Von Bernhard Loyen
Wo anfangen bei der dringend benötigten Aufarbeitung einer epochalen Gesellschaftskrise der Jahre 2020 bis in die Gegenwart? Bei den aggressiven politischen Treibern der Maßnahmenpolitik, oder den unterstützenden prominenten Erfüllungsgehilfen aus allen Bereichen der Gesellschaft?
Bei den Millionen Opfern im Land, ausgehend von restriktiven Nötigungen an Leib und Seele, mit zum Teil irreparablen und irreversiblen Schäden bis an das leidvolle Lebensende?
Sind die Forderungen nach einer rückblickenden Untersuchung überhaupt angebracht, also nötig? In meiner persönlichen Betrachtung unbedingt ja, und noch dazu bitte unmittelbar beginnend. Ohne Verzögerungen, ohne Durchatmen, ohne "Erholungspause", ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten.
Des Bürgers individuelle Befindlichkeiten wurden in der Corona-Krise seitens der politischen, medialen und wissenschaftlichen Macht nachweislich ignoriert. Sie wurden überfahren und unter Androhung von Strafen – unter anderem Berufsverbote, Verweilverbote, Besuchsverbote, Bewegungsverbote, Denkverbote – schlicht abgeschafft. Die im Grundgesetz verankerte und bis März 2020 selbstverständliche Eigenverantwortung eines Menschen galt bis auf Weiteres auf einmal als obsolet.
So blieb manch verzweifelten und von den Verursachern im Dasein überfahrenen Menschen nur die unmittelbare Beschwerde- also Kontaktaufnahme mit den rundum geschützten Politikern – über Kommentierungen in den sozialen Medien.
Am 11. September 2022 ließ der Machtmensch Karl Lauterbach über sein rege genutztes Twitter-Konto wissen: "Der Holocaust ist und bleibt hoffentlich das größte Verbrechen der Menschheit. Das dürfen wir nie vergessen."
Eine dauergestresste und verzweifelte Bürgerin kommentierte diesen Satz. Unmissverständlich in der Formulierung. Dies brachte ihr nun eine Geldstrafe von 12.000 Euro ein. Der juristisch beanstandete Satz lautet:
"Das wird man später über deine Verbrechen an der Menschheit auch sagen. Dein Gen-Experiment wird wahrscheinlich noch schlimmer."
Es folgte ein erster Strafbefehl und die Androhung von 2.000 Euro Geldstrafe. Es kam zum Gerichtsverfahren, da sich die Beschuldigte uneinsichtig zeigte und Einspruch einlegte. Laut Informationen eines Artikels in der Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) (Bezahlschranke) räumte die Frau ein, "dass sie diese Aussage veröffentlicht hat." Der Artikel schreibt nichts über das Alter der Angeklagten, was wichtig wäre, für das Gesamtverständnis. Was der Leser jedoch erfährt:
"Sie berichtet, dass sie während der Pandemie ihre Schwiegermutter beim Sterben nicht begleiten konnte, dass ihre Kinder noch heute unter den Folgen der Pandemie leiden, und auch ihr kleines Unternehmen musste sie schließen."
Also ein tausend- wenn nicht millionenfaches Schicksal einer deutschen Corona-Biografie. Hat Karl Lauterbach in dieser Zeit gelitten, außer körperlicher selbstverschuldeter Einschränkungen? So lautete eine Schlagzeile im August 2021:
"Karl Lauterbach schläft seit Pandemie-Beginn zu wenig und trinkt jeden Tag Wein."
In dem RNZ-Artikel heißt es weiter bezüglich der Angeklagten:
"Sie vermeidet das Wort Impfung, spricht stattdessen von 'der Spritze'. Sie glaubt, dass Millionen Menschen an den Folgen der Corona-Schutzimpfung sterben werden. Und sie bemängelt, dass sie für ihre Meinung angeklagt werde."
So weit dies für aufmerksame und wache Bürger festzustellen ist, liegen hier keinerlei inhaltliche Mängel vor, wenn man "Millionen Menschen" im globalen Kontext betrachtet. Eine selbstbewusste und klare Tatsachenmeinung also, die im Jahre 2023 Bestandteil einer Gerichtsverhandlung ist. Der weiterhin amtierende Bundesgesundheitsminister schwankte demgegenüber regelmäßig in seinen Tatsachenäußerungen. Erst als es nicht mehr medial-politisch – also karrierrerechtfertigend – zu vermeiden war, gab Lauterbach argumentativ halbherzig zumindest zu, dass der mRNA-Wirkstoff der Stunde Probleme mit sich bringt. Für die nachweislich leidenden Opfer eine schallende Ohrfeige ins Gesicht.
Seine Einschätzungen und Äußerungen zu vermeintlich "nebenwirkungsfreien und -armen" Realitäten, in Bezug auf ein voreilig und fahrlässig auf den Markt geworfenes Pharmaprodukt, sind hinlänglich bekannt, dokumentiert und für die Nachwelt gesichert, wie auch sonstige fatale Fehlentscheidungen jener Zeit.
Der verantwortliche Staatsanwalt erkannte bei der Beschuldigten nun einen "Denkfehler". Denn "in der Verhandlung gehe es gar nicht um die Richtigkeit oder Gefährlichkeit von Impfungen", sondern "um die direkte Verknüpfung ihrer Aussage mit dem Holocaust." Weiter heißt es in dem Artikel:
"...da sie ihren 'Tweet' unter eine Veröffentlichung zum Thema Holocaust geschrieben hat, sei dies 'nahe an der Volksverhetzung'."
Volksverhetzung, ein großes Wort. Mittlerweile ein bekanntes und regelmäßiges Todschlagargument seitens Politik, Medien und Großteilen der Gesellschaft, wie auch die Begriffe 'Antisemit' oder 'Reichsbürger/Rechter' zum Zwecke der bewussten Diskreditierung missliebiger Mitbürger. Die Formulierung sei "nahe an der Volksverhetzung", also nicht so ganz, aber anscheinend doch ausreichend zur Disziplinierung?
Im Oktober 2021 durfte Karl Lauterbach demgegenüber, unbekümmert und unantastbar in seiner Position, folgenden "Spontan-Mental-Genozid-Gedanken" gegenüber Millionen Deutschen äußern:
"Klar ist aber, dass die meisten Ungeimpften von heute bis dahin entweder geimpft, genesen oder leider verstorben sind, denn das Infektionsgeschehen mit schweren Verläufen betrifft vor allem Impfverweigerer."
Klar bleibt weiterhin nur die berühmte "Kloßbrühe". Mitnichten aber die trübe, rotweingeschwängerte und mehr als bedenkliche Gedankenwelt des Karl Lauterbach. Diese bleibt nachweislich weiterhin juristisch unbeachtet, trotz belegbarer Fehldeutungen ("oder leider verstorben"), Fehlinformationen ("nebenwirkungsfrei") , aggressiver Beleidigungen und schlichter – auch menschlicher – Inkompetenz.
Warum hat das BMG, ein aufmerksamer Social-Media-Mitarbeiter des Karl Lauterbach, die Twitter-Kommentierung der (verzweifelten?) Frau zur Anzeige gebracht? Brauchte es ein weiteres Exempel an einer unzufriedenen "Lauterbach-Nichtversteherin"? Oder liegt dieser Gedanke "nahe an" einem "Denkfehler" und kurz vor "übler Nachrede"? Der Staatsanwalt forderte eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 50 Euro, also 2.000 Euro. Der Verteidiger: Freispruch. Licht in das Ganze bringt schließlich der RNZ-Artikel. Dort heißt es:
"Dass in der Verhandlung zwei Welten aufeinander prallen, wird immer wieder an Kleinigkeiten deutlich: Die Richterin trägt als einzige einen Mund-Nasen-Schutz, ein Fenster bleibt während der zwei Stunden dauernden Verhandlung fast durchgehend geöffnet."
Eine "Lauterbach-Versteherin" oder schlicht zuverlässige Dienerin des Staates? Vor der Urteilsverkündung und der mehr als auffälligen disziplinarischen Erhöhung der Gesamtstrafe soll die Richterin der Angeklagten mitgeteilt haben, "dass es für sie 'teurer' werden könnte." Die Beklagte ließ sich aber auch davon nicht beeindrucken. Resultat:
"Mit 120 Tagessätzen à 100 Euro, also 12.000 Euro, liegt die Geldstrafe, zu der die Frau verurteilt wird, schließlich deutlich über dem vom Staatsanwalt geforderten Strafrahmen. Die Angeklagte sei zwar geständig, doch ihre Aussage sei ein Vergleich mit dem Holocaust."
Lag es nur daran? Es erfolgte seitens der Richterin eine subjektive Abstrafung, trotz der bekannten und belastenden privaten Realitäten der Frau in der Corona-Krise. Da stellen sich spontane Fragen:
Schuld, Sühne und Strafe, aber nur für die Bürgerseite? Dürfen sich die Menschen keinen einzigen "schwachen Moment", keine bedingt forcierte Formulierung mehr in diesem Land erlauben? Darf der Begriff "Willkür-Justiz" in der Gesamtbetrachtung hier seine Erwähnung finden? Warum darf ein Karl Lauterbach weiterhin ungehemmt sein Wankelmut-Dasein bis in die Gegenwart ausleben, ohne jegliche Konsequenzen? Warum ist ein Rücktritt des Bundesgesundheitsministers in der täglichen medialen Berichterstattung – im politischen Berlin anscheinend überhaupt nicht – weiterhin nur ein seltenes Randthema?
Die Corona-Krise bedarf umgehend einer aufrichtigen und glaubwürdigen Aufarbeitung. Dabei müssen nun endlich auch Verantwortliche von der "Seite der Macht", der politischen, wissenschaftlichen und medialen Treiber millionenfacher Biografie-Nötigung, in juristische Verantwortung genommen werden.
Der "Corona-Spaltpilz" hat tiefe und nachhaltige Furchen und Gräben durch die Gesellschaft gezogen. Möge die juristische Aufarbeitung einige davon zumindest wieder oberflächlich zuschütten und glätten, und eine weiterhin gereizte Gesamtstimmung im Land dadurch zumindest in Ansätzen etwas befrieden.
Mehr zum Thema - "Keine Daten vorhanden": PEI gibt zu, brisante Verdachtsfälle gar nicht auszuwerten