Von Gert Ewen Ungar
Der deutsche Wirtschaftsminister war in der Ukraine und hat sich dort die auf ihn persönlich zugeschnittene Portion ukrainischer Staatspropaganda abgeholt. Dass sie bei Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) auf fruchtbaren Boden fällt, war klar, denn Habeck misstraut nicht nur allen Russen, sondern auch allen, bei denen sich andeutet, sie könnten mit Russen Umgang pflegen.
Das machen schon die Säuberungen in seinem eigenen Ministerium deutlich. Jeder, der nicht Habecks Meinung ist, setzt sich dem Verdacht aus, für "die Russen" zu arbeiten. Der Verfassungsschutz wird dann eingeschaltet.
Dabei fällt es klar denkenden Menschen recht einfach, nicht Habecks Meinung zu sein, denn er lässt sich von Ideologie und Emotion leiten. Das macht es für ihn selbst einfach, denn für ihn ist die Welt klar geordnet, und er muss weder diese Ordnung noch seinen Standpunkt hinterfragen. Die Russen sind die Bösen, die Ukraine ist das bedauernswerte Opfer, das es zu unterstützen gilt, Deutschland gehört zu den moralisch Guten und hilft daher der Ukraine. Schlicht und einfach und eben doch ganz falsch.
Für Deutschland ist diese schlichte Geisteshaltung des Wirtschaftsministers jedenfalls problematisch, denn sie entspricht nicht der Realität und ist in ihren Konsequenzen für Deutschland und die Deutschen ziemlich teuer.
Selenskij jedenfalls gelang es, Habeck an seinem wunden Punkt zu treffen: bei den Gefühlen. Selenskij zeigte ihm nicht nur die menschlichen Opfer der russischen Aggression, sondern sich selbst auch einfühlsam. Das hat den Wirtschaftsminister besonders beeindruckt, wie er in einem Interview hervorhebt. Der ukrainische Präsident zeigt Gefühl angesichts der Leiden seines Volkes. Was ein dufter Typ.
Nun, Selenskij ist von Beruf Schauspieler, und sein tägliches Handeln deutet insgesamt auf einen wenig empathischen Menschen. Selenskij schickt jeden Tag hunderte ukrainische Soldaten in einen unter militärstrategischen Gesichtspunkten völlig sinnlosen Tod. Das Leid der Menschen im Osten des Landes, für das er persönlich verantwortlich ist, zeigt Selenskij Habeck natürlich nicht. Dort lässt sich der als einfühlsam inszenierende ukrainische Staatenlenker Zivilisten mit westlichen Waffen beschießen und begeht damit Kriegsverbrechen – und zwar täglich.
Habeck bedauert übrigens, dass Deutschland erst relativ spät bereit war, diese Waffen zu liefern. Ein Menschenleben im Donbass ist für den grünen Politiker offenbar weniger wert als eines in Kiew. Habeck interessiert sich nicht für Fakten, nicht für harte Tatsachen, und lässt sich von Selenskijs Inszenierung zu Tränen rühren. Ein peinliches Schauspiel.
Habecks Gefühlsaufwallung hat jedenfalls Konsequenzen. Das Sanktionsregime sei noch nicht umfassend genug, gab ihm der ukrainische Präsident zu verstehen, denn russisches Uran sei bisher noch nicht betroffen. Der deutsche Wirtschaftsminister hat ein Einsehen und will künftig auch Uran sanktionieren. Deutschland wird seine Atomkraftwerke eh abschalten, wozu also Uran? Unter anderem Frankreich wird das anders sehen. Das Land setzt nach wie vor auf Atomkraft. Der Konflikt innerhalb der EU ist vorprogrammiert.
In Deutschland setzt man dagegen auf die Wärmepumpe. Die braucht kein Erdgas und kein Heizöl und macht von Russland unabhängig. Sie braucht allerdings Strom, der sich im benötigten Umfang nicht allein aus Sonne, Wind und Wasser wird generieren lassen. Hinzu kommt noch das Verbrenner-Aus. Deutschland will die E-Mobilität in großem Umfang fördern. Es wird damit absehbar zum Importland für Strom – für ganz viel Strom. Unter anderem Frankreich kommt als Lieferant infrage, allerdings nur, wenn es weiter russisches Uran importieren kann. Im Moment des aufwallenden Gefühls der Solidarität mit der Ukraine ist dem Minister dieser Zusammenhang irgendwie durchgerutscht.
Ein Dorn im Auge ist dem deutschen Wirtschaftsminister auch, dass eine ganze Reihe von Staaten sich nicht an das Sanktionsregime der EU hält. Es entsteht partout nicht das gewünschte Ausmaß an Mangel in der russischen Gesellschaft. Sekundärsanktionen sollen es richten. Diese galten bisher als Tabu und völkerrechtswidrig. Jetzt sollen sie eingesetzt werden, um Staaten und Unternehmen in diesen Ländern abzustrafen, die Russland mit Waren aus dem Westen versorgen oder von dort sanktionierte Waren beziehen und weiter vertreiben. Das wird Deutschlands ohnehin schon recht bescheidenen Grad an Beliebtheit in der Welt nicht erhöhen und auch nicht zu einem größeren Rückhalt für das völkerrechtlich fragwürdige Sanktionsregime der EU führen.
Wichtig ist Habeck, dass Deutschland bei aller Unterstützung der Ukraine nicht Kriegspartei wird. Der Minister tut so, als gäbe es da völlig klare Regeln. Dem ist nicht so. Spätestens mit der Ausbildung von ukrainischen Soldaten durch die Bundeswehr ist die Grenze zur aktiven Beteiligung überschritten. Letztlich legt es ohnehin Russland fest, ab welchem Grad es ein Land als Kriegspartei sieht.
Würde er russische Medien verfolgen, wüsste Habeck, dass Russland Deutschland längst als Konfliktpartei betrachtet. Das macht der Minister freilich nicht, denn in russischen Medien kommt seiner Auffassung nach keine sachliche Information, sondern nur russische Propaganda. Also träumt er weiter vor sich hin und hält Deutschland für unbeteiligt und im Geiste friedfertig.
Habeck reiste übrigens mit einer Wirtschaftsdelegation nach Kiew. Deutsche Unternehmen sollen in die Ukraine investieren. "Brutal viel", wie er sagte. Es geht ihm auch um einen grünen, energiegewendeten Wiederaufbau. Damit deutsche Unternehmen auch Lust auf Investitionen bekommen, sollen die Investments staatlich abgesichert werden. Die Ukraine ist übrigens pleite. Sie wird nur durch Zahlungen des Auslands gerade so über Wasser gehalten. Bisher war die Absicherung von Investitionen in Kriegsgebieten aus naheliegenden Gründen auch nicht üblich, denn die Risiken sind schlicht unübersehbar.
Habeck ist das alles egal. Ukraine, Ukraine über alles – vor allem aber über die vitalen Interessen Deutschlands und seiner Bürger. Habeck ist mit seiner Einseitigkeit und seiner ideologischen Verbohrtheit Deutschlands größtes Wirtschaftsrisiko. Der Besuch in Kiew machte obendrein deutlich: Deutschland und seine Wirtschaft sind dem deutschen Wirtschaftsminister ziemlich schnuppe.
Mehr zum Thema – Betrieb ukrainischer Kernkraftwerke für Habeck "in Ordnung"