Von Tom J. Wellbrock
Robert Habeck meint: Künftig wird Deutschland substanziell dazu beitragen, dass Deutschland und auch gleich ganz Europa mit Halbleiterchips versorgt werden. Das kostet zwar, aber von nix kommt nix, wie man so schön sagt. Ein paar Details verschweigt Habeck mal wieder. Oder er kennt sie nicht einmal.
Her mit den kleinen Taiwanesinnen!
Aus der gewünschten Summe von zwölf Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung sind zehn Milliarden weniger geworden, mehr Geld sei nicht da, dozierte Finanzminister Christian Lindner (FDP), der gerade in die Ukraine flog, um Solidarität und – vor allem – jede Menge Geld für den Wiederaufbau und die "westlichen Werte" zu verkünden. Die zehn Milliarden, die der Kindergrundsicherung entzogen wurden, sind für Intel vorgesehen, das ein Werk in Magdeburg plant und dafür üppig belohnt wird. Und weiter geht es mit TSCM, das sich – ebenfalls für rund zehn Milliarden Euro Subventionen – in Dresden ansiedeln will.
Aber sind die kleinen Chips wirklich eine Subvention von zehn Milliarden Euro wert? Habeck ist sich sicher, aber immer, wenn er das ist, sollte man noch einmal nachhaken.
Merkwürdig wird es bereits bei der Frage, woher das Geld für TSMC kommt, nämlich aus dem Klimafonds, der eigens zur Rettung des Klimas angelegt wurde. Nun könnte man sagen, dass dieser Topf der richtige ist, dient doch im weitesten Sinne eine Verlagerung nach Deutschland für die Herstellung von Halbleiterchips über ein paar Ecken dem Klimaschutz. Das sind aber eine ganze Menge Ecken, um die man hier denken muss, denn die Produktion von Halbleiterchips ist sehr energieintensiv, verbraucht Unmengen an Wasser und sorgt für zahlreiche Abfälle. Das Werk steht also genau genommen weder für Klima- noch für Umweltschutz.
Endlich unabhängig?
Dann wäre da noch die Frage der angestrebten Unabhängigkeit von China. Klar, wenn wir unsere Chips selbst herstellen, müssen wir sie nicht aus China kaufen und sind damit einen Schritt weiter zur deutschen Insel des Wohlstands ohne Kontaktschuld oder -angst.
Nur ist auch das zu kurz gedacht. Denn es hilft wenig, wenn Deutschland zwar seine eigenen Halbleiterchips produzieren kann, aber nach wie vor auf Rohstoffe, Maschinen, unterschiedliche Zuliefererprodukte und Seltene Erden aus Asien angewiesen ist.
Man kann es drehen und wenden, wie man will, Deutschland ist ein in diesem Zusammenhang eher rohstoffarmes Land, eine oder zwei Fabriken für Chips ändern daran nichts.
Und die Arbeitsplätze?
Tausende neue Arbeitsplätze in Dresden und Magdeburg, das ist ein gutes Argument, an dem kein Weg vorbeiführt, könnte man sagen. Tut mir sehr leid, aber auch dieses Argument zündet nicht so richtig. Denn wir sprechen hier von Facharbeitern, die hochqualifiziert sind und ohnehin in vielen Bereichen gesucht werden. Die Chipunternehmen werden also schon etwas bieten müssen, wenn sie ihre Arbeitsplätze auch wirklich besetzen wollen.
Und damit entsteht ein neues Problem. Schließlich hat TSCM hier mehr Möglichkeiten als andere Unternehmen. Dank der hohen Subvention können auch attraktive Arbeitsplätze geboten werden, was auf den ersten Blick durchaus erstrebenswert erscheint. Man muss aber berücksichtigen, dass es in Deutschland viele andere Unternehmen gibt – Mittelständler oder auch Start-ups –, die in ähnlichen Bereichen arbeiten und ebenfalls entsprechende Arbeitnehmer brauchen. Durch die subventionierten Arbeitsplätze in den Chipfabriken werden diese heimischen Unternehmen aller Voraussicht nach dem Konkurrenzdruck erliegen.
Substanzielle Versorgung mit Halbleiterchips?
Sicher, TSCM gehört zu den größten Herstellern für Halbleiterchips, allerdings betreibt das Unternehmen selbst keine Forschung, es produziert lediglich, wenn auch auf einem hohen Niveau. Doch genau dieses Niveau wird bei der Produktion in Deutschland keine Rolle spielen.
Denn die Technologie, die in Dresden ansiedelt, ist alles andere als neu. Die Strukturbreiten der Chips bewegen sich im Bereich von 28 Nanometern und sind somit auf dem Stand des Jahres 2010. Aktuell sind drei Nanometer möglich, der große Wurf im Bereich von Hightech-Anwendungen – etwa auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz – wird also nicht erreicht.
Man kann sagen, dass Habeck einmal mehr wichtige Aspekte für die Subvention nicht bedacht oder bewusst ausgelassen hat. Aber wer Wirtschaftspolitik so gestaltet wie das Schreiben eines Kinderbuchs – mit viel Fantasie und ohne Kontakt zur Realität –, landet am Ende eben in einer Traumwelt.
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Texter, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen.
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