Von Gert Ewen Ungar
In einem Beitrag der Zeitung Die Welt wird Kritik an der Finanzierung des Zentrums Liberale Moderne laut. Das Zentrum versteht sich selbst als linksliberal, ist jedoch von einem tief reaktionären Geist durchdrungen. Dieser Geist heißt Ralf Fücks. Fücks war ehemals Leiter der Heinrich-Böll-Stiftung, einer parteinahen Stiftung von Bündnis 90/Die Grünen, und ist für den eklatanten Rechtsrutsch der einstmaligen Friedens- und Umweltpartei mit verantwortlich. Nach seinem Ausscheiden als Leiter bei der Heinrich-Böll-Stiftung gründete er mit seiner Frau, der ehemaligen Bundestagsabgeordneten Marieluise Beck (Grüne) das Zentrum Liberale Moderne, das er gemeinsam mit ihr leitet.
Fücks ist mit Medien und Politik gut vernetzt, das heißt, er hat Einfluss. Seine Beiträge erreichen auf Youtube nur Klickzahlen im zweistelligen Bereich. Somit hat Fücks außerhalb des Berliner medienpolitischen Hauptstadtklüngels kaum Reichweite – innerhalb dafür aber umso mehr.
Unter anderem räumt Die Welt ihm regelmäßig breiten Raum für seine Meinungsbeiträge ein. In einem aktuellen Beitrag legt Fücks nun dar, warum ein steuerfinanzierter Internetpranger für alternative Medien und ihre Autoren seiner Meinung nach gerechtfertigt sei und warum ausgerechnet das vom reaktionären Geist durchdrungene Zentrum Liberale Moderne qualifiziert sei, diesen Internetpranger zu führen und dafür Steuergelder zu kassieren. Der Internetpranger, für den der Steuerzahler zahlt, heißt "Gegneranalyse".
Man sollte sich einen Blick auf die Seite gönnen, denn dann wird schnell klar, wer für Fücks der Gegner ist: Alle, die nicht zum politisch-medialen Hauptstadtklüngel gehören und eine von dort abweichende Meinung vertreten. Fücks erklärt seine Blase schlicht für sakrosankt. Er macht damit deutlich, dass er ein Elitenprojekt vertritt, das ausschließlich den Interessen des politischen und medialen Establishments dient.
Mit der Finanzierung aus dem öffentlichen Haushalt sichert sich der Staat lediglich die vermeintlich unabhängige Bestätigung, dass alles gut ist, so wie es ist, und sich Kritik im Grunde verbietet. Man darf kritisieren, aber bitte nicht zu laut, bitte nicht zu offen und nicht vergessen, zwischendurch auch mal ein Lob einzustreuen.
Für Fücks beginnt der Skandal rund um die alternativen Medien, zu denen er auch Portale wie Telepolis zählt, schon mit ihrem bloßen Erfolg:
"Das Projekt 'Gegenmedien' wirft ein Licht auf die Schattenwelt der Internetplattformen, die sich als Alternative zu den verachteten 'Systemmedien' verstehen. Ihre Videos und Artikel werden hunderttausendfach auf Youtube, Telegram oder Facebook aufgerufen; gemeinsam erreichen sie ein Millionenpublikum."
Wenn man die unsaubere und vor allem unlautere Pauschalisierung, alle Autoren, die für alternative Medien schreiben, würden die Leitmedien verachten, beiseite lässt, bleibt von dem Argument lediglich übrig, dass sich neben den etablierten Medien inzwischen neue Formate erfolgreich positionieren konnten. Das kann man nur dann als Problem empfinden, wenn man das Gefühl bekommt, durch die neuen Anbieter würde einem die Kontrolle über den Diskurs entgleiten. Genau das ist nicht nur das Problem von Ralf Fücks, sondern auch das der Bundesregierung. Beide haben immer größere Probleme mit demokratischen Grundrechten und wollen sie daher einschränken.
Fücks dichtet all denjenigen, die in den neuen Medienformaten ihren Ort gefunden haben, an, Verschwörungstheoretiker zu sein. Darunter finden sich Namen wie Sahra Wagenknecht, Ulrike Guierot, Dieter Dehm, Matthias Bröckers, Albrecht Müller, Daniela Dahn. Ihnen bescheinigt Fücks, den Pfad der bürgerlichen Tugend verlassen und sich im Dickicht falscher Gedanken verlaufen zu haben.
Was sie alle eint, ist, dass sie sich kritisch zu Positionen der Bundesregierung und der etablierten Medien geäußert haben. Eine reaktionärere, rückschrittlichere und biedermeierlichere Kritik gegenüber selbständigem, aufgeklärtem Denken kann man sich kaum vorstellen. Fücks verfällt in ganz simple Erklärungsmuster und entfernt sich von den Grundlagen jeder demokratischen Kultur. Angeblich um sie zu schützen.
Fücks behauptet, die neuen Medien könnten mit Kritik nicht umgehen und würden sich zu Opfern staatlicher Zensur inszenieren. Er schreibt:
"Sie inszenieren sich mit Vorliebe als Opfer staatlicher Überwachung und verwischen den grundlegenden Unterschied zwischen Kritik und Zensur."
Man muss sich vor der bundesdeutschen Realität schon sehr gut verschanzt haben, um all die offenen und verdeckten Zensurmaßnahmen zu übersehen, die in Deutschland inzwischen an der Tagesordnung sind. Was Kontosperrungen, Strafrechtsverschärfung, Löschung von Kanälen auf sozialen Plattformen und Verbote von Sendern mit sachlicher, inhaltlicher Kritik zu tun haben sollen, erschließt sich wohl nur jenen, die im Berliner Regierungsviertel zwischen der Heinrich-Böll-Stiftung, der Botschaft der Ukraine und dem Zentrum Liberale Moderne hin und her flanieren. Mit Kritik haben all die Maßnahmen wenig, mit Repression ganz viel zu tun. Man erwartet sie in Diktaturen, nicht aber in liberalen Demokratien. Ralf Fücks hat sich komplett verlaufen. Vermutlich in der ukrainischen Botschaft, zu der das Zentrum Liberale Moderne gute Kontakte unterhält, denn in der Ukraine teilt man die repressiven, demokratiefeindlichen Ansichten von Ralf Fücks.
Dass es mit der liberalen Demokratie in Deutschland nicht weit her ist, stellt der selbst ernannte Verteidiger dieser liberalen Demokratie selbst unter Beweis, wenn er meint:
"Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist kein Freibrief, unbehelligt von Kritik politische Nebelkerzen zu werfen, Fakten zu verwirren und Ressentiments zu schüren. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Liberal ist nicht, wer alles und alle gleichermaßen toleriert, sondern wer die offene Auseinandersetzung mit Gegnern der freiheitlichen Demokratie führt."
Ausgerechnet Fücks, möchte man an dieser Stelle ausrufen, denn genau das tun Fücks und die Seinen nicht. Es gibt keinen Dialog mit Fücks und Co, weil sie alles und jeden sperren, blockieren, diffamieren und denunzieren, der ihrer Auffassung nach Gegner ist. Sie grenzen jeden aus dem Dialog aus, der nicht ihre reaktionäre, marktradikale Weltsicht teilt. Zudem wirft das Statement selbst eine Nebelkerze, denn Meinungsfreiheit besteht eben sehr wohl darin, vermeintliche gesellschaftspolitische Fakten nicht nur infrage stellen zu dürfen, sondern sogar zu müssen.
Wer wie Fücks behauptet, die NATO und Deutschland hätten keinerlei Anteil an der Entstehung des Ukraine-Konflikts und Russland trage daran allein die Verantwortung, der muss sich natürlich vor gegenteiligen Meinungen und jedem Dialog abschirmen. Denn die Behauptung korrespondiert nicht mit den chronologischen Abläufen – sie ist Desinformation und Propaganda. Aus diesem Grund wirkt es bestenfalls zynisch, wenn sich ausgerechnet Fücks und sein Zentrum zum Lehrmeister in Sachen Aufklärung über Desinformation und Propaganda machen möchten.
Fücks tritt mit einem Führungsanspruch auf. Er weiß, wer diejenigen sind, "gegen die sich das brave Volk wehren muss". Das ist so vermessen, dass einem die Worte fehlen. Fücks ist bestenfalls Anwalt in eigener Sache. Für die Belange des "braven Volkes" interessiert sich Fücks – mit Verlaub – nicht die Bohne. All das, was Fücks mit seinem Zentrum Liberale Moderne vertritt, die Kopplung einer reaktionären, repressiven Politik mit Marktradikalismus, liegt vielleicht im Interesse einer kleinen politisch-medialen Elite. Im Interesse der deutschen Mehrheitsgesellschaft liegt sie nicht.
Fücks weiß das. Daher wird er seine Kanäle und seinen Einfluss weiter nutzen, um seine Interessen zu wahren und seine Pfründe zu sichern. Die von ihm beschworenen liberalen Freiheiten bleiben dabei natürlich auf der Strecke. Für die interessiert sich jemand wie Fücks aber ohnehin nur vorgeblich.
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