Von Gert Ewen Ungar
Der Einflussverlust des Westens und die damit einhergehenden geopolitischen Verschiebungen sind überall auf der Welt zu beobachten. Ganz besonders deutlich zeigen sich die Auswirkungen in Nahost. Der Westen hat die von ihm begonnenen Kriege in Afghanistan und in Syrien verloren. Sein destruktiver Einfluss schwindet in der Region. Selbst bis dato verlässliche Partner, deren Bündnis mit den USA unverbrüchlich schien, wenden sich ab und neuen Partnern zu. Einer dieser Partner ist Saudi-Arabien.
Beschleunigt wird der Prozess des Einfluss-Verlusts noch dadurch, dass die USA und die EU im Rahmen der Russland-Sanktionen ihre Währungen politisiert und im großen Stil als Druckmittel einsetzen. Durch das Einfrieren russischer Auslandsguthaben in Höhe von 300 Milliarden Dollar und das Abtrennen russischer Banken vom internationalen Zahlungssystem SWIFT ist das Vertrauen in die Verlässlichkeit der westlichen Finanzinstitutionen und ihre Währungen geschwunden.
Faktisch kann es jeden treffen, der sich nicht den Vorgaben des Westens unterordnet, wurde deutlich. Saudi-Arabien hat sich daher entschlossen seine Ölgeschäfte künftig auch in Yuan abzuwickeln. Saudi-Arabien wendet sich China zu und vom Westen ab, macht weiterhin Geschäfte mit Russland und zeigt den USA immer häufiger die Kalte Schulter.
Für die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) ist damit der ideale Zeitpunkt gekommen, mit viel Werte-Geschwurbel den Scheichs in der ölreichen Wüste mal die Anforderungen, die feministische Außenpolitik an eine Kooperation stellt, grundlegend vor Augen zu führen. Saudi-Arabien hat Defizite hinsichtlich Rechtsstaatlichkeit und die Frauenrechte entsprechen ebenfalls nicht dem, was man sich in Berlin darunter vorstellt. In Deutschland ist dagegen alles töfte, weshalb man auch das Recht hat, anderen zu sagen, was sie zu tun und was sie zu lassen haben. Gerne würde man eine Klimapartnerschaft mit Saudi-Arabien eingehen und im Bereich grünen Wasserstoff kooperieren, aber die moralischen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, macht Baerbock in Saudi-Arabien klar. Wirtschaftliche Kooperation könne nicht
"losgelöst von Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und Freiheitsrechten betrachtet werden",
belehrte die deutsche Außenministerin ihre Gesprächspartner. Sie warnte zudem vor einer Normalisierung der Beziehung zu Syrien.
Dass Deutschland auf lange Kriege und dauerhafte Konfrontation setzt, ist spätestens seit Beginn der umfassenden Waffenlieferungen an die Ukraine bei gleichzeitigem Ausschluss jeder Diplomatie und Verhandlungslösung jedem in der Welt bewusst. Deutschland ist eine Nation der Kriegstreiber; Deutschland ist an Frieden nicht interessiert, weder in Europa noch in Nahost. Friedenspolitische Positionen werden in Deutschland unterdrückt und zensiert. Jeder, der meint, es sei nicht sinnvoll, den Gesprächsfaden mit Russland abreißen zu lassen, wird als fünfte Kolonne des Kreml diskriminiert und um seine Existenz gebracht. Deutschland gibt der Barbarei den Vorzug. Feministische Außenpolitik eben.
Man hat sich angesichts der schwindenden Bedeutung der Bundesrepublik und dem dazu in bizarrem Kontrast stehenden, fordernden Auftritt der deutschen Außenministerin in Dschidda vermutlich verwundert die Augen gerieben. Man lässt sie gewähren, sie wird diplomatisch abgewickelt, wie das inzwischen der übliche Umgang ist, den man Baerbock international angedeihen lässt. Man ist vermutlich froh wenn ihr Flugzeug heute in Richtung Katar abhebt, wo die deutsche Außenministerin ihre nächste Lektion in “was geht und was so gar nicht” abhalten wird.
Dort wird man sich noch gut an den Auftritt der deutschen Innenministerin Faeser anlässlich der in Katar ausgetragenen Fußball-WM erinnern. Faeser wollte mit großer kolonialer Geste und ohne jede kulturelle Sensibiliät das Tragen einer sogenannten One-Love-Armbinde durchsetzen, mit der sie die Unterordnung unter die westliche Sicht auf das Thema Sexualität und Geschlechteridentität einforderte. Sie stieß damit auf wenig Verständnis und die deutsche Fußballmannschaft wurde nach ihrem frühen Ausscheiden international verhöhnt.
In den großen deutschen Medien bekommt Baerbock für ihre konfrontative, wenig diplomatische Gangart viel Lob. Auch dort will man sich den Bedeutungsverlust Deutschlands nicht eingestehen, auch dort glaubt man immer noch, die Bundesrepublik sei “Führungsnation”, sei Maßstab und böte der Welt moralische Orientierung. Das zeigt, dass sich deutsche Medien von der Realität längst verabschiedet haben.
Deutschland hat gravierende außenpolitische und diplomatische Defizite. Zudem glänzt Deutschland international mit umfassenden Mängeln an geopolitischem Wissen und verliert darüber hinaus auch wirtschaftlich an Bedeutung. In anderen Regionen der Welt teilt man daher die Sicht deutscher Medien nicht. Dort ist klar, Deutschlands Außenpolitik ist destruktiv. Zum Glück ist sie von abnehmender Bedeutung.
So gelang es China und nicht Deutschland, den schwelenden Konflikt zwischen dem Iran und Saudi-Arabien zu schlichten. Die beiden Länder nehmen wieder diplomatische Beziehungen auf. Dadurch entstand zudem die Möglichkeit, den Stellvertreterkrieg im Jemen zu beenden. Syrien wird rehabilitiert und erneut in die arabischen Liga aufgenommen.
All dies nicht nur ohne westliche oder gar deutsche Vermittlung, sondern gegen den Widerstand des Westens. Deutschland hält nach wie vor an seinem völkerrechtswidrigen Sanktions-Regime gegen Syrien fest und möchte über Hungerrevolten dort einen Regime-Change erreichen. Auch die Sanktionen gegen den Iran wurden zuletzt ausgeweitet.
Deutschland leistet keinen Beitrag zur Befriedung der Konflikte in Nahost. Deutschland trägt im Gegenteil für einen Großteil des Leids in der Region eine Mitverantwortung. Deutschland überzieht Syrien mit Sanktionen, ebenso den Iran, alles am Völkerrecht vorbei, unter Missachtung des internationalen Rechts, getragen von kolonialem und imperialen Gestus.
Deutsche Außenpolitik repräsentiert nicht eine internationale in klaren Regeln und Verträgen fundierte Ordnung, sondern schlicht das Recht des Stärkeren. Deutsche Außenpolitik ist irrational, unkalkulierbar, disruptiv, unsensibel und nicht differenzierend. Das einzige, was es an verlässlicher Kontinuität gibt, ist die Unterordnung unter den Transatlantizismus. Ansonsten gibt es keine klar erkennbare außenpolitische Linie.
Das weiß man in der Region, in Saudi-Arabien und im Rest der Welt. Aus diesem Grund wurde Baerbock nach allen Regeln der diplomatischen Kunst in Saudi-Arabien abgefertigt. Man hat kein Interesse, nickt höflich zur angedienten Klimapartnerschaft, mit der Deutschland inzwischen durch die Weltgeschichte tingelt. Was das genau sein soll, weiß man genauso wenig, wie man weiß, was feministische Außenpolitik eigentlich ist. Irgendwie gut und irgendwie von hoher Moral. Zumindest aus deutscher Sicht. Dem Rest der Welt dagegen ziemlich schnurz.
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