagt Selenskij Europa also: Wenn ihr morgen die Waffenlieferungen stoppt, die für den Tod von Ukrainern sorgen, werden wir einen Aufstand von Millionen unserer Flüchtlinge anzetteln. Echte "Dankbarkeit" nach Kiewer Art!

Ich werde hier nicht einmal darauf eingehen, ob Selenskij irgendeine Macht über oder Einfluss auf diese Menschenmengen hat, die vor seiner "Mobilisierung ins Grab" flohen, und ob er in der Lage ist, Unruhen anzustiften. Allein die zynische Herangehensweise an das Problem verdient, dass dieses Zitat jetzt über alle westlichen sozialen Netzwerke und Medien verbreitet wird. Möge Europa den eigenhändig geschaffenen Götzen und seine Methoden der Einflussnahme auf die Regierungen anderer Staaten bewundern.

Selbstverständlich trifft Selenskij solche Aussagen nicht, weil es ihm zu gut geht. In der Ukraine wurde die Deklaration des G20-Gipfels sehr schmerzhaft aufgefasst. Die Deklaration wurde zu einem Signal: Der Westen ist bereit, die Ukraine fallen zu lassen, wenn es die eigenen Interessen erfordern. Kaum jemand hat diesen Trend übersehen. Der pensionierte britische Oberst Richard Kemp schreibt in der Zeitung The Sunday Telegraph unumwunden:

"Die Zeit läuft der Ukraine davon. Nach 18 Monaten Krieg stellt sich nicht die Frage, ob die westliche Allianz ins Wanken gerät, sondern wann dies passieren wird."

Und da greift Selenskij, nachdem er alle anderen Methoden der Einflussnahme auf den Westen schon versuchte, zum letzten Mittel – zur Erpressung. Womit rechnet er? Möglicherweise hofft er darauf, dass Europa sich vor den Krawallen der Ukrainer erschreckt, sie ausliefert und damit für die Rückkehr von ein paar Tausend Männern sorgt, also potenziellem Kanonenfutter? Doch wenn es den Flüchtlingen gelang, aus der Ukraine nach Europa zu fliehen, werden sie sicher Mittel finden, auch weiter zu fliehen. Und ganz sicher werden sie nicht um Selenskijs willen rebellieren.

Worüber sich Europa aber tatsächlich Gedanken machen sollte, sind nicht die Drohungen des von ihm unterstützten Diktators, sondern reale Gefahren einer Fortsetzung des Krieges an den eigenen Grenzen und einer unvermeidlichen Ausbreitung von Waffen aus der Konfliktzone. Die erste Alarmglocke läutete bereits in Nordirland, wo bei den Anhängern der separatistischen Organisation "Neue Irisch-Republikanische Armee" Granaten gefunden wurden, die aller Wahrscheinlichkeit nach von der Ukraine-Front zu ihr gelangt waren. Je länger sich der Fluss westlicher Waffen an die Ukraine fortsetzen wird, desto öfter werden in den Händen internationaler Terroristen viel ernstere "Spielzeuge" als Granaten auftauchen – Stinger, Javelin, sogar Panzerfahrzeuge. Und dann werden Selenskijs Drohungen über die unsinnige und erbarmungslose ukrainische Rebellion den Europäern wie ein Kinderspiel erscheinen.

Übersetzt aus dem Russischen.

Wladimir Kornilow ist ein sowjetischer, ukrainischer und russischer Politologe, Geschichtswissenschaftler, Journalist, Schriftsteller und gesellschaftlicher Aktivist. Er ist zudem politischer Beobachter bei der russischen Internationalen Nachrichtenagentur Rossija Sewodnja. Der ehemalige Leiter der ukrainischen Filiale des Instituts der GUS-Staaten in Kiew und Leiter des Zentrums für eurasische Studien in Den Haag führt eine Telegram-Kolumne zu aktuellen politischen Nachrichtenanlässen.

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