Von Bernhard Loyen
23. September 2022: Das Regierungsviertel in Berlin wird unbehelligt von der Polizei in aller Ruhe mit rund 30.000 Demonstranten geflutet, so die Bestätigung einer Polizeisprecherin. Nach den damaligen Erfahrungen von Maßnahmenkritikern der Corona-Politik mit den Versuchen, die Machtzentralen Kanzleramt und Reichstag aufzusuchen, ein zumindest auffälliges Duldungsverhalten der Hauptstadtpolitik, des Senats und der Polizei.
Der Lokalsender rbb24 informiert an dem Tag, dass der Demo-Veranstalter, die Klimabewegung Fridays for Future (FFF), vom Staat, also den Steuerzahlern, "100 Milliarden Euro für den Klimaschutz fordert". Das lässt sich einfach mal so fordern, klingt gut und sorgt für erwünschten Gesprächsstoff. Gesamtverantwortliches Sprachrohr für diese Forderung ist die Pressesprecherin von FFF, Carla Reemtsma. Laut dem Wikipedia-Eintrag der jungen Frau (Jahrgang 1998) "vertritt sie die Bewegung bundesweit und in der medialen Öffentlichkeit".
Sie durfte laut dem Eintrag "ihre Positionen in Talkshows" kundtun, etwa bereits bei "Maybrit Illner, hart aber fair, bei dem Sender Phoenix und in der Münchner Runde des Bayerischen Rundfunks. Die Nachrichtensendungen von ARD und ZDF sowie diverse Printmedien interviewten sie", heißt es bezüglich ihrer Medienpräsenz weiter. Die Berliner Tageszeitung taz zähle "die parteilose Reemtsma" zu einer "Ausnahmepolitikerin – nicht Aktivistin – unter 30 Jahren, die in der klassischen Politik eine Minderheit" darstelle. Ein Naturtalent also, da Reemtsma laut ihrem Linked-Eintrag bis dato lediglich ein beendetes Bachelorstudium vorweisen kann.
Bezüglich ihres Studiums wurde sie im Juni 2020 interviewt. Themen "wie Klima und Umwelt, Feminismus und gesellschaftliche Gleichberechtigung" habe sie "immer schon spannend" gefunden. "Das politische Engagement hat erst zum Studienbeginn angefangen", so Reemtsma. Das Format Talkshow finde sie "nicht so wirklich erhellend. Es ist ein Schaukampf, der im politischen Berlin offensichtlich immer noch relevant ist". Nun wird es spannend, denn laut Reemtsma ist für sie ein Grund, den regelmäßigen Einladungen nichtsdestotrotz zu folgen:
"Wenn wir nicht hingehen, wird wahrscheinlich ein Grünenpolitiker eingeladen. Da sagen wir: Dann doch lieber einer von uns. Im Zweifelsfall verschiebt sich damit der Diskurs ein bisschen. Wir sind halt einen Tacken radikaler als die Grünen."
Zuvor hatte der Tagesspiegel-Autor im Interview per Zoom gefragt, ob denn Reemtsma wie "die Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer auch Personenschutz" bekomme. Nein, brauche ich nicht", so die "Ausnahmepolitikerin unter 30 Jahren". Warum diese längere Einleitung? Der Tagesspiegel-Artikel hielt es nicht für nötig, darüber zu informieren oder daran zu erinnern, dass Neubauer a) die Cousine von Reemtsma und b) dazu noch seit 2017 Parteimitglied bei Bündnis 90/Die Grünen ist. Nebensächliche Tatsachen? Reemtsma beendete ihr Bachelor-, also Grundstudium zum Thema: "Die schwierige Beziehung von Generationengerechtigkeit und Gegenwartspräferenz" im Herbst 2021. Seitdem studiert sie im Masterstudium "Integriertes Management natürlicher Ressourcen" an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Der Anstoß für das FFF-Engagement Reemtsmas wäre für sie "die Rede von Greta Thunberg bei der UN-Klimakonferenz in Katowice 2018" gewesen, so die Information der "Funky-Jugendredaktion" der Funke-Mediengruppe im Artikel der Rubrik "Fünf funky Facts" im Juni 2021: "Fünf Dinge, die wir von der FFF-Aktivistin Carla Reemtsma lernen können". Gelernt haben die jungen Leser über diesen Artikel dabei jedoch nicht, dass in Katowice im Jahr 2018 auch Reemtsmas Cousine Neubauer anwesend war. Im Wikipedia-Eintrag Reemtsmas wird behauptet, dass sich im Anschluss folgende Situation ergab: "Weil sie redegewandt auftritt, wurde sie für die bundesweite Pressearbeit zuständig." Seit 2019 kommt es zu Auftritten "als Mitorganisatorin von FFF-Demonstrationen". Redegewandt oder protegiert, also empfohlen von der Cousine? Neubauer sei 2018 immerhin "wie so viele von (Greta Thunbergs) Rede tief bewegt und beschloss, Greta Idee des 'Schulstreiks' mit nach Deutschland zu nehmen".
Die erste und sehr überschaubare Zusammenfassung von Reemtsmas bisherigem Werdegang lautet also: kein Abschluss eines Masterstudiums, keinerlei Ausbildung sowie Tätigkeit als protegierte Pressesprecherin einer Klima-Aktivistengruppe. Reichen diese drei Punkte im Jahr 2023 für einen Platz als Mitglied des Aufsichtsrats in einem regierungsberatenden Unternehmen aus? Die Antwort lautet: Ja. Bei welchem Unternehmen sitzt die junge und bedingt lebenserfahrene Frau beratend im Konferenzsessel? Bei der "Agora Energiewende", einer "Denkfabrik und Lobby-Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, nach mehrheitsfähigen Kompromiss-Lösungen beim Umbau des Stromsektors innerhalb der Energiewende zu suchen".
Hierbei handelt es sich um jene "Denkfabrik" rund um den umtriebigen Habeck-Einflüsterer Patrick Graichen und die mehr als fraglichen Verbindungen und manipulativen Aktivitäten des medial-politischen titulierten "Graichen-Clans" im Umfeld des Bundesministers für Wirtschaft und Klimaschutz sowie Vizekanzlers Robert Habeck (Bündnis90/Die Grünen). Daraus fügt sich ein weiteres grün schimmerndes Teilchen in das stetig wachsende Habeck-Mosaik, umrahmt von sumpfgrünem Filzbelag:
- Habeck – Graichen (Bundesminister und Staatssekretär)
- Habeck – Neubauer (Parteikollegen Bündnis 90/Die Grünen)
- Neubauer – Reemtsma (Cousinen und führende Köpfe der deutschen FFF-Bewegung; der aktuelle Lebensgefährte von Neubauer, Louis Klamroth, ist Moderator der ARD-Sendung hart aber fair)
- Reemtsma – Graichen (Aufsichtsratsmitglied Agora – bis Dezember 2021 "Exekutivdirektor" Agora)
- Reemtsma – Verena Graichen (Schwester von Patrick Graichen und im Juni 2021 mit Reemtsma Panel-Teilnehmerin im Bundesumweltministerium)
- Reemtsma – Rainer Baake (Agora-Gründungsdirektor, Grünen-Politiker, von 1998 bis 2005 Staatssekretär im Bundesumweltministerium unter Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen), wechselte 2014 als Staatssekretär ins Bundeswirtschaftsministerium. Aktuell Direktor der Stiftung Klimaneutralität)
Alles nur Zufälle? Mitnichten. Ich wollte von Dr. Jahel Mielke, der Agora-Direktorin für Kommunikation, im Rahmen einer schriftlichen Anfrage erfahren: a) seit wann Reemtsma einen Sitzplatz im Aufsichtsrat innehat, b) welche Funktionen sie dabei ausfüllt und c) Details zu möglichen Vergütungen. Die Mail bleibt auch nach sechs Tagen unbeantwortet. Gibt man die Begriffe "Smart Energy for Europe Platform (SEFEP)" und Reemtsma in die Suchmaschine ein, lautet die Trefferquote null. Agora Energiewende ist Teil der SEFEP-Gesellschaft.
Der Begriff SEFEP erscheint jedoch auf der Seite des Lobbyregisters, der Interessenvertretung gegenüber dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung, erstmalig am 15. März 2022. Dies bedeutet gut drei Monate nach Start der Ampelkoalition und einem grünen Wirtschafts- und Klimaministerium. "Anzahl der Beschäftigten im Bereich der Interessenvertretung: 111 bis 120", betreut unter anderem durch das Aufsichtsratsmitglied Reemtsma.
Was darf Reemtsma denn so behaupten in ihrer Doppelrolle als Weltretterin und Lobbyistin, die noch nie lohnabhängig berufstätig war? Im März 2021, mitten in einer existentiellen Gesellschaftskrise, zitiert sie das RedaktionsNetzwerk Deutschland mit den Worten:
"Trotz Corona sei es wichtig, weiter die Aufmerksamkeit auf die Klimakrise zu lenken, sagt Carla Reemtsma, deutsche Sprecherin von Fridays for Future. Sie kritisiert die Corona-Hilfen für die Industrie – damit würden 'nicht mehr gegenwartsfähige' Branchen unterstützt."
Im März 2022 darf sie als Gastautorin eines Leitartikels vermeintlich geopolitisch und irgendwie "allwissend" klugscheißern:
"Nur der konsequente Ausbau Erneuerbarer Energien, energetische Sanierungen und Millionen Wärmepumpen können langfristig die Unabhängigkeit von Kohle, Öl und Gas und damit potenziell autokratischen Regimen und fossilen Oligarchen sichern."
Abschließende aufschlussreiche Gesamtbilderwähnungen
Der amtierende grüne Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen Oliver Krischer saß von 2012 bis 2022 im "Rat der Agora Energiewende". Der ehemalige Agora-Gründungsdirektor Baake wurde so ganz nebenbei im Juli 2022 von Minister Habeck zum "Sonderbeauftragten für deutsch-namibische Klima- und Energiekooperation" ernannt. Bezüglich dieser "Notwendigkeit" findet sich die Information:
"Projekt Ammoniak aus Namibia – Rainer Baake, Ex-Staatssekretär und Sonderbeauftragter des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) für die deutsch-namibische Klima- und Energiekooperation, berichtete von seinem Projekt. Damit soll in Namibia mittels Strom aus erneuerbaren Anlagen klimaneutral Ammoniak (NH3) hergestellt und nach Deutschland verschifft werden."
Aktuell wird er laut Medienangaben im politischen Berlin als neuer Chef der Deutschen Energie-Agentur (dena) gehandelt. Grund dafür: Der designierte neue Geschäftsführer der dena, Michael Schäfer, muss schon wieder verabschiedet werden, da er sich als protegierter Trauzeuge Graichens entpuppte, des Habeck-Einflüsterer der Stunde. Am 26. April titelte die Berliner Zeitung: "Text von Luisa Neubauer wird Thema in Abi-Prüfung: Nahm eine Grünen-Ministerin Einfluss?"
Dieses unschöne und unattraktive Gesamtmosaik zeitnah abzuhängen, diese verfilze grüne Politik rund um Habeck und der zerstörerischen Partei Bündnis 90/Die Grünen dringlichst zu beenden, obliegt wie schon so oft in den vergangenen Jahren dem mehrheitlichen Wählerwillen.
Ein Welt-Artikel informierte Ende April: "Die Grünen sind so unbeliebt wie zuletzt vor 14 Monaten. Mit 14,5 Prozent haben sie weniger Rückhalt als die AfD. Das wirkt sich auch auf die Unterstützung für die Ampel-Koalition aus: Sie liegt nur noch bei 43,5 Prozent."
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