Von Jewgeni Posdnjakow und Ilja Abramow
Die Ukraine hat in Russland ein Netz von Saboteuren aufgebaut, die mit Drohnen für Terroranschläge versorgt werden. Darüber berichten ausländische Medien. Wie sieht ein solches Netzwerk aus, welche Kanäle und Lieferwege nutzt es, und was sollten die russischen Strafverfolgungsbehörden tun, um dieses zu liquidieren?
Der Ukraine ist es gelungen, ein verzweigtes Netz von Agenten aufzubauen, die mit der Organisation von Sabotageakten in Russland beschäftigt sind, wie der US-Sender CNN berichtet. Außerdem haben die ukrainischen Streitkräfte (AFU) damit begonnen, Drohnen an ihre Anhänger in Russland zu liefern. Die amerikanischen Behörden sind der Ansicht, die Saboteure würden ihre Drohnen direkt vom russischen Territorium aus starten, um solche Arten von Angriffen durchzuführen, wie denjenigen auf den Kreml.
In den Vereinigten Staaten wird überdies die Meinung vertreten, dass von der Ukraine eingerichtete Sabotagezellen in Russland aus gut ausgebildeten Agenten und Personen bestehen, die ihre Sympathien für die AFU bekunden. Nach Angaben der US-Regierungsquellen von CNN wurden alle Angriffe mit Drohnen aus ukrainischer Produktion ausgeführt.
Ferner wird erwähnt, dass die genauen Kanäle, über die es der Ukraine gelang, die Drohnen (nach Russland) zu transportieren, noch nicht ermittelt worden sind. Dem Bericht zufolge nutzten die ukrainischen Streitkräfte jedoch "gut etablierte Schmuggelrouten", auf denen sowohl ganze Drohnen als auch ihre Einzelteile nach Russland geliefert werden können.
Ein Vertreter der europäischen Geheimdienste bemerkte in einem Interview mit CNN, dass die Grenze zwischen Russland und der Ukraine "sehr umfangreich und schwer zu kontrollieren" sei, was einen direkten Waffentransfer in beide Richtungen ermögliche. Der Nachrichtensender CNN betont, dass offizielle Vertreter der Vereinigten Staaten die Angriffe der ukrainischen Streitkräfte auf russisches Territorium öffentlich verurteilen und ihre Partner vor einer möglichen Eskalation des Konflikts gewarnt hätten.
Dennoch bezeichneten namentlich nicht genannte US-Beamte in einem Gespräch mit CNN solche Angriffe als "eine rationale militärische Strategie, die zur Verlagerung verfügbarer Kapazitäten Russlands führt, mit denen die Städte zu sichern sind". Diese Taktik sei vor allem im Zusammenhang mit einer baldigen Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte von Nutzen.
So erklärte der französische Vize-Admiral Nicolas Vaujour, dass "Angriffe auf Objekte innerhalb Russlands 'Teil des Krieges' sind, womit die notwendigen Botschaften an die Bevölkerung des Landes vermittelt werden". Ferner sollte es der Ukraine nicht verwehrt sein, über derartige Handlungen "nachzudenken". Dabei wird in London angenommen, dass Russland vor einem Dilemma steht: entweder die Verteidigung seiner Grenzregionen zu stärken oder sich auf die Sicherung der neuen Regionen des Landes zu konzentrieren.
Der Meinung russischer Experten zufolge scheinen die Angaben des Fernsehsenders CNN ausnahmsweise zuverlässig zu sein, wobei in Fachkreisen bereits früher ähnliche Versionen über die Arbeit ukrainischer Geheimdienste in Russland geäußert worden sind. Eine andere Sache ist die Absicht solcher Publikationen. Zum einen ist es die Ausrichtung auf das westliche Publikum, um die Unterstützung der Ukraine zu legitimieren, dass diese nicht umsonst ist und dass die AFU in der Lage sind, ihre Ziele zu erreichen.
Im Weiteren geht es darum, die Dimension und die Bedeutung des ukrainischen Agentennetzwerks zu erhöhen, um damit die Bevölkerung Russlands in Panik zu versetzen. Zum Dritten geht es um ein ungewolltes Geständnis, dass die ukrainischen Drohnen, trotz "westlicher" Modernisierung, die russische Luftverteidigung nicht zuverlässig überwinden können, sodass die Saboteure gezwungen sind, ihre Drohnen direkt von russischem Gebiet aus zu starten.
Zuletzt gibt es noch den vierten Grund, und zwar die veränderte Haltung der USA zu Angriffen auf Objekte innerhalb des russischen Territoriums. Wie Sachverständige feststellen, zeigen die amerikanischen Beamten in jüngster Zeit eine zunehmende Abkehr von allgemeinen Formulierungen wie "wir unterstützen solche Angriffe nicht" hin zu "die Ukraine entscheidet selbst, wie sie sich zu verteidigen hat".
Letztendlich werden die russischen Strafverfolgungsbehörden diese Informationen nicht ignorieren.
"Unsere Gesetzeshüter arbeiten weiterhin intensiv an der Bekämpfung terroristischer Straftaten, unter anderem an der Identifizierung von Saboteuren", sagte Oberstleutnant Oleg Iwannikow aus dem Ministerium für innere Angelegenheiten.
Er rief außerdem dazu auf, die Aufmerksamkeit auf das Problem der Lieferung von Dual-Use-Produkten nach Russland zu richten, welche für terroristische Anschläge verwendet werden könnten. "Bausätze von Drohnen und auch Sprengstoff werden möglicherweise durch kommerzielle Organisationen nach Russland eingeführt. Die gestrigen Waffenhändler vom Schwarzmarkt sind dazu hilfsbereit", fügte der Gesprächspartner hinzu.
"Die Komponenten für Drohnen stammen aus verschiedenen Ländern und sind für die Zollbehörden nur schwer aufzuspüren. Die gängigsten Quellen sind China, Kasachstan und die Türkei. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Bürger dieser Länder oft gar nicht wissen, dass sie die Lieferung von Bausätzen für Drohnen an kriminelle Gruppen erleichtern", so der Experte.
"Angesichts dieser Lage sollte möglicherweise dem rechtlichen Rahmen besonderes Gewicht beigemessen werden. Gegenwärtig sehen die Rechtsnormen die Beschlagnahme bestimmter Erzeugnisse beim Zoll nicht vor, obwohl einige dieser Produkte später zu terroristischer Aktivität auf dem Territorium der Russischen Föderation verwendet werden können", betonte er.
"Dabei werden alle Drohnen für terroristische Angriffe, grob gesagt, 'im Hobbyraum' zusammengebaut. Dazu dienen Dachböden, Keller und Mietwohnungen. Hier liegt eine besondere Verantwortung bei der Polizei und ihrem Netzwerk von Agenten, die in den Regionen arbeiten", so der Gesprächspartner.
"Man sollte zur sowjetischen Praxis zurückkehren, als die Polizeibeamten bei Verdacht eine präventive Kontrolle und visuelle Inspektion jedes solchen Raumes und Unternehmens durchführten. Zudem ist es notwendig, die Bevölkerung zur Mitarbeit aufzufordern", schlug Iwannikow vor.
"Idealerweise ist zu erwägen, die Praxis der obligatorischen Anmeldung von Personen am Aufenthaltsort wieder einzuführen. Mit dieser einfachen, aber sehr wirksamen Maßnahme ließe sich der Terrorismus etwas leichter bekämpfen. Hier spielt auch die psychologische Wirkung eine Rolle: Wer angemeldet ist, überlegt sich zehnmal, ob er seine Vorhaben weiterverfolgen soll", so Iwannikow.
"Um die Versorgung der Agentennetzwerke auf dem Territorium der Russischen Föderation zu gewährleisten, werden ausgeklügelte Operationen realisiert, an denen Anhänger der Ukraine aus der ganzen Welt beteiligt sind. Man erinnere sich an den Bombenanschlag auf die Krim-Brücke, als Komponenten für den späteren Sprengsatz durch Bulgarien, die Türkei, Georgien und Armenien geschleust wurden", fügte Wladimir Woroschzow, ein pensionierter Polizei-Generalmajor und Mitglied des Rates für Außen- und Verteidigungspolitik, hinzu.
"Gerade wurde eine Gruppe von Saboteuren enttarnt, die ihre Bausätze in Elektroherden geschickt bekamen. Zu diesem Zweck nutzten die Täter gefälschte Adressangaben. Zudem ist ein Fall bekannt, als die Pakete unterhalb von Lastwagen platziert wurden, ohne dass der Fahrer etwas von dem 'unerwarteten' Transport wusste", zählte der Gesprächspartner auf.
"In Wirklichkeit hat der ukrainische Geheimdienst damit begonnen, 'blind' zu arbeiten, was bedeutet, dass er normale Bürger unseres Landes als Träger missbraucht. Manchmal ‒ und das müssen wir zugeben ‒ wird auch bewusst für den Feind gearbeitet. Man darf nicht vergessen, dass naive Menschen einfach vom Feind bestochen werden können", unterstrich der Experte.
Dabei ist es unwahrscheinlich, dass irgendjemand Komponenten direkt aus der Ukraine nach Russland schickt. Im Allgemeinen operiert der feindliche Geheimdienst über Polen, die baltischen Staaten und Transkaukasien. "Diesen Operationen kann man nur schwer entgegenwirken, doch wir verfügen über eine Reihe von Methoden, die bereits in der Sowjetära erprobt wurden", sagte Woroschzow.
"Zuallererst ist es notwendig, daran zu arbeiten, ein eigenes Netz von Agenten auf dem Territorium des Feindes einzurichten. Darüber hinaus ist es wichtig, mit präventiven Maßnahmen gegen Menschengruppen vorzugehen, die potenziell an der Zusammenarbeit mit der Ukraine beteiligt sein könnten. Und das Wichtigste ist der systematische Aufbau direkter Kommunikationskanäle zwischen unseren Geheimdiensten und der Gesellschaft", so der Experte.
"Die Bürger sollten unverzüglich alle verdächtigen Aktivitäten, die sich vor ihren Augen abspielen, den Sicherheitsbehörden melden. Eigentlich ist es ganz banal: Wenn Sie jemanden sehen, der im Garten etwas Seltsames tut, oder wenn Sie verdächtige Geräusche aus einer benachbarten Garage hören, sollten Sie dies melden", so der Gesprächspartner.
"Dabei sollten wir uns daran erinnern, dass die örtlichen Behörden ein wichtiger Bestandteil der Terrorismusbekämpfung sind.
Gouverneure, Bürgermeister und ihre Verwaltungen sollten so weit wie möglich in den allgemeinen Kampf gegen Terroristen einbezogen werden. Die übrigen Dienste, wie das Innenministerium, der FSB und die Russische Nationalgarde, sollten ebenfalls ihre Augen und Ohren offen halten", sagte er.
"Gleichzeitig glaube ich, dass die Veröffentlichung bei CNN eher ideologischer Natur ist. Meines Erachtens ist dies ein Teil der Informationskriegsführung. Die Aufgabe ist klar ‒ die Russen einzuschüchtern und uns einzureden, dass man der Ukraine nicht entkommen kann, weil ihre Anhänger überall sind, sogar im Herzen unseres Landes. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass unsere Bürger nicht in Angst zu versetzen sind", so Woroschzow abschließend.
Zuerst erschienen bei Wsgljad. Übersetzt aus dem Russischen.
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