Ein Gefängnis, in dem niemand weiß, dass er gefangen ist: Notizen vom Rand der narrativen Matrix

Caitlin Johnstone stellt in ihren Notizen die Frage, was schwerer zu entkommen ist als aus einem Hochsicherheitsgefängnis. Zudem erklärt sie uns, was ein westlicher Journalist nie tun würde.

Von Caitlin Johnstone

Einer der Hauptunterschiede zwischen mir und anderen Kommentatoren, die von einer Verschwörung der Eliten zur Umsetzung einer totalitären Dystopie sprechen, besteht darin, dass die anderen davor warnen, dass wir in Richtung dieser Dystopie gedrängt werden, während ich darauf bestehe, dass wir bereits dort angekommen sind – und das seit Generationen.

Wenn ich behaupte, dass wir uns in einer totalitären Dystopie befinden, nehmen viele Leute an, ich meine damit Dinge wie Impfvorschriften oder Waffengesetze oder das Zahlen von Steuern. Aber ich meine eigentlich etwas viel, viel Größeres als das. Ich meine, wir befinden uns alle in einem psychologischen Gefängnis, das von den Mächtigen erbaut wurde, um die Kontrolle darüber zu haben, wie es uns ergehen soll.

Die Orwellsche Dystopie ist keine Gefahr, die in der Zukunft lauert – sie ist hier und jetzt. Sie sieht einfach nicht so aus, wie Orwell es sich vorgestellt hat. Unsere Herrscher holen aus der aktuellen Dystopie alles heraus, was ihnen nützt, genauso wie sie es in Gesellschaften tun würden, die sich dystopische Romanautoren ausdenken. Es trifft zu, dass wir immer mehr offen tyrannische Maßnahmen in Bereichen wie Überwachung und der Unterdrückung der freien Rede sehen, aber das sind nicht die Mittel, um uns in ein dystopisches Gefängnis zu sperren, das sind die Mittel, um uns dort zu halten. Sie ziehen damit bloß die Daumenschrauben an.

Man merkt, dass wir in einem psychologischen Gefängnis leben, weil alle um uns herum immer verrückter werden. Psychische Erkrankungen und Suchtkrankheiten nehmen rasant zu, es gibt Massenschießereien in den Vereinigten Staaten und jeder fühlt sich zunehmend elend und entfremdet. Das liegt daran, dass wir alle bis hinter die Kiemen mit Propaganda zugedeckt werden. Wir verhalten uns deshalb wie Opfer von psychischem Missbrauch, weil wir genau das sind. Wir haben unser ganzes Leben damit verbracht, unseren Verstand systematisch in eine Form zu bringen, die uns dazu bringt, so zu denken, zu sprechen, zu handeln und zu wählen, dass unsere Herrscher davon profitieren.

Weil sie unsere Denkweise mit psychologischer Massenmanipulation kontrollieren, ist ihre Kontrolle über uns total. Sie ist so total, wie in jener Zivilisation, die Orwell in seinem Roman 1984 geschildert hat. Wir werden nichts tun, was die Herrschenden nicht wollen, dass wir es tun, während unser Verstand eingesperrt bleibt. Was wir tatsächlich erleben, ist viel effektiver als eine übermäßige tyrannische Dystopie, weil es wie Freiheit aussieht. Man lässt uns mehr oder weniger tun, was wir wollen, während psychologische Manipulation in einem derartigen Massenmaßstab eingesetzt wird, um zu steuern, was wir tun wollen.

Was ist schwerer zu entkommen als aus einem Hochsicherheitsgefängnis? Ein Gefängnis, in dem die Gefangenen nicht wissen, dass sie im Gefängnis sind.

Über Russlands Invasion in die Ukraine zu sprechen, ohne auch darüber zu sprechen, wie das US-Imperium diesen Krieg provoziert hat und davon profitiert, ist dasselbe wie Lügen.

Wer wird ohne die NATO die riesige Fläche radioaktiver Asche vor der anderen riesigen Fläche radioaktiver Asche schützen?

Manchmal fühlt es sich so an, als würden unsere Herrscher spontan Themen im Kulturkrieg erfinden, nur um untereinander Wetten abzuschließen.

"Ich setze fünfzig Dollar darauf, dass wir sie alle dazu bringen können, als nächstes über Gaskochherde zu streiten."

"Haha! Nein. Auf keinen Fall werden sie das tun. Ich setze fünfzig dagegen."

Die wichtigste Berichterstattung, die ein Journalist heute in der westlichen Welt leisten kann, ist dabei zu helfen, die Lügen, die Propaganda und das Fehlverhalten anderer westlicher Journalisten und Nachrichtenagenturen aufzudecken. Aber das ist auch das Letzte, was ein westlicher Journalist jemals tun würde.

In der Wirtschaftspolitik sind die heutigen US-Demokraten nicht von den US-Republikanern der Reagan-Ära zu unterscheiden. In der Außenpolitik sind sie nicht von den Neokonservativen der Bush-Ära zu unterscheiden. Aber sie sind immer noch in der Lage, durch ausgiebige Lippenbekenntnisse die Vorstellung aufrecht zu erhalten, dass die US-Demokraten eine fortschrittliche Partei ist, sich sogar nach links bewegt und für die soziale Gerechtigkeit einsteht.

Aber Demokraten würden dich bombardieren lassen, dich mit Sanktionen aushungern, dich aus Deiner Wohnung rauswerfen, dich erfrieren lassen, dich sterben lassen, weil du dir keine Medikamente leisten kannst, dich für ein paar Cent pro Stunde die Finger wund arbeiten lassen – aber sie würden dich niemals mit dem falschen Pronomen ansprechen. Während die auf dem rechten Spektrum der politischen Landschaft letzteres gerne als Beweis dafür nehmen, dass die Demokraten "zu weit nach links" gerückt sind und dabei argumentieren, dass die US-Politik weiter nach rechts rücken muss, um diesem Linksextremismus entgegenzuwirken.

Viele behaupten, dass man die USA nicht für all die Millionen Tote verantwortlich machen kann, die durch ihre Interventionen im "Krieg gegen den Terror" verursacht wurden, weil viele dieser Tote durch sektiererische Machtkämpfe verursacht wurden. Aber das ist wie bei einem Brandstifter, der sagt: "Nicht das Feuer hat den größten Schaden angerichtet, sondern das Löschwasser der Feuerwehr!"

Letztlich ist das Problem nicht Kapitalismus, Imperialismus, Oligarchie oder Autoritarismus. Letztendlich besteht das Problem darin, dass wir eine zutiefst unbewusste Spezies sind, die noch keine reife Beziehung zu ihrem erst kürzlich voll entwickelten Großhirn aufgebaut hat. Die erstgenannten Probleme sind nur die Symptome dafür.

Das kann sich aber schnell ändern. Die Menschen hatten lange Zeit überhaupt keine Sprache – und plötzlich hatten sie eine. Wir haben die ganze Zeit unbewusst stets auf unsere veraltete evolutionäre Konditionierung und unser Erbe uralter Traumata reagiert – aber auch das kann plötzlich aufhören. Jede Spezies erreicht irgendwann einen Punkt, an dem sie sich entweder an veränderte Bedingungen anpasst oder ausstirbt. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass wir uns derzeit rasant diesem Punkt nähern. Wenn wir die notwendigen Anpassungen vornehmen, wird es sich wie eine Veränderung in unserer Beziehung zum Denken anfühlen.

Die hauptsächlichen Klagen über die Generation Z laufen letztendlich auf "sie weigern sich, beschissene Jobs für ein Scheißgehalt zu machen" und "sie sind zu nett zu Menschen, die divers sind". Was über die Qualität der älteren Generationen ebenso viel aussagt wie über die Qualität der neuen. Ich sinniere hier immer darüber, was es braucht, um diese menschliche Katastrophe rückgängig zu machen. Aber manchmal denke ich, es könnte sich herausstellen, dass wir alten Ärsche bloß alt werden und die Welt in bessere Hände übergeben müssen als die unsrigen.

Übersetzt aus dem Englischen

Caitlin Johnstone ist eine unabhängige Journalistin aus Melbourne, Australien. Ihre Webseite findet sich hier, man kann ihr auf Twitter unter @caitoz folgen.

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