Von Caitlin Johnstone
Ein Paradebeispiel für ein offensichtlich idiotisches Narrativ findet sich in einem Artikel im Business Insider mit dem Titel "Putins nukleare Drohungen bringen Leute wie Trump und Elon Musk dazu, auf ein Friedensabkommen mit der Ukraine zu drängen. Ein Nuklearexperte warnt, dass das 'gefährlich' ist".
"Der verständliche Wunsch, einen Atomkrieg zu vermeiden, könnte die Welt tatsächlich gefährlicher machen, wenn es bedeutet, in Eile einen 'Frieden' in der Ukraine durchzusetzen, der den russischen Interessen dient", schreibt der verlässliche Apologet des Imperiums, Charles Davis. "Ein solcher Schritt, den einige einflussreiche Persönlichkeiten gefordert haben, riskiert, den Präzedenzfall zu schaffen, dass atomare Erpressung der Weg ist, Kriege zu gewinnen und Gebiete einzunehmen, die reguläre Truppen sonst nicht halten können. Ein Modell, das selbst von den schwächsten atomar bewaffneten Staaten nachgeahmt werden könnte und nur soweit erfolgreich sein kann, einen weiteren Krieg zu verzögern."
Die einzige Meinung, die Davis für seinen Artikel eingeholt hat, stammt von Pavel Podvig vom UN-Institut für Abrüstungsforschung, der sehr offen gegen Russland voreingenommen ist.
"Der Westen unterstützt die Ukraine mit Waffen sowie mit finanzieller, moralischer und politischer Unterstützung. Das aufzugeben und zu sagen: 'Nun, wir haben zu viel Angst vor einer nuklearen Bedrohung, und deshalb wollen wir einen Deal machen' – das würde sicherlich einen Präzedenzfall schaffen, der nicht sehr positiv wäre", meint Podvig. "Wenn man dieser nuklearen Bedrohung einmal nachgibt, was würde dann Russland – oder andere – in Zukunft daran hindern, dasselbe Spiel noch einmal zu spielen?"
Wie andere Apologeten des Imperiums, die derzeit die lächerliche Argumentationslinie "Deeskalation verursacht Eskalation" vorantreiben, argumentieren Davis und Podvig so, als wären Atomwaffen erst vor ein paar Tagen auf der Bildfläche aufgetaucht, als hätte es nicht schon Generationen westlicher Politik gegenüber Moskau gegeben, was in der Tat dazu führte, dass man manchmal einen Rückzieher machen und Kompromisse eingehen musste, weil dies als die bessere Option betrachtet wurde, als einen Atomkrieg zu riskieren. Wir haben die Kubakrise überlebt, weil Kennedy insgeheim Chruschtschows Forderungen nachgab und die USA ihre Jupiter-Raketen abzogen, die sie in der Türkei und in Italien stationiert hatten, was Moskau überhaupt erst dazu veranlasste, Atomwaffen nach Kuba zu verlegen.
Während des gesamten Kalten Krieges beharrte die Sowjetunion auf ihre Einflusssphäre, um die US-Strategen einen weiten Bogen machten, gerade weil sie eine nukleare Supermacht war. Sogar die Regierung von Obama stellte fest, dass "die Ukraine, das nicht Mitglied der NATO ist, anfällig für eine militärische Vorherrschaft Russlands sein wird, egal was wir tun".
Nichtsdestotrotz erleben wir, dass dieses neue Narrativ "Eskalation ist Sicherheit und Deeskalation ist Gefahr" von imperialen Meinungsmachern mit zunehmendem Nachdruck vorangetrieben wird, weil es in der Tat viel Kraft erfordert, die Menschen dazu zu bringen, etwas so offensichtlich Rückständiges und Unsinniges zu akzeptieren.
"All jene, die sagen, dass wir einer nuklearen Erpressung nachgeben müssen, machen einen Atomkrieg wahrscheinlicher. Bitte hört auf damit", twitterte kürzlich Timothy Snyder von der Yale University. "Wenn man hier nachgibt, ermutigt man Diktatoren, es erneut zu tun, fördert man die weltweite Verbreitung von Atomwaffen und macht man einen Atomkrieg viel, viel wahrscheinlicher."
Snyder, der glücklich grinsend mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskij fotografiert wurde, glaubt nicht wirklich, dass Menschen, die sich für Deeskalation und Entspannung einsetzen, einen Atomkrieg auslösen werden. Mit dem neumodischen Schlagwort "nukleare Erpressung" diskreditiert er die Aufrufe nach Deeskalation und Entspannung, weil er die Befürworter von Deeskalation und Entspannung zum Schweigen bringen will. Er sagt "bitte hört auf", weil er will, dass die Bemühungen für den Frieden aufhören.
Als Antwort auf einen Tweet des französischen Präsidenten Macron, in dem er schrieb: "Wir wollen keinen Weltkrieg", twitterte ein hochrangiger politischer Berater der Helsinki-Kommission der US-Regierung namens Paul Massaro: "Genau diese Art von schwacher, verängstigter Sprache führt dazu, dass Russland eskaliert."
Man stelle sich vor, man ist so verzerrt und verdreht, dass man das als eine vernünftige Antwort auf die normalste Aussage betrachtet, die man machen kann. In der Zwischenzeit tauchen Idioten wie der republikanische Kongressabgeordnete Adam Kinzinger auf, die so tun, als wären sie mutige, harte Kerle, indem sie die kontinuierliche nukleare Eskalation begrüßen und jeden, der eine Deeskalation befürwortet, als Feiglinge bezeichnen.
Katrina vanden Heuvel von The Nation hat irgendwie die Heldentat vollbracht, einen Artikel mit dem Titel "Die Kubakrise war vor 60 Jahren, aber sie ist heute dringlich relevant" in der Washington Post zu veröffentlichen, in dem für Deeskalation plädiert wird. Sie erinnert uns daran, wie nah wir an der totalen Vernichtung standen und wie wir nur durch "einfach dummes Glück" abwenden konnten, einem Atomkrieg rücksichtslos nahezukommen, und sie schließt daraus, dass die Menschheit es nicht riskieren kann, noch einmal so nahe an den Abgrund zu treten.
"Die Menschheit kann es sich nicht leisten, erneut russisches Roulette zu spielen – wir müssen die Waffe entladen. Unser einziger Weg nach vorne ist die Deeskalation", schreibt vanden Heuvel in ihrem Artikel.
So ist es in der Tat. Es ist absolut verrückt, dass die Menschheit bei diesem Spiel von Aufbau von Imperien und der Beherrschung des Planeten ihr eigenes Aussterben riskiert, wenn wir so viele andere existenzielle Hürden haben, auf deren Beseitigung wir uns konzentrieren müssen. Nichts ist in das Gewebe der Realität eingewoben, das besagt, dass Staaten sich gegenseitig mit Waffen des Weltuntergangs bedrohen müssen. Es gibt keinen triftigen Grund, diese Spiele der globalen Eroberung nicht beiseitezulegen und gemeinsam an einem gesunden Zusammenleben auf diesem Planeten hinzuarbeiten.
Wir könnten so eine schöne Welt haben. All die Energie, die wir in Wettrüsten und Eroberung stecken, könnte in Innovationen fließen, die uns allen zugutekommen, sicherstellen, dass alle genug haben, menschliches Leid und menschliche Mühsal beseitigen. Stattdessen tauschen wir den Himmel auf Erden gegen Ego-Spiele der Eliten.
Es gibt keinen triftigen Grund, warum wir nicht von Modellen des Wettbewerbs und der Dominanz zu Modellen der Zusammenarbeit und Fürsorge übergehen können, wo untereinander Zusammenarbeit herrscht und man sich umeinander kümmert. Die Zusammenarbeit mit unserem Ökosystem und die Sorge um unser Ökosystem – wir werfen es weg im Austausch für sinnloses Elend und Todesgefahr.
Aus dem Englischen.
Caitlin Johnstone ist eine unabhängige Journalistin aus Melbourne, Australien. Ihre Arbeit wird vollständig von Lesern unterstützt. Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, erwägen Sie bitte, ihn zu teilen. Man kann Johnstone auf Facebook, Twitter, SoundCloud oder Youtube folgen, eine Ausgabe ihres monatlich erscheinenden E-zine erwerben oder etwas Geld in ihre digitale Trinkgeld-Büchse auf Ko-fi, Patreon oder PayPal werfen. Wer mehr lesen möchte, kann auch ihre Bücher kaufen. Johnstone erteilt jedem, ausgenommen Plattformen mit rassistischen Inhalten, die Erlaubnis, ihre Arbeiten zu teilen – oder alles andere, was sie geschrieben hat – auf beliebige Weise kostenlos erneut zu veröffentlichen, zu verwenden oder zu übersetzen. Für weitere Informationen darüber, wer Johnstone ist, wo sie steht und was sie mit ihrer Plattform beabsichtigt, klickt man hier. Alle Arbeiten entstehen zusammen mit ihrem amerikanischen Ehemann Tim Foley. Ihre Webseite ist hier zu finden.
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