Von Rainer Rupp
Vertraut man den offiziellen Verlautbarungen von Regierungspolitikern in den US/NATO-Ländern und ihren gekauften und bezahlten Wirtschafts- und Finanzwissenschaftlern, dann erwartet den Westen nach dem angeblich bevorstehenden Sieg der Ukraine über Russland eine neue, rosige Zukunft mit blühenden Wirtschaftslandschaften.
In Deutschland hat der Star-Kanzler der Zeitenwende, SPD-Scholz, vor wenigen Tagen sogar dem verdutzten Volk ein neues Wirtschaftswunder versprochen. Wachstumsraten wie in den 1950ern und den 60ern rechnete Scholz vor. Den Grund dafür sieht er ausgerechnet in den "Klimaschutz-Plänen" seiner Ampelkoalition.
Allerdings bescheren uns diese Pläne nicht nur höhere Energiepreise, sondern auch eine weitgehende Deindustrialisierung, also die Aushöhlung der Fundamente unseres bisherigen Wohlstandes. Das aber scheint im Kalkül des Rechengenies Scholz keine Rolle zu spielen, denn die ganze Welt – so verkündete Scholz stolz – werde wie verrückt die einmaligen deutschen Klimatechnologien kaufen und uns wieder zum Exportweltmeister machen. Wir sehen, Scholz steht in Sachen Intelligenz seinem Wirtschaftsminister Habeck in nichts nach!
Auch andere ominöse Fakten, die in die entgegengesetzte Richtung eines neuen Wirtschaftswunders weisen, stellen für Scholz offensichtlich Nebensächlichkeiten dar, die gar nicht erst erwähnt werden müssen, etwa die Zerstörung von Lieferketten durch die katastrophale Außenpolitik der Ampelkoalition gegen Russland und China, die gesteigerte Unsicherheit und Instabilität der Versorgungssicherheit bei Rohstoffen aller Art, die hoffnungslose Überschuldung aller westlichen Staaten samt ihren regionalen und kommunalen Verwaltungseinheiten sowie die erneut brandaktuellen hochgefährlichen Entwicklungen bei systemrelevanten Akteuren in der westlichen Banken- und Finanzwirtschaft.
Man kann mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass Kanzler Scholz’ versprochenes Wirtschaftswunder ebenso eine Fata Morgana ist wie der geforderte Sieg der Ukraine über Russland, den Scholz mit vielen Milliarden Euro für Waffen und Finanzhilfe erzwingen will, also mit Geld, das hier zu Hause für offensichtlich weniger wichtige Zwecke wie Bildung, Gesundheit oder – ganz banal – den immer noch im Argen liegenden Wiederaufbau im Ahrtal fehlt.
Man braucht weder Militärexperte noch Wirtschaftswissenschaftler zu sein, sondern nur seinem vernünftigen Menschenverstand zu folgen, um zu erkennen, wohin die Reise der neoliberalen West-Eliten uns führt. Derweil bemühen sich US-Finanzministerin Janet Yellen und mit ihr Heerscharen von sogenannten "Finanzexperten", die einen Zusammenbruch des ganzen Systems befürchten, die Öffentlichkeit mit Placebos zu beruhigen, im Stil von: "Es ist alles in Ordnung, unsere Wirtschaft ist stark und die Banken sind sicher. Ihr könnt uns vertrauen, denn wir sind die Experten und irren uns nie."
Aber laut einer aktuellen Umfrage des renommierten Gallup-Instituts ist das Vertrauen der US-Bevölkerung in die Banken dramatisch in den Keller gegangen. Demnach machen sich inmitten der Turbulenzen im US-Bankensystem bereits 48 Prozent der Amerikaner Sorgen um die Sicherheit ihres Geldes bei US-Banken; das sind mehr als auf dem Höhepunkt der Bankenkrise von 2008. Davon sind 19 Prozent sogar "sehr" und weitere 29 Prozent "mäßig" besorgt. Gleichzeitig sind 30 Prozent "nicht allzu besorgt" und 20 "überhaupt nicht". Wahrscheinlich haben die letzten zwanzig Prozent kein Geld bei der Bank.
In den letzten Monaten hatte das westliche Bankensystem als Ganzes bereits drei große Institute, zwei davon in den USA und in Europa das Schweizer Flaggschiff, die angeblich "systemrelevante" Credit Suisse, verloren. In den USA waren es die Silicon Valley Bank (SVB) und die First Republic Bank (FRB). Mit Not-Operationen haben sowohl in den USA als auch in der Schweiz die staatlichen Kreditversicherungen und die Zentralbanken die Bankkunden vor Verlusten bewahrt, obwohl nur ein kleiner Teil der oft riesigen Einlagen gegen Verlust versichert war.
In den USA wie in der Schweiz haben die staatlichen Kreditversicherungen pro Konto Verluste bis zu 250.000 Dollar abgedeckt. Aber viele Großkunden, zum Beispiel die superreichen High Tech-Unternehmen aus dem Silicon Valley, hatten häufig Einlagen von Hunderten Millionen Dollar und mehr bei der SVB. Diese Einlagen waren unversichert und wenn die USA ein kapitalistisches Land wären, wären sie bei einer Pleite der SVB verloren gewesen.
Aber in den USA hat sich längst der Kommunismus für Milliardäre etabliert. Hier findet nicht die soziale Umverteilung von oben nach unten, sondern von den Armen zu den Reichen statt. Dabei hat in den letzten Jahrzehnten die US-Zentralbank Fed die Hauptrolle gespielt. Schließlich wäre es doch nicht fair, wenn die Milliardäre mit ihren Spekulationen ihre vorübergehend als Einlagen bei Banken geparkten Gelder im Falle einer Bankpleite verlieren würden.
Mit dem Segen des Weißen Hauses hatte daher die US-Zentralbank nach der SVP-Pleite per Computer-Mausklick zig Milliarden Dollar "gedruckt" und damit die unversicherten Einlagen der Großkunden der Silicon Valley Bank übernommen. Letztlich werden die US-Steuerzahler für diese Rettung der Milliardäre geradestehen müssen. Dem einfachen US-Bürger fehlt jedoch der Durchblick, um hinter diesen Operationen den Betrug am Volk zu erkennen. Zugleich haben die großen Medien keinerlei Interesse an der Aufklärung, denn die sieben Familien-Clans, denen fast 90 Prozent der etablierten US-Medien gehören, sind Teil derselben Milliardärs-Clique.
Proteste gegen die Rettung der Milliardärs-Einlagen bei der Silicon Valley Bank kamen zwar von einigen links orientierten Finanz-Bloggern im Internet, aber die weitaus stärkste Kritik, auch in den Mainstream-Finanzblättern, kam von puristischen Wirtschaftsliberalen, die im US-Establishment immer noch einen starken Rückhalt haben. Diese Wirtschaftsliberalen sehen in derartigen staatlichen Eingriffen eine Perversion des Kapitalismus, weil diese das Funktionieren des Systems untergraben.
Denn Pleiten und Bankrotte gehören zum Kapitalismus wie der Deckel zum Topf. Pleiten sind wichtig und dürfen nicht durch staatliche Maßnahmen gestoppt werden, denn nur so kann das kapitalistische System von überflüssigem, verkrustetem Ballast gereinigt werden. Durch staatliche Eingriffe werden unproduktive oder schlecht geführte Firmen als Zombie-Unternehmen auf Kosten der Allgemeinheit und der gesamtgesellschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit mitgeschleppt und führen auf Dauer zu immer mehr Filz zwischen Unternehmern und Politikern und in dessen Folge zu immer stärkeren Wohlstandsverlusten für die Gesellschaft, so die Kritik der Wirtschaftsliberalen.
Ein weiterer Kritikpunkt aus US-wirtschaftsliberalen Kreisen richtet sich ganz prinzipiell gegen den "moral hazard", der durch die Rettung der unversicherten Bankeinlagen der Bank-Großkunden entsteht. "Moral hazard" wird als "moralisches Risiko" übersetzt, das besteht, wenn sich Wirtschaftssubjekte aufgrund ökonomischer Fehlanreize verantwortungslos oder leichtsinnig verhalten und damit ein Risiko auslösen oder verstärken.
Als Standardbeispiel gelten Verhaltensänderungen aufgrund eines versicherten Risikos. Wenn man zum Beispiel, wie im konkreten Fall, seine hohen Einlagen nicht gegen Verlust versichern muss, und bei einer Bankpleite der Staat beziehungsweise die Zentralbank einspringt, um die Verluste auszugleichen, dann bietet das einen Anreiz zu verantwortungsloserem, risikoreicherem, fahrlässigerem Verhalten der Großkunden von Banken.
Mit anderen Worten, wenn Markteilnehmer für potenziell kostspielige Folgen ihres Handelns davon befreit werden, selbst für ihre Fehler und Unterlassungen einzustehen, weil diese Kosten anderweitig getragen werden, dann fördert das leichtfertiges und sogar kriminelles Verhalten. Bei Schulden besteht etwa die Gefahr, dass sich Schuldner unter der Annahme eines zukünftigen Schuldenerlasses absichtlich über Gebühr verschulden.
Genau diese Art von Fehlverhalten zu fördern, werfen die Wirtschaftsliberalen der Biden-Regierung und der Fed vor. Aus ihrer Sicht wird dadurch nicht nur der Zerfall des moralischen Fundaments des US-Wirtschaftssystems beschleunigt; angesichts der aktuell im Bankensystem lauernden Zeitbomben hätten Biden und die Fed mit ihren Aktionen vielmehr selbst die Zündschnur entfacht.
Die Gefahr einer schlagartigen Explosion des US-Bankensystems ist mehr als graue Theorie, wenn man sie vor dem Hintergrund einer aktuellen Finanzstudie einer Forschergruppe dreier renommierter US-Universitäten betrachtet. Demnach können zum Beispiel rund 200 US-Banken urplötzlich zusammenbrechen, wenn nur die Hälfte der Kunden ihre nicht gesicherten Einlagen abhebt, diese also genau das tun, was den Tumult und die Pleite bei der Silicon Valley Bank ausgelöst hat.
Viel alarmierender ist jedoch die Feststellung in der Studie, dass sich unversicherte Einlagen im US-Bankensystem derzeit auf etwa neun Billionen Dollar belaufen. Wenn man sagt, dass das ein erhebliches Risiko darstellt, ist das sicher keine Übertreibung. Wenn nur ein kleiner Teil der Banken zusammenbricht und dabei nur zehn Prozent der neun Billionen Dollar unversicherter Einlagen verlustig gehen, dann stehen Verluste von 900 Milliarden Dollar im Raum. Und dann kommt das "moralische Risiko" ins Spiel.
Die Großbankkunden wollen natürlich, wie zuvor jene der SVB, dass ihre Verluste von der Zentralbank ersetzt werden. Wahrscheinlich können sie sogar juristisch auf Gleichbehandlung bestehen. Auf jeden Fall stünden die US-Zentralbank und die Biden-Regierung vor einem schier unlösbaren politischen Problem, nämlich per Maus-Klick-Geld im Umfang von 900 Milliarden Dollar die Reichen im Land schadlos zu halten, während rundherum der gesellschaftliche und wirtschaftliche Zusammenbruch droht.
Wie wahrscheinlich ist ein solches Szenario? Auch darüber findet man in der Studie der Gruppe von Forschern der Universitäten Columbia, Stanford Northwestern und der University of Southern California Hinweise. Darin stellen die Forscher unter anderem fest, dass "der jüngste Rückgang der Vermögenswerte der Banken die Anfälligkeit des US-Bankensystems für nicht gesicherte Einleger deutlich erhöht hat". Demnach liegt der aktuelle Marktwert der Vermögenswerte des US-Bankensystems um zwei Billionen US-Dollar unter deren Buchwert in den Bilanzen. Genau das war auch der Auslöser für den Run auf die Silicon Valley Bank.
Aber keine Sorge! Karine Jean-Pierre, Präsident Bidens Sprecherin in Washington, hat am 1. Mai in der Pressekonferenz die anwesenden Journalisten beruhigt: Sie betonte, dass das Weiße Haus "sehr zuversichtlich" sei, dass keine Banken mehr ausfallen werden. Allerdings fanden die zweit-, die dritt- und die viertgrößte Bankenpleite in der US-Geschichte in den vergangenen zwei Monaten statt, unter Präsident Biden.
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