Von Maxim Sokolow
Der russische Außenminister Sergei Lawrow wies darauf hin, dass Washington und London sich angesichts der Äußerungen Kiews über die Pläne zur Tötung von Wladimir Putin fragen würden, ob die ukrainische Führung adäquat sei.
Genau genommen ist der gesamte derzeitige ukrainische Staat sehr geschwätzig. Er haut, wie man so schön sagt, regelrecht "auf die Pauke". Der ukrainische Diplomat Andrei Melnyk – der Bundeskanzler Olaf Scholz eine "beleidigte Leberwurst" nannte, sein Chef Dmitri Kuleba, der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates Alexei Danilow und schließlich der ukrainische Oberbefehlshaber Wladimir Selenskij selbst – sie alle reden viel. Offensichtlich halten es die Banderisten für verwerflich, ihre Absichten zu verbergen, und so sprechen sie mit bemerkenswerter Transparenz über ihre früheren, gegenwärtigen und zukünftigen Kriegsverbrechen.
Was den Grad der Offenheit aller zusammen angeht, so übertreffen der Leiter der Hauptdirektion für Nachrichtendienste des ukrainischen Verteidigungsministeriums Kirill Budanow und sein Stellvertreter Wadim Skibizki diese Geschwätzigkeit jedoch noch. Letzterer verkündete im Klartext, dass die Hauptaufgabe seines Dienstes die physische Vernichtung von Wladimir Putin sei. Und es versteht sich außerdem von selbst, dass der größte Teil der Bevölkerung der Krim vernichtet werden müsse, wie es sein Chef Budanow verkündete. Dieser hält ebenfalls nicht viel von der für seinen Posten üblichen Geheimhaltung.
Er versprach, "Russen überall auf der Welt zu töten", ohne dabei Rang und Namen zu nennen. Er brüstete sich auch damit, dass sein Geheimdienst bereits "viele" russische Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Meinungsführer "angegriffen" habe und nun plane, die Chefredakteurin von RT, Margarita Simonjan, und den bekannten russischen Journalisten Wladimir Solowjow zu töten. Adolf Hitler hatte mal den sowjetischen Radiomoderator Juri Lewitan zu seinem persönlichen Feind erklärt.
Damals wurde in der UdSSR ein Buch über die CIA mit dem Titel "Konzern für Spionage und Mord" veröffentlicht. Einst schien diese Bezeichnung des US-Geheimdienstes als übertrieben – heute fragt man sich jedoch, ob es eine passendere Bezeichnung für die Behörde von Budanow gebe?
Doch nicht nur in Bezug auf die Geschichten darüber, wie er Russen getötet hat und weiterhin töten wird, prahlt der Geheimdienstler, auch seine Berichte über eigene Verwundungen sind aufschlussreich. Sobald in der Öffentlichkeit von der Verwundung des ukrainischen Generals Waleri Saluschny die Rede war, erklärte Budanow – der nicht im Schatten Saluschnys stehen wollte – dass ihn auf dem Weg in den Donbass ein Minensplitter in der Nähe des Herzens getroffen hätte. Er behauptete: "Das Schrapnell kann nicht aus meinem Körper entfernt werden, es ist gefährlich. Mein Rücken wurde durchbohrt, mein Hals. Ich bin eigenständig, im Adrenalinrausch, etwa fünf Kilometer über die Frontlinie gelaufen und bin dann erschöpft umgefallen. Die Wunde war schwer, aber im Prinzip kann man damit leben." Fünf Kilometer mit solchen Wunden zu laufen – die große Kraft des Adrenalins?
Und es geht mir nicht einmal darum, mit welchen mörderischen Plänen ein Geheimdienstoffizier prahlt, und auch nicht um Erzählungen über dessen eigene wundersame Unverwundbarkeit, sondern darum, dass diese Art von wortkarger Plauderei dem Wesen der Geheimdienstarbeit widerspricht. Der russische Feldherr Michail Kutusow, der auch in der Diplomatie und im Aufklärungsdienst tätig war, sagte einst, dass wenn das Kissen, auf dem er schlief, seine Gedanken erfahren würde, er es sofort verbrennen würde. Man sagte ihn nach: "Die Herzen der Menschen sind gegenüber Kutusow offen, aber sein eigenes Herz ist ihnen gegenüber verschlossen." Das ist im Grunde das Prinzip eines jeden Geheimdienstlers, aber auch eines jeden Diplomaten und Politikers im Allgemeinen.
In der Computersprache gesprochen, hat ein Geheimdienstler einen Reader (Eingabegerät) und einen Rater (Ausgabegerät). Dabei hat der Reader immer Vorrang vor dem Rater. Letzterer kommt nur ins Spiel, wenn der Geheimdienstler – natürlich vertraulich – seine Vorgesetzten informiert.
Und das gilt seit Romulus bis heute für alle Spione, ob sie nun die etwas harmlosere Spionage oder Sabotage betrieben. Viel zu wissen, wenig zu sagen, war immer das Motto. Allen Dulles, Admiral Wilhelm Canaris, SS-Brigadeführer Walter Schellenberg, die Chefs des sowjetischen Militärnachrichtendienstes, an deren Namen sich kaum noch jemand erinnert, die Chefs französischer, chinesischer, japanischer und anderer Geheimdienste – kann sich jemand eine solche Inkontinenz der Sprache bei Vertretern dieser Organisationen vorstellen?
Hier geht es nicht um Ideologie, die sehr unterschiedlich sein kann, sondern um die primären, elementaren Anforderungen des Berufs. Denn eine solche Plaudertasche ist für einen echten, meist gegnerischen Spion ein Glücksfall. Und ein Plappermaul an der Spitze eines Geheimdienstes ist doppelt oder gar dreifach so schlimm. Man könnte fragen: "Was kümmert uns das? Wenn die ukrainische Führung eine so lose Zunge hat, stellt es für uns kein großes Problem dar."
Ein Problem ist aber dennoch vorhanden: Manchmal – seien wir ehrlich – muss man zu inoffiziellen Kontakten mit dem Feind greifen, selbst mit dem widerwärtigsten Feind. Dafür gibt es Beispiele in der Geschichte. Wenn also der Kontaktpartner in den Reihen des Feindes die Regel des Schweigens befolgt, dann ist das eine Sache, wenn es jedoch nur einen Kontaktmann vom Typ Budanow gibt – und in Selenskijs Lager findet man keine anderen – so ist das eine andere Sache. Mit solchen Leuten ist es sogar sinnlos, für den Austausch der Leichen gefallener Soldaten Kontakt aufzunehmen.
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen auf RIA Nowosti.
Maxim Sokolow ist ein russischer Journalist, Moderator und Kolumnist.
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