Von Gert Ewen Ungar
Eigentlich hätte es AfD-Gründer Bernd Lucke besser wissen müssen. Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die EU kann man sich sparen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich vollkommen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) untergeordnet und wird jeden weiteren Konflikt mit der EU vermeiden. Die Bundesregierung hat das ganz offiziell bestätigt.
Es war Lucke selbst, der mit einer Klage gegen Anleihekäufe der EZB vor dem Bundesverfassungsgericht im Jahr 2020 noch in Teilen Recht bekommen hatte. Das Bundesverfassungsgericht urteilte damals, dass der Bundestag nicht in ausreichendem Maße informiert worden war. Der Europäische Gerichtshof habe in einem Urteil, das die Aufkäufe legitimierte, seine Kompetenz überschritten, so das Gericht.
Die EU leitete daraufhin ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein, da sich das Bundesverfassungsgericht mit seiner Rechtsprechung über den EuGH gestellt hat. Das Verfahren gegen die Bundesrepublik wurde jedoch eingestellt, nachdem die Bundesregierung versichert hatte, künftig dahin gehend Einfluss auf das nun nicht mehr ganz so unabhängige Verfassungsgericht auszuüben, damit sich dieser Vorgang nicht wiederholt. Luckes Klage wurde 2021 schließlich zurückgewiesen – Rechtsprechung auf Bestellung.
Das EuGH hatte damit seine Macht ausgeweitet und das Bundesverfassungsgericht in die Schranken gewiesen. Eine Machtausweitung stellte auch die Schuldenaufnahme durch die EU-Kommission im Rahmen des Corona-Wiederaufbaufonds "Next Generation EU" dar. Die Kommission gab Anleihen aus, für welche die EU-Staaten gemeinsam haften sollen. Verteilt wurden die Mittel nach recht willkürlichen, intransparenten Kriterien durch die Kommission, der damit auch ein weiteres Machtinstrument an die Hand gegeben wurde. Ungarn bekommt das gerade zu spüren, denn Mittel für das Land wurden einbehalten, um es auf Linie zu zwingen. Mitgliedschaft in der EU bedeutet die immer weitergehende Aufgabe nationaler Souveränität.
Die Aufnahme von Schulden ist der EU-Kommission zwar laut EU-Verträgen verboten, aber irgendwie schert das in der EU niemanden. Der EuGH deckt die Kommission und kritische nationale Verfassungsgerichte wurden ausgeschaltet.
Gegen die erneute Schuldenaufnahme der Kommission zur Finanzierung des Krieges in der Ukraine kann sich Bernd Lucke die Klage gleich ganz sparen. Das Geld ist futsch. Es geht um 19,7 Milliarden Euro, welche die EU-Kommission an den Finanzmärkten und entgegen dem Verbot in den EU-Verträgen aufgenommen hat und an die Ukraine weiterreicht. Die Bedingungen für die Rückzahlung sind so gehalten, dass sich einfach niemand daran erinnern wird, wenn die Rückzahlung im Sande verläuft. Erst in zehn Jahren werden die ersten Rückzahlungen der Ukraine fällig, und das Land hat dafür insgesamt 35 Jahre Zeit. Es riecht nach einer Einladung zur Korruption und Selbstbedienung. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist vermutlich schon fleißig am SMS-Löschen. Haften wird selbstverständlich nicht sie persönlich, sondern letztlich der Steuerzahler in den EU-Staaten.
Diese Entwicklung ist höchst bedenklich. Die EU-Kommission weitet ihre Kompetenzen immer weiter aus, die Demokratie und Souveränität der EU-Staaten wird in diesem Prozess zunehmend ausgehöhlt, Korruption ist Tor und Tür geöffnet. Es entsteht eine supranationale zentralistische Struktur, gegenüber der es faktisch keine unabhängige Kontrollinstanz gibt.
Dass angesichts der Entwicklung hin zu mehr Autoritarismus und Zentralismus und weg von staatlicher Souveränität in Deutschland trotzdem kaum kritische Stimmen hörbar sind, ist aber der eigentliche Skandal. Finanzminister Lindner begrüßte das Urteil, die Grünen ebenfalls. Die EU genießt in Deutschland ein Ansehen, das ihr angesichts ihrer Vertragsbrüche, ihrer Machtausweitung und Grenzüberschreitungen nicht zusteht. Die EU wird immer mehr zu dem, wogegen sie eigentlich der Gegenentwurf zu sein behauptet: eine Autokratie.
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