Von Tom J. Wellbrock
In einem gemeinsamen Positionspapier haben sich CDU, SPD, SSW, Grüne und FDP darauf verständigt, der AfD das Leben maximal zu erschweren. In jenem Papier raten die Vorsitzenden der genannten Parteien bezüglich der Konstituierung von Kommunalparlamenten immer einen gemeinsamen Weg zu gehen.
Konkret heißt das, dass bei der Besetzung von Gremien sowie bei Abstimmungen ein gemeinsames Vorgehen besprochen, festgelegt und praktiziert werden soll. Und die Parteichefs gehen noch weiter. Sie empfehlen, keine Mitglieder der AfD in führende Positionen zu wählen. Gemeint sind damit Funktionen wie die des Kreispräsidenten, Bürgervorstehers und Bürgermeisters, einschließlich deren jeweiliger Stellvertreterposten. Selbst die Ämter der Ausschussvorsitzenden und ihrer Stellvertreter sollen nicht von AfD-Mitgliedern besetzt werden.
Einmischung von oben
An der Parteibasen sind jedoch nicht alle begeistert von der Idee und dem Positionspapier. Wohl auch deshalb haben die genannten Parteien wohlweislich angeboten, für rechtliche Fragen zur Verfügung zu stehen (sicher interessant, um einmal genauer in Augenschein genommen zu werden). Allerdings sehen an der Basis Parteimitglieder der unterschiedlichen Parteien ein anderes Problem: Sie empfinden die neue Praxis als Anweisung und somit als Einmischung durch die Vorsitzenden. Fehlt nur noch eine Gruppe, die von diesem Positionspapier betroffen ist: die Wähler.
Ein Schuss ins Herz der Demokratie
Jeder einzelne Wähler der AfD könnte und sollte dieses Positionspapier als persönlichen Angriff werten. Denn seine Stimme wird mit dieser Entscheidung als wertlos, ja, sogar für überflüssig und falsch erklärt. Es ist also ein kollektiver Schritt gegen den Teil der Bevölkerung in Schleswig-Holstein, der sich bei der letzten Wahl für die AfD entschieden hat.
Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Die AfD ist eine demokratische Partei, die für jede Stimme, die sie erhalten hat, Wahlkampf betrieben hat, genauso wie alle anderen Parteien auch. Das Verhalten der anderen Parteien muss man auf der einen Seite als infantiles Gebrabbel einordnen. Auf der anderen Seite aber ist es ein Schuss direkt ins Herz der Demokratie und gleichermaßen in das jedes einzelnen Wählers der AfD.
Die Eine-Million-Euro-Frage lautet nun: Merken die Akteure nicht, dass sie zutiefst undemokratisch handeln und Teilen der Bevölkerung herablassend ihre Missachtung zeigen? Oder ist es ihnen schlicht vollkommen wurscht?
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Texter, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen.