Von Alexander Männer
Die Unterstützung der westlichen Länder für die Ukraine bei dem Kampf gegen Russland scheint nach mehr als einem Jahr Krieg unumstößlich zu sein. In diesem Sinne hatte im vergangenen Februar das inzwischen neunte "Ukraine-Treffen" der NATO-Verteidigungsminister auf der US-Airbase im bayerischen Ramstein stattgefunden, bei dem unter der Leitung des Pentagon-Chefs Lloyd Austin die weitere Hilfe für Kiew im Hinblick auf eine künftige Offensive der ukrainischen Armee beschlossen wurde.
Dabei ist es längst kein Geheimnis mehr, dass die Vereinigten Staaten damit sowie durch andere Initiativen ihre geopolitischen Interessen in diesem Konflikt verfolgen und einen Stellvertreterkrieg gegen die Russen führen, um so ihre hegemoniale Stellung in der Welt zu schützen.
Nicht zu vergessen ist jedoch, dass sowohl die USA als auch die anderen Länder, die der Ukraine auf diese Weise zur Seite stehen, durch Waffenlieferungen und die Bereitstellung von militärtechnischer Unterstützung hervorragend am Krieg mitverdienen und dieses Geschäft offensichtlich so lange wie möglich am Laufen erhalten wollen.
Denn etwa die von Washington im vergangenen Jahr bereitgestellte Finanzhilfe von mehr als 75 Milliarden US-Dollar floss größtenteils offenbar – und das ist das Bemerkenswerteste an dem Charakter der westlichen Hilfe für die Ukraine – in die eigene Rüstungsindustrie. Dadurch konnten US-Waffenhersteller ihre Produktion ausweiten und so mehr Waffen und Ausrüstung verkaufen.
Das gilt auch für die Europäer, die der Ukraine 2022 "EU-Hilfen" in Höhe von knapp 55 Milliarden Euro zur Verfügung stellten und in diesem Rahmen immense Einnahmen durch Waffenexporte in das Krisenland verbuchen konnten. Deutschlands Rüstungskonzern Rheinmetall etwa soll nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung seinen Gewinn im Vergleich zum Vorjahr, das übrigens ein Rekordjahr gewesen ist, um 469 Millionen Euro beziehungsweise 61 Prozent gesteigert haben.
Man erwartet "Fortschritte" im Ukraine-Krieg
Zusätzliche Einnahmen sind in diesen schwierigen Wirtschaftszeiten vor allem aber für die finanzschwachen osteuropäischen Länder lebenswichtig. Dazu gehört auch die Tschechische Republik, die dank des Ukraine-Krieges Rekordgewinne im Rüstungsbereich verzeichnet hat. Dies dürfte nicht zuletzt ein Grund dafür sein, dass Prag Kiew neuerdings auf eine militärische Offensive drängt.
So warnte der neue tschechische Präsident Petr Pavel in einem Interview mit der polnischen Zeitung Rzeczpospolita am Sonntag davor, dass die Möglichkeiten einer Gegenoffensive der Ukraine begrenzt seien und dass die künftige Unterstützung für das Land von dem Kriegsverlauf in diesem Jahr abhängen werde.
Er betonte, dass viele Unterstützer Kiews nach dieser Phase Probleme bekommen könnten, "das derzeitige Niveau der Hilfe" aufrechtzuerhalten. Zudem bedeute "Kriegsmüdigkeit" nicht nur "Erschöpfung von Personal und Ausrüstung in der Ukraine", so Pavel, sondern es gebe diese Kriegsmüdigkeit auch in den Ländern, die für die besagte Unterstützung sorgen würden.
"Viele Länder, viele Politiker erwarten in diesem Jahr Fortschritte. Ich glaube, dass die Ukraine nur einen Versuch haben wird, eine große Gegenoffensive zu starten. Deshalb, wenn sie sich dafür entscheidet, (die Offensive – Anm. d. Red.) zu beginnen und es nicht gelingt, wird es extrem schwierig sein, Mittel für die nächste Gegenoffensive zu bekommen", meinte der Staatschef.
Hochbetrieb bei tschechischen Unternehmen
Tschechien selbst unterstützt die Ukraine praktisch seit den ersten Tagen der russischen Militärintervention mit Waffenlieferungen und Reparaturen von Kriegsgerät, das infolge der Kämpfe beschädigt wurde. Zu betonen ist, dass Tschechien über eine sehr gut ausgebaute Rüstungsindustrie verfügt, die unter anderem den Zweiten Weltkrieg und die problematische marktwirtschaftliche Transformation in den 1990er-Jahren überstanden hatte.
Wie die französische Zeitung Le Monde vor wenigen Wochen dazu berichtete, läuft der tschechische Rüstungssektor schon seit Monaten auf Hochtouren, wobei die Auftragsbücher der Unternehmen rappelvoll sein sollen.
Laut Tomas Kopecny, dem ehemaligen Vize-Verteidigungsminister des Landes und derzeitigen "Regierungsbeauftragten für den Wiederaufbau der Ukraine", hat der tschechische Rüstungssektor im vergangenen Jahr mit 40 Milliarden Kronen beziehungsweise 1,7 Milliarden Euro Rekordeinnahmen verzeichnet, die die Erlöse aus dem bisherigen Rekordjahr 2016 sogar um das Doppelte übersteigen. "Der größte Teil der von der Tschechischen Republik geleisteten Militärhilfe stammt aus Verträgen, die von der ukrainischen Regierung oder von anderen, einschließlich der tschechischen Regierung, bezahlt wurden", so Kopecny.
Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge hat Prag im vergangenen Jahr insgesamt 89 Panzer, 226 Kampf- und gepanzerte Infanteriefahrzeuge, 38 Haubitzen, 33 Mehrfachraketenwerfer, sechs Flugabwehrsysteme, vier Hubschrauber und zahlreiche andere Waffensysteme an die Ukraine geliefert. In den kommenden Monaten sollen außerdem weitere Waffenlieferungen in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro erfolgen.
Angesichts dessen könne Tschechien zudem mit finanzieller Unterstützung aus den USA rechnen, heißt es. So soll Washington der tschechischen Seite 200 Millionen Dollar für Aufrüstung sowie den Ersatz für die militärische Ausrüstung bereitstellen, die an die ukrainische Armee übergeben wurde.
Mehr zum Thema - Petr Pavel: Ex-NATO-General an der Staatsspitze Tschechiens