Von Wiktorija Nikiforowa, RIA Nowosti
Der zweite von der Biden-Administration organisierte "Gipfel für Demokratie" wurde gestern sinnigerweise mit dem Thema der Ukraine eröffnet. Das kriminelle Gebilde, in dem ein Putsch nach dem anderen stattfand, in der die Armee seit Jahren ihre eigenen Bürger vernichtet, in der gewalttätige Nazis ungehindert ihr Unwesen treiben und Dissidenten am helllichten Tag ermordet wurden, wird als Leuchtturm der Demokratie und als Ideal dargestellt, nach dem alle 120 Teilnehmerländer streben sollten.
Es ist nicht schwer zu erkennen, dass unsere Gegner einfach ein gutes griechisches Wort privatisiert haben. Wenn die Führer eines Landes alle Befehle aus Washington befolgen, sind es Demokraten. Wenn die Führer einen unabhängigen Kurs einschlagen, werden sie als "Autokraten" oder sogar "Diktatoren" abgestempelt.
Wenn aber die Staats- und Regierungschefs eines Landes versuchen, sowohl ihre Souveränität zu wahren als auch Konflikte mit Washington zu vermeiden, werden sie zu dem "Gipfel für Demokratie" schlicht nicht eingeladen – wie es dieses Mal mit der Türkei und Ungarn geschah. Das sind Mitglieder der NATO, sind aber nicht übereifrig dabei, alle amerikanischen Wünsche zu erfüllen.
Wir erinnern uns noch gut an all dies aus eigener bitterer Erfahrung. Als unser Land in den 1990er Jahren in Trümmern lag, galt die russische Führung in Washington als sehr demokratisch. Das war durch nichts zu erschüttern – nicht einmal durch Jelzins Krieg gegen das eigene Parlament. Sobald Russland seinen eigenen Weg ging, stellte sich heraus, dass wir in einer "Diktatur" lebten. Völlig egal, wie sehr man die Wahltechnologie entwickelt oder sich um die Menschenrechte kümmert – ein Bereich, in dem Russland hervorragende Ergebnisse erzielt hat –, Washington wird uns weiter als Tyrannei bezeichnen und in Hollywood werden Horrorfilme über russische Schurken gedreht.
Bei China war die Geschichte komplizierter. Das erste Mal, dass wir erfuhren, dass China von schlechten "Diktatoren" regiert wurde, war unmittelbar nach dem Scheitern der Farbrevolution auf dem Platz des Himmlischen Friedens. Verärgerte Amerikaner forcierten das Thema des "autoritären" Peking, das Menschen unterdrückt, noch mehrere Jahre lang.
Dann ebbte die Hysterie ab – die Geschäfte beider Länder erwiesen sich als zu engmaschig. Je reicher aber China wurde, desto gefährlicher schien es zu werden. Nachdem Präsident Xi Jinping zu einer dritten Amtszeit gewählt wurde, kamen die bekannten Beschimpfungen ins Spiel. Genosse Xi sei noch kein "Diktator" wie Putin, aber immerhin bereits ein "Autokrat".
Gegen diese, verzeihen Sie den Ausdruck, "Tyrannen" richtet sich der "Gipfel für Demokratie". Für Washington ist es wichtig, seine Verbündeten zu examinieren und festzustellen, inwieweit sie bereit sind, sich Russland und China entgegenzustellen.
Die 120 Mitgliedsstaaten interessiert ihrerseits, was Washington ihnen zu bieten hat. Derzeit bietet es ihnen vor allem einen "demokratischen" Regierungswechsel an.
Der Demokratieexperte des Internationalen Republikanischen Instituts, das von einem US-Senator geleitet wird, schreibt offen, dass Washington in die Finanzierung proamerikanischer Parteien in anderen Ländern investiert und seine Vertreter an die Macht bringt. Er fordert von seinen Vorgesetzten, dass mehr Geld für diese Einmischung in die Wahlen anderer Leute bereitgestellt werden sollte. Sonst können sie ihre Leute nicht überall an die Macht bringen. Sonst könnten sie wie Guaidó in Venezuela scheitern.
Viele Länder haben sich mit dieser "demokratischen" Erpressung abgefunden. Die Ministerpräsidenten Südkoreas (das dieses Mal den Vorsitz des "Gipfels für Demokratie" innehatte) haben pflichtbewusst einer nach dem anderen ihr Amt niedergelegt und sind direkt ins Gefängnis gegangen. Geht doch!
Aber was können die USA heutzutage sonst anderen Ländern als Gegenleistung für die Aufgabe ihrer Souveränität bieten? Die amerikanische Wirtschaft schrumpft vor unseren Augen. Statt ihre Verbündeten voranzubringen, versuchen die USA, sie auszurauben. Das beste Beispiel dafür ist Europa, das die Amerikaner ohne jede Rücksicht auf Verluste ausplündern.
Jetzt versucht das Außenministerium, die afrikanischen Länder zu schröpfen, indem es sie gegen Russland und China auszuspielen versucht. Aber sehen Sie nur, wie zynisch sie den Getreidehandel nutzen, um den Schwarzen Kontinent weiter in den Bankrott zu treiben. Die Vereinigten Staaten wollen keine wohlhabenden Länder als Verbündete, sondern nur extrem arme Vasallen, die bereit sind, alles zu tun, bis hin zum Selbstmord, um Washington zu helfen. Kurzum, sie brauchen eine neue Ukraine. Genauer gesagt, viele davon.
Die nüchterne Berechnung zeigt, dass es für nicht wohlhabende Staaten viel einträglicher ist, auf die Zusammenarbeit mit China zu setzen. Daraus werden sowohl Investitionen als auch gesunde Partnerschaften entstehen. China macht Geschäfte, keine Regime Changes.
Und wenn man militärischen Schutz vor Feinden braucht, ist es klüger, sich an Russland zu wenden. Selbst in den schwierigsten Staaten der Welt – wie zum Beispiel in der leidgeprüften Zentralafrikanischen Republik – arbeitet unser Militär nicht, um Konflikte zu schüren, sondern um das Feuer zu löschen und die Sicherheit der Bürger und ihrer rechtmäßig gewählten Behörden zu gewährleisten. Das ist im Grunde genommen der Schutz der Demokratie in schwierigstem Terrain.
Wie steht es um die Demokratie in den Vereinigten Staaten selbst? Massiver Wahlbetrug, ein monströses Strafvollzugssystem, in dem ein Viertel aller Gefangenen der Welt einsitzt, Folterung politischer Gefangener im gefälschten Fall der "Erstürmung des Capitols" und eine Reihe mysteriöser Selbstmorde der an dem Fall Beteiligten. Die brutale Zensur und die Verfolgung von Dissidenten unter dem Schlagwort "cancel culture". Die Kirsche auf der Torte ist die Verhöhnung von Präsident Trump selbst, um dessen Leben man fürchten muss.
Und diese Leute versuchen, der Welt die Demokratie beizubringen ... Es ist nur recht und billig: höchste Zeit, dass wir uns das gute griechische Wort zurückholen!
Übersetzung aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst am 29. März auf ria.ru erschienen.
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