Von Anastasija Prikastschikowa
Wie sich jeder erinnert, führte die westliche Koalition erst vor einem Jahr schwierige Verhandlungen über die Lieferung tödlicher Waffen an die Ukraine. Allgemein gesehen hütete sie sich vor einem so schwerwiegenden Schritt, um nicht in einen Stellvertreterkrieg mit Russland hineingezogen zu werden.
Wohl wahr, es war pure Heuchelei, aber wenigstens gute Miene zum bösen Spiel.
Bis zu einem gewissen Zeitpunkt handelte es sich bei den Lieferungen dann auch ausschließlich um nicht-tödliche Güter – Medikamente, schusssichere Westen, Optik und unbewaffnete Unterstützungsfahrzeuge.
Dann wandelte Selenskij wie einst die jungen Leute mit Weihnachtsliedern um die Welt – sie baten um Leckereien, er bettelte um Waffen.
Und nachdem die "Partner" der Ukraine von Russland keine weitere Reaktion als einen scharfen Protest des Außenministeriums gesehen hatten, erklärten sie sich bereit, auch tödliche Waffen zu liefern – und legten die Messlatte sehr schnell immer höher:
Nach dem ersten Probelauf dieses Testsystems setzten sie es wiederholt ein – erst für die Lieferung von gepanzerten Automobilen, dann von Artillerie, Luftabwehrsystemen und schließlich von Panzern.
Jedes Mal zögerten die größeren Euro-Kläffer wie Paris und Berlin (offenbar aus Gründen des Anstands) das Unvermeidliche hinaus, begannen aber jedes Mal dennoch früher oder später, ihre Lager zu räumen und alles in das schwarze Loch namens Ukraine zu schicken – was sie mit schönen Worten begleiteten.
Diese Technik ist mittlerweile perfektioniert.
Und nun ist der nächste, wahrscheinlich einer der letzten Schritte zur Erhöhung des Einsatzes nahezu getan: Auf dem G7-Gipfel beschlossen die USA und ihre sechs Handpuppen, F-16-Kampfjets an die Ukraine zu liefern.
Zu diesem Zweck haben die Niederlande eiligst einen Vertrag über die Lieferung von 40 F-16 an ein privates Unternehmen in den USA gekündigt – davor hatten sie lediglich geschafft, ihm 12 Stück zu liefern. Die verbleibenden 28 werden jetzt höchstwahrscheinlich an Kiew gehen, da die Niederländer bereits die Möglichkeit einer solchen Lieferung angekündigt hatten.
Die anderen Länder werden ebenfalls scheibchenweise liefern – und sind durchaus imstande, ein paar F-16-Staffeln unter der nunmehr lediglich bedingt ukrainischen Flagge aufzustellen.
Den genauen Zeitrahmen werden wir in den kommenden Monaten erfahren – und ein Gefühl sagt, dass es diesmal nicht in die Länge gezogen wird: Krieg braucht Material, und in diesem Fall wird die Lieferung von Flugzeugen den Konflikt in eine weitere Eskalationsspirale führen.
Ein kleiner Teil der Piloten werden umgeschulte Ukrainer sein, insofern Zeit bleibt, sie umzuschulen; die übrigen Plätze am Steuerknüppel werden, wie im Falle der Ausbilder der Spezialeinheiten, von gut bezahlten Söldnern aus den Reihen der Piloten der westlichen Koalitionsländer eingenommen werden – ehemaligen Piloten und auch solchen im aktiven Dienst.
Natürlich bleibt die Frage der Logistik und der Wartung akut – und das zieht die Frage nach sich, an welchen Standorten die Jagdbomber stationiert werden könnten. Höchstwahrscheinlich wird die östliche Peripherie – die östliche Peripherie Polens, natürlich – hierfür aktiv genutzt. Und von dort aus werden die Maschinen und Piloten kurzfristig auf Flugplätze in der Ukraine verlegt, um dort Raketen zu laden und die Kampfeinsätze vorzubereiten.
Dies wird es einerseits erlauben, Flugzeuge in einem NATO-Land mit der entsprechenden Infrastruktur zu stationieren und zu warten und vor präventiven Angriffen sicher zu halten. Doch andererseits wird eine permanente provokative Situation geschaffen, mit der Möglichkeit, dass die vor dem Feuer der russischen Luftabwehrkräfte fliehenden F-16 über polnischem Gebiet zerstört werden – was automatisch die Mechanismen einer unmittelbaren NATO-Beteiligung am Ukraine-Konflikt aktivieren würde.
Ein solches Szenario darf Russland nicht ausschließen (auch wenn es offensichtliche Risiken birgt): Die Beherrschung des Luftraums ist eine Grundvoraussetzung für den Sieg in jedem Krieg. Und nun wird Russland eben auch in diesem Bereich mit höchst ernstzunehmenden Widerstand seitens der NATO-Allianz konfrontiert werden.
Das russische Außenministerium hat sich bereits geäußert – frei nach dem Motto: "Der Hund bellt und die Karawane zieht weiter." Und eigentlich haben die russischen Diplomaten auch recht damit: Im Grunde genommen kann die Anzahl der zur Lieferung angekündigten Flugzeuge keinen nennenswerten Einfluss auf den Verlauf der russischen Militäroperation nehmen. Doch offenbar werden die westlichen Länder in naher Zukunft dennoch mithilfe dieser Maschinen versuchen, ein Abklingen des Konflikts zu verhindern und ihn bis ins Jahr 2024 zu verlängern.
Und selbst wenn dieser Konflikt eine nur geringe Intensität und die Züge eines Stellungskrieges annehmen sollte: Angesichts der obigen Ausführungen werden alle Besuche von Gesandten – ob aus China oder aus dem Vatikan, ob nach Kiew oder nach Moskau – zur Vermittlung bei der Beilegung des Konflikts "seelenerrettende Gespräche" bleiben und höchstwahrscheinlich keine wirklichen Ergebnisse zeitigen.
Mehr zum Thema – Wider Willen: Wie der Westen lernt, Chinas Friedensplan für die Ukraine zu akzeptieren
Anastasija Prikastschikowa ist russische Journalistin und Gesellschaftsaktivistin, die zahlreiche Hilfs- und Wohltätigkeitsprojekte für Kinder sowie soziela Bildungsprojekte gründete und leitete beziehungsweise leitet. Ihren Telegram-Kanal finden Sie hier.