Von Dagmar Henn
Ein beliebtes Restaurant in Kramatorsk sei Ziel eines russischen Raketenangriffs geworden, so die Tagesschau. "Ein Lokal, das bei Journalisten und Militärangehörigen beliebt war." Damit wird in der Tagesschau ein weiteres kleines Detail verborgen, das in anderen Berichten zu finden ist – es geht um ausländische Journalisten. Ausländische Journalisten und ukrainische Soldaten? Das ist die interessante Frage.
Der geht man aber in Deutschland nicht nach, weil die Meldung, da sei ein Café mit Zivilisten angegriffen worden, viel zu nützlich ist. Im Internet kursieren aber Aufnahmen, die Anderes vermuten lassen. Eines davon hat interessanterweise der ukrainische Innenminister Anton Geraschtschenko selbst geteilt; offenbar in der Annahme, niemand würde die Sprache bemerken, die in diesem Video gesprochen wird. Man achte insbesondere auf die Tätowierung auf dem Arm des Mannes, der am Anfang den Verletzten versorgt.
Kramatorsk, das das ukrainische Kommando für den Donbass beherbergt und vor der ukrainischen Besetzung 2014 eines der Zentren des Aufstands im Donbass war, ist allerdings wahrhaftig kein touristisches Ziel. Also rief die Anzahl englischsprachiger Personen die russischen Blogger auf den Plan, die anfingen, über das Lokal und seine Gäste zu recherchieren. Und die Tätowierung auf dem Arm, die zu Beginn des von Geraschtschenko geteilten Videos zu sehen ist, verweist auf eine US-Militäreinheit; das dritte Ranger-Bataillon des 75. Regiments der US-Armee, einer Eliteeinheit (Die Texte der Telegram-Posts sind nur auszugsweise übersetzt).
Das mag ja noch nichts besagen. Aber es gibt mehr als eine Person in den Videos, die Englisch spricht, und es gibt ein Video, in dem explizit gesagt wird, unter den Trümmern befänden sich noch viele Soldaten.
Zwei weitere Personen, die sich danach zu Wort meldeten, sie wären oft in diesem Lokal gewesen, sind ebenfalls seltsam. Der Blogger Wladislaw Posdnjakow untersuchte sie genauer.
"'Jesus Christus, hier haben wir immer zu Abend gegessen' schreibt ein Söldner namens Alex Gallant auf seiner Seite, und zeigt die Konsequenzen des Einschlags in Kramatorsk. 'Warum wurde auf uns geschossen?' Alex und sein Freund Levi stellen ihre Aktivitäten zwar als humanitär dar, aber das ist nicht wirklich, was sie tun. In Bild 5 zeigt Levy dem ukrainischen Militär, wie sie schießen sollen (und eine ukrainische Freiwillige kommentiert das aktiv)."
Bei jenen Aufnahmen des Cafés, die Minuten nach dem Einschlag der Rakete gemacht wurden, sind entlang der Straße Fahrzeuge geparkt, die eindeutig zur ukrainischen Armee gehören. Aber da ist noch mehr. Das Lokal gehörte zu einem Hotel. Ein weiterer Blogger berichtet, es sei bereits im September 2022 zum Ziel eines Angriffs geworden.
"Der Angriff richtete sich gegen den Einsatzort ausländischer Söldner, die im Hotel in Kramatorsk wohnten und im Cafè des Hotels essen gingen. Buchungsdienste bestätigen, dass das Hotel für zivile Buchungen geschlossen war. … Nach Angabe russischer Kriegsreporter leben in dem Hotel Söldner wie auch Offiziere der ukrainischen Armee. Später wurde diese Information im Netz bestätigt."
Einer der Accounts, die in diesem Telegram-Post gezeigt werden, bestätigt, dass der Angriff genau zu der Zeit erfolgte, an dem die Söldner gewöhnlich dort zu Abend essen. Ein weiterer Punkt spricht nach dem Autor für diese Vermutung: der Krankenwagen, der sichtbar ist, ist ein Krankenwagen der ukrainischen Armee. Für Zivilisten rücken diese Fahrzeuge nicht an.
Ist es unwahrscheinlich, dass sich eine Truppe von Söldnern im gleichen Lokal befindet wie ausländische Journalisten? Überhaupt nicht, weil die Zahl der Lokale, in denen man sich auf Englisch verständigen kann, in Kramatorsk begrenzt sein dürfte. Außerdem dürfte ihnen die Nähe von Söldnern, mit denen sie sich verständigen können, ein größeres Gefühl von Sicherheit geben, und sowohl ausländische Journalisten als auch ausländische Söldner finden sich selten in einfachen Lokalen. Kramatorsk hatte zu Friedenszeiten 160.000 Einwohner; also gibt es vielleicht ein, zwei Lokale, die von beiden Gruppen frequentiert werden.
Sind tatsächlich Kinder bei dem Angriff ums Leben gekommen? Die Quelle dafür sind ukrainische Behörden, die natürlich ein starkes Interesse daran haben, die Anwesenheit von Söldnern zu verbergen und um westliches Mitgefühl zu werben. Was nicht ganz gelingt, denn ein ehemaliger Angehöriger des dritten Ranger-Bataillons wird sich kaum in ein Kriegsgebiet begeben, um Naturschönheiten zu betrachten, und bei den beiden anderen "humanitären Helfern" ist die wirkliche Tätigkeit dokumentiert.
Das beweist natürlich noch nicht, dass in dem Lokal zu diesem Zeitpunkt tatsächlich vor allem Söldner saßen, ebenso wenig, wie die Aussagen des ukrainischen Innenministers etwas beweisen. Aber wenn dieses Lokal zu einem Hotel gehörte, das mit Söldnern belegt ist, und diese dort auch die Mahlzeiten einnahmen, dann macht das Hotel und Lokal zu einem legitimen militärischen Ziel. Mehr noch, aus russischer Sicht sogar zu einem besonders wichtigen Ziel. Schließlich ist noch nicht einmal gesichert, dass alle Söldner tatsächlich solche sind, und nicht von NATO-Armeen, denen sie angehören, dorthin geschickt wurden, und dieses Personal ins Visier zu nehmen ist eine der wenigen Möglichkeiten, den westlichen Appetit an der Eskalation etwas zu zügeln.
Natürlich ist es traurig, wenn auch Unbeteiligte betroffen sind; aber die beste Möglichkeit, das zu verhindern, besteht nicht darin, Russland gegenüber noch weiter Stimmung zu machen und noch mehr Waffen in die Ukraine zu schicken, sondern darin, die Unterstützung für diesen Krieg zu beenden, wenn man schon nicht im Stande war, die Minsker Vereinbarungen umzusetzen. Bei jedem einzelnen Vorfall müsste man eigentlich an die vielen Möglichkeiten erinnern, die der Westen gehabt hätte, ein friedliches Ende zuzulassen; zuletzt im vergangenen März. Solange diese Punkte nicht klar sind, sind alle rührenden Berichte kein Mitgefühl, sondern pure Heuchelei.
Auf jeden Fall ist die Berichterstattung, die eilfertig die Möglichkeit eines legitimen militärischen Ziels vom Tisch wischt, voreilig und oberflächlich. Der Beitrag der Tagesschau kann geradezu als Muster dienen. Es wird zwar Dmitri Peskow mit der Aussage zitiert, Russland greife nur militärische Ziele an, aber davor steht ein Zitat eines ukrainischen Staatsanwalts und danach des ukrainischen Präsidenten, die beide, was nicht überrascht, von russischem Terror sprechen. Es gibt nicht einmal den Versuch einer Überprüfung, wer dieses Lokal frequentiert hat.
Dafür wird als Bonus ein Beitrag zu Kramatorsk aus dem vergangenen Jahr verlinkt, vom Einschlag einer Totschka-U-Rakete beim Kramatorsker Bahnhof, der mit allen Tricks versuchte, den Einsatz dieser von Russland längst außer Dienst gestellten Rakete doch irgendwie den Russen in die Schuhe zu schieben. Was nur deshalb versucht werden konnte, weil in Deutschland nur die Wenigsten wissen, dass diese Raketen ziemlich häufig von der ukrainischen Armee auf die Donbass-Städte abgeschossen wurden.
Möglich, dass sich in den nächsten Tagen noch mehr dieser Glücksritter auf Telegram oder Instagram melden und ihre Anwesenheit in diesem Lokal bekunden. Dann würde sich die Waage noch weiter in die Richtung der Annahme neigen, dass es sich um ein legitimes militärisches Ziel handelte. Das wird allerdings leider die deutschen Medien nicht davon abhalten, sich ein weiteres vermeintliches Kriegsverbrechen zu basteln.
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