Unseriös, unjournalistisch, unwahr: Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau

Die Tagesschau fabuliert lang und breit von einem angeblichen Kreml-Plan für die Schaffung einer "deutschen Querfront" zur Beeinflussung der deutschen Politik. Beweise? Fehlanzeige. Was das noch mit Journalismus zu tun hat? Gar nichts. Dafür sehr viel mit Propaganda.

von Uli Gellermann

Die Tagesschau hat ausgiebig von einer "deutschen Querfront" berichtet, die vom Kreml installiert worden sein soll, um Einfluss auf die deutsche Politik zu nehmen. Ihre Quelle ist die Washington Post. Der Text des Tagesschau-Beitrags wird hier wiedergegeben und analysiert. Die Original-Tagesschau-Aussagen sind kursiv gesetzt. Die Analyse ist nicht markiert.

"Der 'Washington Post' liegen vertrauliche Dokumente vor …"

Die Washington Post galt lange Jahre als relativ seriöse Zeitung. Inzwischen gehört sie dem Amazon-Dealer und Multimilliardär Jeff Bezos. Warum und für wen sind die Dokumente vertraulich? Journalismus kann und muss, gerade wenn er Behauptungen verbreitet, seine Quellen offenlegen. Tut er das nicht, sollte man von gezielter Gerüchtemacherei ausgehen.

"… nach denen die russische Regierung gezielt Einfluss auf die Politik in Deutschland nehmen wollte – durch Unterstützung einer Anti-Kriegs-Allianz von Rechten und Linken …"

Die behauptete "Allianz von Rechten und Linken" wird durch nichts bewiesen. Wer im Kriegsfall Behauptungen über Dritte von Dritten ohne jeden Beleg übernimmt, der handelt als Agent für jene Mächte, die sich gern für Kriege einsetzen. Die USA sind absoluter Kriegs-Weltmeister.

"… dass Moskau gezielt versucht haben soll, Einfluss auf die Politik in Deutschland zu nehmen, indem Russland das Bilden einer Allianz aus Wagenknecht, der extremeren Linken und der AfD unterstützt: Das ließ sich bislang nicht nachweisen. Möglicherweise hat sich das geändert."

"Versucht haben soll", "ließ sich bislang nicht nachweisen", "möglicherweise … geändert". Wo kein Wort belegt ist, wird kein Wort wahr sein.

"Die entsprechenden Unterlagen stammen von einem europäischen Geheimdienst und wurden zwischen Juli und November letzten Jahres in Russland angelegt."

Welcher "europäische Geheimdienst"? Wann? Wo? In wessen Auftrag? Wer hat die "Unterlagen" angelegt? Wo sind sie jetzt? Warum werden sie weder von der Washington Post noch von der Tagesschau veröffentlicht?

"Versuche, in Deutschland eine Anti-Kriegs-Stimmung zu schüren, sind Teil einer verdeckten Front im Krieg gegen die Ukraine."

Weder ist der Versuch bewiesen, noch kann oder will die Tagesschau Fakten nennen.

"Das aktive Unterstützen einer sogenannten Querfront in Deutschland sei erstmals im September von führenden Funktionären in Moskau vorgeschlagen worden."

"Sei" ist ein Lügenwort so wie "konnte, vielleicht, möglicherweise" und hat in sauberem Journalismus nichts zu suchen.

"Was die Dokumente nicht enthalten, sind Hinweise auf direkte Kontakte zwischen den russischen Strategen und möglichen Partnern in Deutschland."

Das Wort "Dokumente" soll die Seriosität des Geheimdienst-Papiers vortäuschen. Wenn etwas "nicht enthalten ist", dann darf es das für seriöse Journalisten auch nicht geben.

"Es habe jedoch in fraglichem Zeitraum Kontakte gegeben zwischen russischen Funktionären, mehreren AfD-Mitgliedern und mindestens einer Person aus dem Umfeld von Sahra Wagenknecht."

Namen? Orte? Datumsangaben? Alles, was echten Journalismus ausmacht, fehlt. Stattdessen drei Unwörter: "Es habe jedoch …"

"Von Geld ist in dem 'Washington Post'-Artikel nicht die Rede, dafür aber von einem Manifest, das Kreml-Strategen für die AfD aufgesetzt haben sollen."

Wenn von Geld nicht die Rede war, warum reden die Tagesschau und die Washington Post dann trotzdem davon? Um den Verdacht bezahlter Agenten-Tätigkeit in die Manipulationswelt zu setzen. Erneut die Lügenbegriffe "haben sollen".

"Das Blatt hat sich jedoch nach eigenen Angaben die Erkenntnisse aus den Dokumenten von Vertretern westlicher Regierungen bestätigen lassen."

Erneut keine Namen jener "Vertreter", die die unbewiesenen "Erkenntnisse" bestätigt haben sollen. Der komplette Text eines Sebastian Hesse vom ARD-Studio Washington ist ein rein spekulatives Schmierenstück. 

Die Tagesschau gilt als politischer Taktgeber für die deutschen Medien. Im vergangenen Jahr verbuchte sie im Schnitt täglich 10,131 Millionen Zuschauer.

Zuerst veröffentlicht auf der Medienplattform RATIONALGALERIE am 23. April 2023.

Uli Gellermann ist Filmemacher und Journalist. Seine Erfahrungen mit den öffentlich-rechtlichen Sendern begründen seine Medienkritik. Er ist Herausgeber der Internetseite rationalgalerie.de.

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