Von Bernhard Loyen
Die Glaubwürdigkeit bei Spitzenpolitikern und -politikerinnen ist schon ein sehr spezielles Thema. Man(n) und Frau dreht und windet sich, speziell in Wahlkampfzeiten, wenn es eigentlich mehrheitlich darum geht, den gut dotierten Posten auch nach der nervigen Prozedur der ärgerlichen Abhängigkeit von der benötigten Stimme des Bürgers zu überstehen. Glaubwürdige Vollblutpolitiker zu erleben, die sich ihrer ursprünglich angedachten Verantwortung, der Umsetzung der Erwartungen als gewählte "Volksvertreter" zu agieren, ist mittlerweile ein rares Ereignis.
Gekapert wurden die regionalen wie überregionalen Plenarsäle von lebensfernen wie auch unerfahrenen Bürgern zwischen 20 und Ende 30. Eine abgeschlossene Ausbildung vorweisen, wozu? Sehr oft reicht es sogar, ein begonnenes, natürlich nicht beendetes Studium in die Biografie einzupflegen. Der wichtigste Pinocchio-Satz darf nie fehlen: "Ich habe mich schon immer (...) dafür interessiert."
Kennen Sie Ludwig Hartmann? Brauchen Sie auch nicht, das ist der zweite grüne bayerische Spitzenkandidat neben der 38-jährigen Katharina Schulze. Ihr "gemeinsames" Wahlkampfmotto als "Spitzenduo Schulze und Hartmann" lautet allen Ernstes seit dem Mai: "Team-Show statt Solo-Nummer". Auf Bierkrügen steht dann sogar "Team Bayern statt Ego-Show". Frau Schulze liebt jedoch eher die Solo-Show: Sie ist laut, lacht viel und möchte lustig, natürlich und spontan wirken:
Angesichts des laufenden Wahlkampfs in Bayern wenig überraschend, hat sich Schulze am 26. August natürlich auch dem Empörungschor der entsetzten Aiwanger-Kritiker angeschlossen. So schrieb sie auf X/Twitter zum Thema Jugendsünden und "Auschwitz-Pamphlet" (Titel des Artikels der Süddeutschen-Zeitung zur Diskreditierungskampagne von Hubert Aiwanger):
"Dieses Flugblatt verhöhnt die Opfer des Holocausts. Das Gedankengut ist menschenverachtend. Wer so denkt, schreibt und redet zeigt seinen Antisemitismus klar und deutlich. Wenn die Vorwürfe sich bewahrheiten, dann muss Markus Söder Hubert Aiwanger entlassen."
Worin wurzelt diese Wahrnehmung Schulzes? Eine Antwort darauf findet sich auf der Webseite der Obama Foundation. Dort war die regelmäßig überambitioniert wirkende Bayerin im Jahr 2020 virtuelle Teilnehmerin des "Leaders Europe 2020"-Ausbildungskurses. Ziel des sechsmonatigen Stipendiats war es, "aufstrebende Führungskräfte aus ganz Europa zu inspirieren, zu befähigen und miteinander zu verbinden". Zum Abschluss des Programms, so der Foundation-Text informierend, "sprach Präsident Obama mit den Führungskräften über ihre Arbeit zur Veränderung ihrer Gemeinden, Nationen und der Welt".
Bei der Vorstellung Schulzes auf der Webseite der Obama Foundation findet sich der mehr als interessante Satz:
"Katharina lässt sich vom Beispiel der Studentengruppe Weiße Rose inspirieren, die sich dem Nationalsozialismus widersetzte."
In den drei dunklen Jahren der Corona-Krise zeigte Schulze auch ihr anderes Gesicht. In Bezug auf ihre aktuell mehr als wertende Kommentierung der Causa Aiwanger und dem Hinweis von der Webseite der Obama Foundation ist das ein wunderbar exemplarisches Beispiel für politische Doppelmoral.
Einer der nachhaltigen Leitsätze, zitiert von einem Text eines der Flugblätter der Widerstandsgruppe Weiße Rose, lautet:
"Wir schweigen nicht, wir sind Euer böses Gewissen, die Weiße Rose läßt Euch keine Ruhe!"
Hat dieser Satz der Widerstandsgruppe, ihrer vermeintlichen historischen Inspiration, im Hinterkopf Schulzes am 1. Dezember 2021 keinerlei Daueralarmsignale gesendet, als sie an das Rednerpult des Bayerischen Landtags trat? Es folgt ein Zitat aus ihrer Rede:
"Erstens fordern wir eine Verschärfung (!) der Kontaktbeschränkung für ungeimpfte Erwachsene.
Wir möchten, dass im Freistaat Bayern in Zukunft nur noch Treffen zwischen Mitgliedern eines Haushaltes mit maximal einer weiteren erwachsenen Person möglich sind; Kinder werden natürlich nicht mitgezählt.
Zweitens wollen wir, dass der Handel endlich (!!) für Ungeimpfte geschlossen wird: 2G im Einzelhandel, mit Ausnahme der Grundversorgung (...)"
Diese Radikalität in der Wortwahl, diese Härte und Unmenschlichkeit in Aussprache, Mimik und Gestik macht auch gut zwei Jahre später noch sensible Menschen sprachlos:
Dass Schulze sich dabei weiterhin auf die ermordeten Mitglieder der Gruppe "Weiße Rose" beruft, ist an Doppelmoral kaum zu ertragen. Man muss daher potenziellen Wählern der bayerischen Grünen und insbesondere Schulze zurufen:
"Diese Rede verhöhnt und verletzt – noch immer – die Opfer der rein politisch initiierten Corona-Krise. Das Gedankengut Ihrer Rede ist menschenverachtend. Wer so denkt, Texte schreibt und redet, zeigt seinen wahres Gedankengut klar und deutlich."
Schulze fordert vom bayerischen Ministerpräsidenten, sollten sich die jüngsten Vorwürfe bewahrheiten: "... dann muss Markus Söder Hubert Aiwanger entlassen". Besäße Schulze auch nur den Hauch eines politischen und moralischen Gewissens, würde sie sich zuerst vom Inhalt ihrer Rede vom 21. Dezember 2021 nachträglich eindeutig distanzieren. Des Weiteren würde sie sich bei all den Menschen aufrichtig und glaubwürdig entschuldigen, die auch durch Schulzes Wortwahl und ihr muffiges und verachtenswertes Gedankengut diskreditiert und von einem Großteil der Gesellschaft bewusst ausgegrenzt wurden. Ein Rücktritt von politischen Ämtern wäre ein vertretbares Ereignis.
Realistisch betrachtet sind diese Empfehlungen jedoch vollkommen überflüssig, wenn eine Politkarrieristin über Monate dahinschmelzend dem Programm eines nachweislichen Kriegsverbrechers lauscht, um sich als "aufstrebende Führungskraft" vermeintlich "inspirieren zu lassen". Das beeindruckende Ergebnis dieser Fort- und Ausbildung der Obama Foundation zeigte sich im Verlauf der Corona-Krise. Schulze hatte dabei keinerlei Skrupel, wenn es die eigenen dunklen Fantasien bediente und zudem dem Machterhalt dienlich war.
Diese elendige Krux mit der unappetitlichen politischen Doppelmoral ...
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