Von Scott Ritter
Der nordkoreanische Staatsführer Kim Jong-un hat kürzlich ein Gesetz unterzeichnet, in dem das Atomwaffenprogramm der koreanischen Nation kodifiziert und damit die Tür für die Möglichkeit einer nuklearen Abrüstung zugeschlagen wurde, die während der Amtszeit des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump geöffnet worden war.
Während südkoreanische Staatsbeamte darauf hinwiesen, dass sie diesen Schritt vorausgesehen haben, ist es eine Tatsache, dass Pjöngjangs Entscheidung die strategische Realität im Pazifik grundlegend verändert hat. Jeder potenzielle Konflikt mit Nordkorea trägt nun die Gewissheit in sich, dass Atomwaffen gegen Südkorea, Japan und die Vereinigten Staaten eingesetzt werden könnten. Das wiederum führte zu Drohungen des südkoreanischen Verteidigungsministeriums an den nördlichen Nachbarn, dass dieser mit einer solchen Handlung den "Pfad der Selbstzerstörung betreten" würde.
Während es keinen Zweifel darüber gibt, dass jeder Einsatz nordkoreanischer Atomwaffen eine verheerende Reaktion seitens der Vereinigten Staaten auslösen würde, kann die amerikanische nukleare Rache den zig Millionen Südkoreanern, Japanern und amerikanischen Bürgern wenig Trost bieten. Deren Leben würde infolge einer derartigen Eskalation ziemlich wahrscheinlich beendet werden. Die Bürger von Südkorea, Japan und der Vereinigten Staaten müssen über diese neue Realität nachdenken und sich fragen, wie diese Situation überhaupt entstehen konnte. Nun, die Schuld liegt am Ende beim derzeitigen US-Präsidenten Joe Biden und dessen Regierung.
Als Bidens Vorgänger Donald Trump sein Amt antrat, wurde er mit einer Reihe von politischen Realitäten konfrontiert, die eher stagnierend als dynamisch waren. Dazu gehörten unter anderem der Status der NATO, die Umsetzung des Atomabkommens mit Iran, die Rüstungskontrolle zwischen den USA und Russland, die anhaltende US-Militärpräsenz in Afghanistan und die Frage der Atomwaffen Nordkoreas.
Trump bastelte an einigen dieser Probleme herum. Hervorzuheben ist seine Entscheidung, sowohl das Atomabkommen mit Iran als auch den INF-Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme in Europa aufzukündigen. Andere politische Initiativen, wie die Forderung an die NATO-Mitglieder, ihren Anteil an den Kosten der kollektiven Verteidigung beizutragen, oder der Beginn des Rückzugs aus Afghanistan, wurden vom US-Establishment als höchst umstritten angesehen.
Dasselbe gilt für die mutige Initiative Donald Trumps, direkt mit dem nordkoreanischen Staatsoberhaupt Kim Jong-un über die Frage der nuklearen Abrüstung Nordkoreas zusammenzuarbeiten. Während Trump seine Haltung gegenüber der NATO schließlich revidierte und sich bis zum Ende seiner Präsidentschaft mit der Anordnung eines Rückzugs aus Afghanistan zurückhielt, wurde die nordkoreanische Initiative seit Beginn der Amtszeit von Donald Trump konsequent umgesetzt.
Zu Beginn seiner Amtszeit drohte Donald Trump Nordkorea mit "Feuer und Fegefeuer", sollte das Land die Vereinigten Staaten mit einer nuklear bewaffneten Rakete bedrohen, und verspottete Kim Jong-un als "The Little Rocket Man" – den kleinen Raketenmann. Aber die in Südkorea ausgerichteten Olympischen Winterspiele öffneten die Tür für eine positivere Interaktion zwischen Nordkorea, Südkorea und den Vereinigten Staaten. Im April 2018 entsandte Trump den damaligen CIA-Direktor Mike Pompeo zu einem geheimen Besuch nach Nordkorea, dessen Zweck darin bestand, ein Gipfeltreffen zwischen Trump und Kim Jong-un vorzubereiten.
Unmittelbar nach dem Besuch von Pompeo kündigte Kim Jong-un die Schließung des Atomtestgeländes des Landes und die Einstellung der Tests mit ballistischen Langstreckenraketen an, um zu verdeutlichen, dass seine Regierung die Debatte über die nukleare Abrüstung Nordkoreas ernst nimmt. Diese Maßnahme des guten Willens trug dazu bei, den Weg für ein Gipfeltreffen zwischen Trump und Kim Jong-un im darauffolgenden Juni in Singapur zu ebnen, woraufhin Trump optimistisch einen Tweet absonderte, in dem es hieß, dass es "keine nukleare Bedrohung mehr aus Nordkorea gibt". Damit sei das Land laut Trump nicht mehr Amerikas "größtes und gefährlichstes Problem", wie es noch unter Präsident Barak Obama der Fall war. "Schlaft gut heute Nacht!", schrieb Trump an das amerikanische Volk.
Der Erfolg des Gipfeltreffens ins Singapur führte im Februar 2018 zu einem Folgetreffen in Hanoi. Erwartet wurde, dass Trump und Kim Jong-un, im Gegenzug für den vollständigen Rückbau der riesigen Nuklearanlage in Nyŏngbyŏn, ein Abkommen unterzeichnen würden, das die Sanktionen gegen Nordkorea teilweise aufhebt. Während Nordkorea bereit war, ein Abkommen zu unterzeichnen, das einen schrittweisen Ansatz für seine vollständige nukleare Abrüstung vorsah, bestanden Trumps engste Berater darauf, dass Nordkorea sich erst zu einer vollständigen Abrüstung verpflichten müsse, um im Anschluss von den Sanktionen entbunden werden zu können. Der Hanoi-Gipfel endete ohne Einigung und Nordkorea fühlte sich von der Trump-Regierung hinters Licht geführt.
Im Juni 2019 unternahm Trump einen letzten verzweifelten Versuch, den Dialog über die nukleare Abrüstung mit Nordkorea in Gang zu bringen. Er traf sich mit Kim Jong-un an der demilitarisierten Zone und überschritt die Demarkationslinie, die Nord- und Südkorea trennt. Damit wurde er zum ersten amtierenden US-Präsidenten, der einen Fuß auf nordkoreanischen Boden setzte.
Aber Trumps politischer Mut wurde von seiner eigenen Regierung nicht unterstützt, da Hardliner, wie der damalige Nationale Sicherheitsberater John Bolton und Außenminister Mike Pompeo, jede Chance auf eine Einigung untergruben, indem sie auf politischen Positionen beharrten, von denen sie wussten, dass sie für Nordkorea inakzeptabel waren. Trump beendete seine Amtszeit mit dem ungenutzten Potenzial einer nuklearer Abrüstung Nordkoreas.
Aber das Vorhaben war nicht gänzlich tot. Die nordkoreanische Führung ließ die Tür für mögliche weitere Verhandlungen offen und hielt vorerst an ihrer Zusage fest, keine Atomwaffen oder Interkontinentalraketen zu testen. Aber im Laufe der anderthalbjährigen Amtszeit von Präsident Joe Biden haben die USA keine nennenswerten Anstrengungen unternommen, sich wieder mit Kim Jong-un zu beschäftigen. Diese Vernachlässigung ebnete den Weg für Kim Jong-uns Entscheidung, die Tür zu Gesprächen über eine nukleare Abrüstung dauerhaft zu schließen und Nordkoreas nukleares Arsenal als integrales und dauerhaftes Element seiner Verteidigung zu festigen, das präventiv eingesetzt werden könnte, wenn Nordkorea eine direkte Bedrohung seiner Existenz feststellen sollte.
Trump hat sich vielleicht übernommen, als er sagte, Amerikaner, Japaner und Südkoreaner könnten nun "ruhig schlafen". Aber es sind Biden und seine Administration, die dafür gesorgt haben, dass sie es nicht können.
Aus dem Englischen.
Scott Ritter ist ehemaliger Geheimdienstoffizier des US Marine Corps. Er diente in der Sowjetunion als Inspektor bei der Umsetzung des INF-Vertrags, im Stab von General Schwarzkopf während des Golfkriegs und von 1991 bis 1998 als UN-Waffeninspektor. Man kann ihm auf Telegram folgen.
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