Von Rainer Rupp
In ganz Westeuropa gibt es kein anderes Land, vielleicht mit Ausnahme Großbritanniens, in dem in den Medien in allen gesellschaftlichen Bereichen, ob in Politik, Wirtschaft, Kunst und selbst im Sport, derart systematische Hetze gegen alles "Russische" betrieben wird wie in Deutschland. Die öffentlich-rechtlichen Sender tun sich dabei besonders hervor, wobei der Deutschlandfunk (DLF) eigens hervorzuheben ist. Mit wenig logischen, aber dafür mit "moralin"- und gefühlsüberladenen Argumentationslinien werden die Russen und ihr grausamer Zar "Putin der Schreckliche" zum Kern alles Bösen.
Die dabei im Brustton der Überzeugung vorgetragene Heuchelei über unsere demokratische und friedliche Welt in EU-Borrells "europäischem Garten", die von "Putins Krieg" für immer verändert wurde, wird von Tag zu Tag unerträglicher. Aktuell versuchen sich die gekauften und bezahlten Leihmäuler der transatlantischen Eliten gegenseitig in der Agitation der deutschen Öffentlichkeit gegen den Beschluss des Internationalen Olympischen Komitees zu übertreffen. Alle russischen Sportler, die "Putins Krieg" nicht öffentlich verurteilen, sind demnach Instrumente von Putins Kriegspropaganda und am Krieg gleichermaßen schuld. So lautete z. B. das Fazit einer verworren argumentierten Forderung der DLF-Kommentatorin Jessica Sturmberg am 1. April zur besten Sendezeit.
Da können wir Deutsche von Glück sagen, dass die Russen, nachdem ihr Land von den deutschen Herrenmenschen zerstört und 27 Millionen ihrer Eltern, Väter, Ehemänner, Kinder und Mütter ermordet worden waren, in den Jahren nach 1945 die Schuld der deutschen Bevölkerung nicht mit demselben Maßstab bemessen haben, wie das die DLF-Kommentatorin Sturmberg mit den russischen Sportlern tut.
Aber schauen wir uns mal genauer an, was die Dame Sturmberg so zu sagen hatte (ein Audio-Link zu ihrem ganzen DLF-Kommentar findet sich hier). Zur Einleitung säuselt Frau Sturmberg mit einschmeichelnder, von Erinnerungen ein wenig verklärter Stimme:
"Menschen, die zusammen Sport machen, in einem fairen Wettstreit gegeneinander antreten, während der Olympischen Spiele im olympischen Dorf wohnen, zusammenfinden, Freundschaften knüpfen über kulturelle Barrieren hinweg, das ist keine Theorie, das gibt es wirklich so. Olympioniken erzählen das mit leuchtenden Augen, allerdings in der Vergangenheitsform."
Ja, diese wunderschöne Zeit! Und jetzt ist alles vorbei, denn die Russen haben diese Märchenwelt zerstört. In verändertem Tonfall fährt Frau Sturmberg fort:
"Inzwischen bringt das Internationale Olympische Komitee Athletinnen und Athleten immer wieder in einen tiefen Gewissenskonflikt, lädt auf sie ab, was auf höchster Ebene entschieden werden müsste, und das wäre jetzt ganz klar: Kriegstreibende Nationen wie Russland sollten bei internationalen Wettkämpfen nicht mitmachen dürfen."
Die Forderung einer Pazifistin, kriegstreibende Nationen bei internationalen sportlichen Wettkämpfen auszuschließen, muss man nicht billigen, aber sie ließe sich durchaus nachvollziehen. Aber wenn hier eine echte Pazifistin geredet hätte, dann würden an erster Stelle der kriegstreibenden Nationen die USA und Großbritannien und andere NATO-Länder stehen, einschließlich Deutschland. Aber von denen wird niemand erwähnt. Deren Kriege sind unsichtbar, als "humanitäre Interventionen" zur Durchsetzung von Demokratie und dem Recht der Konzerne auf Zugriff fremder Bodenschätze getarnt.
Folglich gibt es beim Deutschlandfunk aktuell auf der ganzen Welt nur eine einzige "kriegstreibende Nation", und das ist Russland. Selbst der Krieg Saudi-Arabiens im Jemen existiert für Frau Sturmberg nicht. Sind die Herrschaften in den Redaktionsstuben der Öffentlich-Rechtlichen derart arrogant zu glauben, dass selbst die gebildete Zuhörerschaft, derer sie sich rühmen, nur noch aus manipulierten Idioten besteht, die von all dem Irrsinn, den sie uns erzählen, nichts merken? Glauben sie, dass ihren Zuhörern nicht auffällt, dass Frau Sturmberg das Gegenteil einer Pazifistin ist? Wenn es nach ihr geht, darf es keinen Frieden mit Russland geben, denn sie setzt sich nicht einmal für Kontakte, Verständigung und daraus mögliche Entspannung ein. Hinter ihren fein geschmiedeten Worthülsen erkennt man beim genaueren Hinsehen eine NATO-Propagandistin, die gegen Russen hetzt.
So wettert Sturmberg gegen IOC-Präsident Thomas Bach, dass er eine Kollektivschuld russischer Sportler an dem Krieg ausschließt und auf das Individuum setzt, das nicht für die kriegerischen Handlungen seiner Staatsführung bestraft werden sollte. Empört argumentiert Sturmberg dagegen, dass nämlich ...:
"... autokratische Regime ihre Athletinnen und Athleten ja gerade als Teil ihrer Propaganda auf die sportliche Bühne senden, um Stärke und Überlegenheit zu demonstrieren und ein Signal nach außen in die Welt, aber vor allem auch nach innen ins eigene Land zu senden. Ob sie wollen oder nicht. Russische Athletinnen und Athleten treten im Namen der Politik ihres Landes an. Ihre Siege sind Siege für Putin und vor allem ein Sieg für den Krieg."
Wie man sieht, geht es Frau Sturmberg nicht um Moral, sondern um Propaganda. Dazu gehört die scheinheilige Thematisierung des angeblich "tiefen Gewissenskonflikts der deutschen Athletinnen und Athleten", in den das Internationale Olympische Komitee sie mit der Zulassung von Sportlern aus Russland gebracht haben.
Aber ist es nicht gerade in Krisen- und Spannungszeiten besonders wichtig, dass Menschen aus verfeindeten Staaten in einem fairen, sportlichen Wettstreit gegeneinander antreten, im olympischen Dorf wohnen, zusammenfinden, Freundschaften knüpfen über kulturelle Barrieren hinweg und durch diese vom Fernsehen in Wohnstuben übertragenen Szenen einen Beitrag zur internationalen Entspannung leisten? Aber Frau Sturmberg – nomen est omen – will offensichtlich genau das verhindern, was die Frage erlaubt: Wer ist hier der wirkliche Kriegstreiber?
Auch sollten wir die Behauptung hinterfragen, dass deutsche Sportler in einem fairen sportlichen Wettstreit mit russischen Sportlern in einen "tiefen Gewissenskonflikt" geraten würden, wenn sie diese Probleme im Wettkampf mit US-amerikanischen und britischen Sportlern offensichtlich nicht haben, obwohl auch diese Sportler oft enge Verbindungen zu den nationalen Streitkräften ihrer Heimatländer haben.
Mir scheint, dass diese angeblich "tiefen Gewissenskonflikte" gegen russische Sportler den deutschen Sportlern von politisch-korrekten Sportmanagern und Medien-Manipulatoren aufgezwungen wurden. Wer als Sportler weiter gesponsert werden will, der muss bei der Erwähnung der Teilnahme "russischer Sportler" sofort erklären, "tiefe Gewissenskonflikte" zu empfinden.
Ich kann mir natürlich vorstellen, dass es auch deutsche Sportler gibt, die nicht an einem fairen sportlichen Wettstreit interessiert sind und lieber die starke russische Konkurrenz von vornherein mithilfe von "tiefen Gewissenskonflikten" ausgeschaltet wissen wollen. Aus dieser Gruppe von Sportlern werden wir aufgrund der IOC-Entscheidung sicherlich noch viele Klagen über die unglaublichen seelischen Qualen hören, bei dem Gedanken, gegen die russischen Konkurrenten anzutreten. Dagegen gibt es jedoch eine einfache Lösung.
Der Sportler, dem die Qualen der Gewissenskonflikte zu groß sind, sollte als Symbol seines moralischen Widerstandes gegen Russland und seiner Opferbereitschaft für die Ukraine Putin ganz persönlich sanktionieren und aus Protest nicht an der Olympiade teilnehmen. Das ist nicht zu viel verlangt, denn die große Masse des deutschen Volkes bringt seit über einem Jahr aus demselben Grund große persönliche Opfer. Aus Solidarität mit der Ukraine verzichten wir alle auf billiges und gutes russisches Gas und Öl und bezahlen dafür drei- bis viermal so viel für Energie aus demokratischen US-amerikanischen oder saudi-arabischen Quellen.
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