Von Sergei Sawtschuk, RIA Nowosti
Die kasachische Regierung hat die Übertragung von Anteilen an drei Uranlagerstätten im Land genehmigt, die von Uranium One Inc. verwaltet wurden. Die Ratlosigkeit des wenig informierten Lesers ist hier durchaus verständlich.
Nun ist es so, dass Uranium One Inc., obwohl es in Kanada registriert ist, Teil der Unternehmensstruktur von dem russischen Atomkonzern Rosatom ist. Bis vor relativ kurzer Zeit war ein solches System des Besitzes, des Abbaus und der anschließenden Anreicherung von Natururan zu Reaktorbrennstoff akzeptabel. Der russische Konzern besaß über seine kanadische Repräsentanz Anteile an kasachischen Uranminen, was es aus völkerrechtlicher Sicht leicht machte, den Vorwurf der Marktmonopolisierung abzuwehren. In der Realität des Jahres 2023 sind solche Kleinigkeiten nicht mehr besonders relevant, denn Russland hat sich eigentlich endgültig als weltweit wichtigster Produzent von Uranbrennstoff etabliert.
Um genau zu sein, befand sich Uranium One Inc. im Besitz von zwei Hauptaktionären – der Uranium One Holding N.V. und der russischen Abteilung der Uranium One Group. In Kasachstan setzte die Holding im Zusammenhang mit der Gewinnung von Uranbrennstoff fünf Projekte um, die allesamt von niederländischen Abteilungen durchgeführt wurden. Mit seiner Entscheidung hat das kasachische Kabinett nun folgende Genehmigungen erteilt:
- Uranium One Netherlands B.V. darf seine 50-prozentige Beteiligung an dem Unternehmen Karatau zugunsten der Uranium One Group veräußern;
- Uranium One Utrecht B.V. wurde gestattet, eine 30-prozentige Beteiligung an dem Joint Venture Chorasan-U ("Chorasan-U") zugunsten der Uranium One Group zu veräußern;
- Uranium One Rotterdam B.V. veräußert 70 Prozent der Anteile an der Joint-Venture-Gesellschaft Südliche Bergbau- und Chemiegesellschaft zugunsten der Uranium One Group.
Ja, im Großen und Ganzen findet eine unternehmensinterne Umverteilung von Vermögenswerten statt, aber sie steht uneingeschränkt im Einklang mit dem geopolitischen Kurs Russlands, der auf der gewissenhaften Einhaltung aller rechtlichen Feinheiten beruht.
Die Konzentration von Vermögenswerten in den Händen von Rosatom deutet zum einen darauf hin, dass die beiden Länder eng zusammenarbeiten, und zum anderen, dass die Ära der Versuche einer gleichberechtigten Interaktion mit den rechtlichen und geopolitischen Systemen des Westens endgültig begraben ist. Davon zeugt auch das Präsidialdekret von vorgestern, wonach alle internationalen Verträge des Europarates für Russland nicht mehr gelten. Im Westen wird dies freudig als "Isolation" bezeichnet; in Wirklichkeit sind wir Zeugen der zunehmenden Souveränität unseres Landes, das sich endlich auf den Kurs eines Global Players begeben hat und das Bellen irgendwelcher Hunde um die weiterziehende Karawane ignoriert.
Doch zurück zu den Energiefragen. Im Zusammenhang mit den polternden Ereignissen in der Ukraine ist Kasachstan in der Presse etwas untergegangen, obwohl es unser wichtigster Partner und die eigentliche Brücke nach Süden, nach ganz Asien ist. In jüngster Zeit haben US-Medien unser Land beschuldigt, dass Moskau (während die Vereinigten Staaten sich auf Hunderte Militärbasen rund um den Globus stützen) eine höchst erfolgreiche hybride Offensive führe und dabei die Kernkraft als Rammbock einsetze. Man muss den dortigen Journalisten hoch anrechnen, dass sie diesmal ausnahmsweise nicht gelogen haben. Die Korporation Rosatom hat seine Präsenz auf der Weltbühne im vergangenen Jahr um 20 Prozent gesteigert, ein Drittel davon im Brennstoffsektor.
Während die westliche Allianz über eine Preisobergrenze für russisches Öl diskutierte, schlug Moskau einen Umweg ein und kam über die offene Flanke ins Spiel. Kasachstan ist der unangefochtene Weltmarktführer in der Uranproduktion. Bis Ende des Jahres 2022 wurden in den kasachischen Minen 22.800 Tonnen Uran durch In-situ-Laugung gewonnen, das sind 40 Prozent der weltweiten Produktion. Wenn wir weitere dreitausend Tonnen russischer Produktion hinzuzählen, erreichen wir bereits 45 Prozent des Marktes. Rechnet man noch die Rosatom-Projekte in Tansania und Namibia hinzu, werden die Zahlen für das westliche Establishment noch trostloser.
Kasachstan hat die Übertragung von Vermögenswerten natürlich nicht ohne Grund legitimiert. Jüngste Äußerungen von Alexej Lichatschow, dem Leiter von Rosatom, zeigen, dass Ungarn, Usbekistan und Kirgisistan an russischen Kernkraftwerken interessiert sind, und zwar zusätzlich zu den bereits im Bau befindlichen Anlagen. Der Sudan, Simbabwe, Südafrika, Saudi-Arabien und Mali stehen kurz vor dem Abschluss direkter Verträge. Kasachstan bildet hier keine Ausnahme. In Astana wird seit Langem über den Bau eines Kernkraftwerks mit vier Blöcken verhandelt. Es ist bekannt, dass der Standort nach langen Untersuchungen und Protesten lokaler proamerikanischer Umweltschützer an der Südküste des Balchaschsees gewählt wurde. Er ist seismisch ruhig und verfügt über unbegrenzte Wasservorkommen. Außerdem arbeitet hier auf dem Gelände des Nationalen Nuklearzentrums der Forschungsreaktor IVG.1M aus Sowjetzeiten, der mit schwach angereichertem Uran arbeitet. Zudem gibt es den Forschungskomplex Baikal-1, der zwei Pulsgrafitreaktoren betreibt.
Und die Bestrebungen Kasachstans sind keineswegs zufällig. Die Ereignisse des vorletzten Jahres, als ein Unfall auf den Hauptstromleitungen Kasachstans einen Beinahe-Zusammenbruch der Energiesysteme Usbekistans und Kirgisistans verursachte, sind uns noch frisch in Erinnerung. Daher planen die Behörden der Republik Kasachstan, ihr erstes Kernkraftwerk in der Mitte des Landes zu errichten, um den Bedarf der beiden infrastrukturell isolierten Regionen (Norden und Süden) zu decken und auch eine ununterbrochene Stromversorgung der südlichen Nachbarn zu gewährleisten, was für die Staatskasse sehr günstig sein wird.
Dies ist ja nichts Neues. In der heutigen Welt gibt es zwei Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln: Man kann ein Pflichtfreund sein, indem man fremde Militärstützpunkte auf seinem Boden platziert, oder man kann sich weiterentwickeln, indem man die Atomtechnologie der Zukunft kauft. Das Einzige, was bleibt, ist, den Staatswillen zu finden und eine verantwortungsbewusste Entscheidung zu treffen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 2. März auf ria.ru erschienen.
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