Von Felicitas Rabe
Im Vorfeld der "Klimaproteste" gegen den Abriss des Dorfes Lützerath erhielten die Aktivisten am Rande des rheinischen Tagebaus Garzweiler eine zuvor kaum dagewesene mediale Aufmerksamkeit für ihr Anliegen zur "Rettung des Klimas". Laut den Angaben der Polizei auf der Bürgerversammlung in Erkelenz, auf der ein gutes Dutzend Fernsehteams den Dialog zwischen Polizei und Lokalpolitikern filmten, haben sich für den Start der Räumung bereits 550 Journalisten bei der Behörde akkreditiert.
Polizeipräsident Dirk Weinspach, Landrat Stephan Pusch und Bürgermeister Stephan Muckel wurden währenddessen nicht müde zu betonen, wie sehr sie im Kampf gegen den Klimawandel auf der Seite der Aktivisten stehen. Auch in Funk und Fernsehen wurde dem Engagement der Klima-Aktivisten für eine Reduzierung des CO₂-Verbrauchs größtes Verständnis entgegengebracht. Die mediale Lützerath-Show mit einer für ihre Zukunft kämpfenden Jugend wurde für die Beschleunigung eines gesellschaftlichen Konsenses für die Einführung eines kostenpflichtigen CO₂-Verbrauchs genutzt.
Offensichtlich hatten Politik und Polizei sich bei so viel Lob für das Klima-Engagement erhofft, dass sich die Aktivisten in Lützerath dann im Gegenzug auch einigermaßen friedlich abräumen lassen würden. Der grüne Polizeipräsident musste dann eingestehen, er sei enttäuscht worden. Mit so viel Gegenwehr und so vielen Angriffen auf die Polizei, insbesondere bei der Großdemonstration am Samstag, habe man nicht gerechnet. Tausende Aktivisten hatten sich dabei vom genehmigten Kundgebungsort entfernt, um die übrig gebliebenen Besetzer in Lützerath zu unterstützen und in den Tagebau zu stürmen.
Die Zweischneidigkeit beim Kampf um das Klima
Wie konnte es zu diesem radikalen Kampf eines Teils der Bewegung kommen? Durfte man als Journalist das Engagement der Klima-Aktivisten jetzt immer noch loben? Die Zweischneidigkeit des Problems wurde auch bei der ARD-Diskussionsrunde "Anne Will" zum Thema "Zerreißprobe für die deutsche Klimapolitik" am Sonntag deutlich.
Luisa Neubauer, unter anderem Sprecherin der deutschen Fridays-for-Future-Bewegung, fokussierte sich bei "Anne Will" zunächst darauf, den Kampf der Lützerath-Verteidiger zu legitimieren. Die Kohle unter dem Dorf dürfe nicht abgebaggert werden, zumal nicht einmal klar sei, ob sie tatsächlich gebraucht werde, betonte sie. Ob das dann die Gewalt rechtfertige, die die Aktivisten gegenüber der Polizei ausgeübt haben, wurde sie gefragt. Es habe zwischen allen beteiligten Organisationen einen Aktionskonsens der Gewaltfreiheit gegeben, zitierte Neubauer daraufhin aus der Vereinbarung.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul verurteilte ohne Wenn und Aber die Gewalt gegenüber der Polizei. Kein politisches Anliegen legitimiere die Gefährdung von Polizeibeamten, die nur für die Umsetzung von demokratisch entschiedenen politischen Beschlüssen sorgen.
Zudem sei Lützerath doch nur ein Symbol. Schließlich habe man in einem Kompromiss ein paar Dörfer gerettet, sodass man dieses Dorf jetzt abbaggern dürfe, hieß es mehrfach in der Runde. Die Bundesvorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, habe zwar mit der Entscheidung Bauchschmerzen, bekannte sie, aber die Diskussion über den Abriss von Lützerath würden die Grünen aushalten.
Das eigentliche Problem scheint man gar nicht verstanden zu haben: Viele dieser jungen Menschen kämpfen verzweifelt dafür, dass soviel Kohle wie möglich im Boden verbleibt. Denn nach ihrer tiefsten Überzeugung hängt mittlerweile das Weiterleben der Menschheit davon ab, dass nicht ein Gramm Kohle zu viel aus dem Boden geholt wird.
Somit können sie gar nicht verstehen, warum fast alle Beteiligten in Medien und Politik permanent die lebensbedrohliche Gefahr von CO₂-Emissionen verkünden und sich dann nicht, genau wie sie, gegen jedes Gramm Kohle stemmen, das aus der Erde geholt werden soll.
Über Jahrzehnte wurden sie aufwendig davon überzeugt, für die Rettung des Klimas und ihrer Zukunft kämpfen zu müssen. Jetzt muss es ihnen geradezu als Hohn erscheinen, wenn Politiker mit sogenannten "demokratisch legitimierten Entscheidungen" im Interesse von RWE-Aktionären argumentieren.
Gewaltmonopol muss beim Staat bleiben
Während die Politik andererseits vor dem Problem steht, zu radikales Gebaren zu unterbinden, ohne die Klima-Ideologie zu beschädigen. Auch zu dem Preis, sich damit in eigene Widersprüche zu verwickeln: Einerseits scheinen Politiker von der kommunalen Ebene aufwärts bis zu den Vertretern beim Weltwirtschaftsforum die Reduzierung des CO₂-Ausstoßes überall als oberstes Ziel zu formulieren, andererseits verantworten sie die Abholzung von Regenwäldern, unermessliche CO₂-Emissionen im Ukrainekrieg und jede Menge sonstiger CO₂-Ungereimtheiten.
Jedenfalls dürfen sie auf keinen Fall radikale Aufstände zulassen, die ihnen aufgrund ihrer selbst verbreiteten Ideologie auf die Füße fallen könnten. Das staatliche Gewaltmonopol darf niemals infrage gestellt werden. Da heiligt kein Zweck die Mittel.
Außerdem will die Wirtschafts- und Politprominenz ja weiterhin unbehelligt mit Privatjet und SUV durch die Welt ziehen. Da sind außer Kontrolle geratene Bodentruppen auch für Klima-Ideologen nicht zu gebrauchen.
Vielleicht, um die Aktivistengemüter zu beruhigen, wurde dann am Dienstag die Klima-Ikone Greta Thunberg in Polizeigewahrsam genommen. Sie sollte womöglich mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie angesichts "dieser Ungerechtigkeit" gelassen bleibe. Jetzt können die Klima-PR-Leute nur hoffen, es verbreitet sich nicht allzu weit, dass auch die Ikonen-Festnahme nur eine Inszenierung war, wie man in einem Video eindeutig erkennen kann.
Letztendlich wird dadurch aber deutlich, dass es bei der Klimawandel-Ideologie um etwas anderes geht als um die Rettung des Klimas: Es geht um Profit mit der Luft, um soziale Kontrolle, um Umverteilung und um Enteignung.
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