Von Rachel Marsden
Raten Sie mal, wer eine neue Auszeichnung gewonnen und überreicht bekommen hat, die ganz bescheiden mit dem Friedensnobelpreis verglichen wird.
Wenn Sie noch nie von der gemeinnützigen Organisation World Law Foundation gehört haben, so sei es Ihnen verziehen. Doch obwohl es diese Organisation erst seit 2019 gibt, hat sie bereits eine Auszeichnung ins Leben gerufen, die von der westlichen Presse als nichts weniger als das "rechtmäßige Äquivalent" der weltweit höchsten Auszeichnung für Friedensförderung bezeichnet wird.
Ich frage mich, wo die Medien diese Idee herhaben, wenn nicht von der Organisation selbst. Kann irgendein Normalo einfach eine Denkfabrik gründen und sich selbst die Verantwortung für eine Auszeichnung übertragen, die er dann als die neueste Version des Friedensnobelpreises präsentiert? Viel Glück damit. Es sei denn natürlich, der Vorstand dieser Denkfabrik ist bis auf den letzten Stuhl mit Schwergewichten aus dem Establishment besetzt.
Vor ein paar Tagen versammelten sich die bescheidenen Leute hinter der World Law Foundation bei den Vereinten Nationen in New York zum World Law Congress. Einer der großen Punkte auf der Tagesordnung war die Übergabe der diesjährigen Auszeichnung für Frieden und Freiheit an niemand geringeren als die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, die nicht gewählte, aber de facto Königin der EU, die im Namen ihrer Kommission die Auszeichnung entgegennahm.
Wow! Das habe ich nicht kommen sehen. Schon gar nicht, weil ein ehemaliger EU-Kommissar der Vizepräsident des Vorstands der Stiftung ist, zu dem auch ehemalige polnische und französische Premierminister, ehemalige slowenische und lettische Präsidenten, ein ehemaliger EU-Vizepräsident und verschiedene Wirtschaftsvertreter, Akademiker und Juristen des westlichen Establishments gehören.
Man müsste meinen, dass die durch von der Leyen geführte EU-Kommission ein eher umstrittener Kandidat für einen Friedenspreis gewesen wäre, wenn man bedenkt, dass sich die Kommission stets unbeirrt auf die Seite des militärischen Interventionismus von Washington gestellt hat oder zumindest wenig bis gar nichts unternahm, um diesem Interventionismus Einhalt zu gebieten. Im Gegenteil: Sie hat im Rahmen des Regimewechsels in Libyen sogar eine Vorreiterrolle gespielt. Zuletzt hatte die EU zu einem Zeitpunkt die Chance, den Konflikt in der Ukraine zu beenden, als dieser noch gar nicht eskaliert war. Brüssel hätte bloß die Einhaltung der Minsker Vereinbarungen durch Kiew fordern und die Bewaffnung und Ausbildung von antirussischer Soldateska durch den Westen an der Grenze zu Russland ablehnen müssen.
"Zum ersten Mal überhaupt wird die Europäische Union den Kauf und die Lieferung von Waffen und anderer Ausrüstung für ein angegriffenes Land finanzieren",
verkündete von der Leyen vergangenes Jahr und nannte das "eine Zeitenwende". Wissen Sie, was sonst noch eine Zeitenwende ist? Die Verleihung eines Friedenspreises an jemanden, der auf einen bewaffneten Konflikt reflexartig damit reagierte, das Kriegsgebiet mit noch mehr Waffen zu überfluten. Andererseits ist der Friedensnobelpreis vielleicht tatsächlich das passende Äquivalent, da dieser vorzeitig an den ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama verliehen wurde, noch bevor er Bombenangriffe auf Afrika und den Nahen Osten anordnen konnte. Von der Leyen verkörpert anscheinend auch den Inbegriff der Freiheit. Oder sie ist zumindest deren beste Inkarnation, die diese Stiftung finden konnte. Gegen wen musste sie überhaupt um Freiheit kämpfen?
"Wir werden diesen Monat eine Gesetzesvorlage für einen Digitalen Grünen Pass vorlegen", twitterte von der Leyen im März 2021. "Der Digitale Grüne Pass soll das Leben der Europäer erleichtern. Ziel ist es, ihnen schrittweise eine sichere Fortbewegung innerhalb der Europäischen Union oder im Ausland zu ermöglichen – sei es für die Arbeit oder für den Tourismus."
Den Teil darüber, dass den Europäern das Grundrecht auf Zugang zu alltäglichen Veranstaltungsorten, auf Reisen, auf Arbeit und auf die Teilnahme an Versammlungen per Knopfdruck verweigert werden könnte, hat sie bequemerweise ausgelassen – und das alles nur, weil viele sich gegen eine Impfung entschieden haben, die weder die Übertragung noch die Ansteckung eines überwiegend nicht tödlichen Virus verhindern kann. Wir reden über dieselbe Plörre großer Pharmakonzerne, über die von der Leyen immer noch nicht vor einem Untersuchungsausschuss der EU Rede und Antwort gestanden und immer noch nicht die privaten SMS mit dem CEO von Pfizer übergeben hat, die sie mit ihm austauschte, als sie im Namen der EU einen Deal mit dem Konzern abschloss.
Von der Leyen war in dieser Angelegenheit ungefähr so offen und ehrlich, wie sie und die EU-Kommission es gegenüber Medienplattformen und Narrativen sind, von denen die Gefahr ausgeht, dass sie das Dogma des Establishments in Frage stellen, indem sie von oben herab Zensur und Gesetze erlassen, die auf Ebene der Nationalstaaten jedes ordnungsgemäße Verfahren außer Kraft setzen.
Nachdem sich die Stiftung also die Frage gestellt hatte, wer ein würdiger Empfänger dieses globalen Freiheits- und Friedenspreises sein könnte, nachdem man sich in der Folge eine nicht gewählte EU-Bürokratie ausgedacht hatte, die Europa noch tiefer in bewaffnete Konflikte zieht, mittels Zensur in die intellektuelle Dunkelheit und durch Inflation in die Armut treibt, wandten sich die Leute bei der Stiftung wohl der Frage zu, wer der Moderator der Veranstaltung und Übergeber der Auszeichnung sein könnte. Diese Hüter des Weltfriedens und der Freiheit fragten sich offenbar: "Wen könnten wir dazu bringen, das zu präsentieren, was Freiheit und Frieden verkörpert?"
"Hey! Wie wäre es mit dem Kerl aus Kanada, der die Niederschlagung des Freedom Convoy der Lastwagenfahrer anordnete, dessen Land dabei half, die Neonazis von Asow auszubilden, um Krieg gegen Russland zu führen, und der dann versuchte, es vor der Presse zu verheimlichen, um Peinlichkeiten zu vermeiden?"
Es betritt die Bühne: der kanadische Premierminister Justin Trudeau. Nichts zeugt so sehr von Freiheit wie die Ausrufung eines kriegsrechtlichen Vorgehens gegen eine Gruppe hupender Trucker, die gegen die autoritären COVID-Vorschriften von Trudeau und die damit geförderte Zweiklassengesellschaft sowie die anschließende Sperrung ihrer Bankkonten als Strafmaßnahme protestierten.
"Nach dem Brexit fragten sich viele, ob die EU weiterhin stark bleiben würde. Der Euroskeptizismus nahm zusehends zu, während Protektionismus und Autoritarismus immer vorherrschender wurden",
sagte Trudeau in seiner Laudatio – vermutlich als frisch gebackene Autorität auf dem Gebiet des Autoritarismus, nachdem er sich erst kürzlich selbst darin betätigt hatte.
"Als Slogans wie 'America First' lauter wurden, hielten sowohl Kanada als auch Europa an der Überzeugung fest, dass Wachstum nicht dadurch entsteht, dass man Mauern errichtet und sich nach innen wendet", sagte der kanadische Premierminister weiter.
Tatsächlich singt niemand das Lied von "America First" lauter als Kanada und Europa, die blindlings der in Washington festgelegten Agenda – von der Ukraine über den Gender-Wahn bis hin zur Klimapolitik – folgen, selbst wenn all dies zum Nachteil der Interessen ihrer eigenen Bürger geschieht.
Wenn die EU und Kanada in aktuellen Schlüsselfragen von globaler Tragweite, Washington unmissverständlich die Stirn geboten hätten, wäre die Welt heute ein viel besserer Ort, an erster Stelle für die eigenen Bürger. Und sie müssten nicht herumlaufen, dabei in ihr Horn blasen und eine große Sache daraus machen, dass ein kriecherisches Establishment auch auf der Weltbühne ihren Bürgern eine Ohrfeige anbietet.
Übersetzt aus dem Englischen.
Rachel Marsden ist eine Kolumnistin, politische Strategin und Moderatorin eines unabhängig produzierten französischsprachigen Programms, das auf Sputnik France ausgestrahlt wird. Ihre Webseite findet man auf rachelmarsden.com
Mehr zum Thema – Gegen die Schande und das Verbrechen deutscher Kriegsbeteiligung: Beiträge zum Frieden mit Russland