Von Marinko Učur
Das Brüsseler Abkommen sieht die Einrichtung einer Gemeinschaft serbischer Gemeinden in Kosovo im Norden der selbsternannten serbischen Provinz Kosovo und Metochien vor. Doch die damit einhergehende Situation erinnert in vielerlei Hinsicht an das Verhalten der ukrainischen Regierung mit Blick auf die Umsetzung des Minsker Abkommens, das im äußersten Fall als einer der Gründe für den Beginn der "russischen militärischen Sonderoperation" gelten kann. Die Kosovo-Albaner handeln nach der gleichen Matrix. Zuerst unterzeichnen sie ein rechtsverbindliches Abkommen, und dann spielen sie auf die Karte der Obstruktion und der Durchsetzung von Anordnungen aus Brüssel und Washington, die als Geldgeber ihrer selbsternannten Unabhängigkeit fungieren.
Es gibt viele Kenner der Lage in der serbischen Provinz. Sie behaupten, dass sich der albanische Führer des Kosovo, Albin Kurti, in der Rolle eines balkanischen Selenskij sieht (?!). Was die Einrichtung einer Gemeinschaft serbischer Gemeinden für die Serben in Kosovo bedeuten würde, muss nicht hervorgehoben werden. Einerseits ist es eine Form garantierter Unabhängigkeit für die serbische Gemeinschaft und eine Gelegenheit, dass die Einhaltung internationaler Normen im Sinne der Achtung der Menschen- und Bürgerrechte von Minderheitengemeinschaften gewährt wird.
Andererseits ist es eine Formel zur Wahrung des Friedens in einer Lage, in der Kosovo seine Unabhängigkeit erklärt hat, die von weniger als der Hälfte der Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen anerkannt wird. Zudem gehören fünf Länder der Europäischen Union zu jenen Ländern, die Pristinas einseitige Schritte nicht anerkennen. Bundeskanzler Scholz und Frankreichs Präsident Macron versuchten vergeblich, den serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić dazu zu bewegen, die Unabhängigkeit des Kosovo zu akzeptieren – im Tausch für eine vage "EU-Perspektive" – und die serbische Blockierung des Beitritts der Provinz als Mitglied der Weltorganisation aufzugeben. Belgrads Antwort ist energisch und unmissverständlich:
"Wir werden Kosovo niemals als unabhängigen Staat anerkennen, wir sind bereit, über wesentliche Fragen des Friedens und der größtmöglichen Autonomie für diese Provinz zu verhandeln, aber in Übereinstimmung mit der UN-Resolution 1244."
Die unsichere internationale Perspektive der Provinz und Pristinas Mitgliedschaft in internationalen Organisationen wird durch die Positionen Russlands und Chinas im UN-Sicherheitsrat noch zusätzlich erschwert. Diese beiden Länder mit Vetorecht unterstützen nämlich die territoriale Integrität Serbiens. Sie berufen sich dabei auf das Völkerrecht und akzeptieren die rechtswidrige Sezession dieser serbischen Provinz nicht.
Ist es an der Zeit, dass der Westen Kurti und Pristina überredet und sie dazu zwingt, die früheren Vereinbarungen einzuhalten, um die bisherigen Friedensbemühungen unter der Schirmherrschaft der EU nicht zu diskreditieren? Das offizielle Belgrad steht dieser Frage skeptisch gegenüber und glaubt, dass es in Paris und Berlin keine klare Bereitschaft gibt, Pristina zu sagen: Genug ist genug! Die in der Provinz lebenden Serben wie auch das offizielle Belgrad wollen die Willkür von Pristina nicht hinnehmen, die mit ihren jüngsten Handlungen in Bezug auf die Autokennzeichen den kollektiven Austritt der Serben aus allen gemeinsamen Behörden verursacht hat.
So wurden ein binationales (albanisches) Parlament, eine binationale Regierung, binationale Gerichte, Staatsanwaltschaften, eine binationale Polizei usw. geschaffen ... Pristina beschuldigte unverzüglich Belgrad dieses Vorgehens. Aber es ist klar, dass es erzwungen wurde, und dass es nun an Brüssel und Washington liegt, nun die "Kartoffeln" aus dem Feuer zu holen. Dieser Zustand ist aus Sicherheitsgründen nicht auf lange Zeit tragbar. Weshalb aus Brüssel erstmals Kritik zulasten von Pristina zu hören war:
"Was die Gemeinschaft serbischer Gemeinden angeht, besteht eine klare Verpflichtung für das Kosovo, unverzüglich Schritte zur Gründung dieser Gemeinschaft zu unternehmen. Diese gesetzliche Verpflichtung und der ständige Misserfolg bei der Einhaltung dieser Verpflichtung bedeutet, dass dadurch gegen die Rechtsstaatlichkeit im Kosovo verstoßen wird", sagte Borrells Sprecher Peter Stano.
Andererseits sind die Serben entschlossen, nicht in die Institutionen von Pristina zurückzukehren, bis das Brüsseler Abkommen mit Hinblick auf die Einrichtung der Gemeinschaft serbischer Gemeinden eingehalten wird. Und bis Pristina nicht die umstrittene Entscheidung über die Einführung neuer Kennzeichen für Städte im Norden des Kosovo zurücknimmt, in denen Serben die Mehrheit der Bevölkerung bilden. Die aktuelle Lage ist so, dass jetzt Brüssel und Washington am Zug sind. Wir werden sehen, inwiefern sie bereit sein werden, Kurtis Regierung zu bändigen. Und ob die jüngsten Vorwürfe an die Albaner in den nächsten Tagen Früchte tragen werden...
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