Von Wladimir Kornilow
Vor einhundert Jahren, am 1. August 1923, verabschiedeten das Gesamtukrainische Exekutivkomitee und der Rat der Volkskommissare der Ukrainischen SSR (Sozialistische Sowjetrepublik) eine gemeinsame Resolution über den Beginn des Prozesses der Ukrainisierung. Deren Titel "Über die Maßnahmen zur Gewährleistung der Gleichstellung der Sprachen und zur Förderung der Entwicklung der ukrainischen Sprache" klang zunächst recht positiv.
Auf den ersten Blick schien es, als gäbe es nichts zu befürchten – schließlich ging es um "Gleichberechtigung". Aber buchstäblich in den allerersten Absätzen dieses Dekrets wurde eine Diskriminierung des Russischen etabliert, das die wichtigste – und sogar einzige – Sprache für einen bedeutenden Teil der Gebiete des südlichen Russischen Reiches war.
In dem Dekret hieß es: "Die ukrainische Sprache wird zur vorherrschenden Sprache für den offiziellen amtlichen Verkehr gewählt." Das Dekret verbot die Beschäftigung von Personen, die der ukrainischen Sprache nicht mächtig waren, in staatlichen und sowjetischen Institutionen. Für den russischsprachigen Donbass war das eine Katastrophe, wo ukrainischsprachige Menschen kaum zu finden waren. Manche werden jetzt entgegnen: "Verständlich, die Sowjetrepublik hieß ja Ukraine, deshalb wurden diese Bestimmungen erlassen." Aber der Punkt ist, dass diese russischen Gebiete erst wenige Jahre vor diesem Dekret zu einem Teil der Ukraine erklärt wurden.
Es ist kein Zufall, dass der russische Präsident Wladimir Putin in seinen Kommentaren zur Natur des Konflikts im Donbass wiederholt darauf hingewiesen hat, wie diese Region Teil der Ukrainischen SSR wurde: "Wir mussten uns ansehen, was im Südosten passiert, im Donbass, der sich ursprünglich, selbst als die Sowjetunion zwischen 1922 und 1924 gegründet wurde, als nichts anderes als einen Teil Russlands verstand. Aber Lenin und seine Mitstreiter drängten den Donbass mit Gewalt in dieses Konstrukt Ukraine. Sie schufen ein Land, das es noch nie zuvor gegeben hatte und sie zwängten historische russische Territorien in dieses Land, mit einem Volk, das von niemandem gefragt wurde, wie und wo es leben will."
Als Historiker, der sich mit dieser Periode der russischen Geschichte befasst und diesen Prozess im Detail untersucht hat, möchte ich hinzufügen: Als der Donbass gezwungen wurde, Teil der Ukrainischen SSR zu werden, wurde feierlich versprochen, dass die Frage der Sprache nicht angetastet wird. Ich habe in Archiven die Originale – auch handschriftliche – von Dokumenten ausgegraben, in denen die Kiewer Nationalbolschewiki, die das Volk im Donbass 1918 davon überzeugen konnten, keine eigene Donezker Sowjetrepublik zu gründen, schworen, dass die Ukrainische SSR nicht auf der Grundlage von Nationalität gebildet würde. Doch nachdem diese Region "gewaltsam" eingegliedert wurde, gerieten all diese Versprechen sehr bald in Vergessenheit.
Dies wurde zu einer Tragödie für die russischen Gebiete Donbass und Noworossija. Massenhaft wurden Menschen aus ihren Jobs entlassen, weil sie sich weigerten, die ukrainische Sprache anzunehmen. Auch strafrechtlichen Repressalien waren sie ausgesetzt. Innerhalb von nur zehn Jahren wurden Schulen und Universitäten im Donbass zwangsweise ukrainisiert. Im russischsprachigen Makejewka gab es im Schuljahr 1932/33 in den Grundschulen keine einzige russische Klasse mehr. Bis 1933 waren alle russischen pädagogischen Fachschulen im Donbass geschlossen – es gab keinen Ort, an dem man russischsprachige Lehrer ausbilden konnte.
Obwohl Mitte der 1930er-Jahre der Prozess der totalen, brutalen Ukrainisierung verlangsamt und sogar ein wenig zurückgenommen wurde, kann man nicht sagen, dass er gänzlich gestoppt wurde. Bereits im Januar 1941 berichteten die Partei-Organe im Donbass über das "unzureichende Tempo bei der Ukrainisierung". Und mit der Ankunft der deutschen Wehrmacht kamen auch die ideologischen Diener der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) – einer radikalen nationalistischen Gruppierung, die mit den Faschisten von Adolf Hitler kollaborierte und bei der Durchführung des Holocaust behilflich war. Sie waren die Ersten, die ein Verbot der russischen Sprache forderten. Es folgte Welle auf Welle von Maßnahmen, alles Russische in den russischsprachigen Gebieten zu verbieten.
Letztlich mussten die Bewohner des Donbass im Jahr 2014 zu den Waffen greifen, um ihr natürliches Recht zu verteidigen – das Recht, ihre Kinder in der eigenen Muttersprache zu unterrichten. Diese Tatsache, dass es ein ganzes Jahrhundert gedauert hat, um einen historischen Fehler zu korrigieren, eine riesige Region in ihre ursprüngliche Heimat zurückzuführen und ihr das Recht zu garantieren, die eigene Muttersprache frei sprechen zu dürfen, gibt zu denken.
Deshalb ist es wichtig, sich daran zu erinnern, wie das alles begann. Auch um nicht wieder in die gleiche Grube zu fallen und damit nicht erneut kurzfristige taktische Maßnahmen, wie damals jene von Lenin, den Vorrang vor den Grundsätzen der russischen Staatsstruktur und der Zukunft dieses Landes bekommen.
Dieser Artikel wurde zuvor im Telegram-Kanal "Spezial für RT" in russischer Sprache veröffentlicht.
Aus dem in Englischen.
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