Von Timur Fomenko
Am vorletzten Wochenende verbreiteten sich auf Twitter Gerüchte, wonach Chinas Staatschef Xi Jinping durch einen Militärputsch abgesetzt und unter Hausarrest gestellt worden sei. Als Beweis dafür wurde ein Video gepostet, das angeblich Militärfahrzeuge irgendwo in China zeigt.
An der Geschichte – wen wundert es – war überhaupt nichts Wahres dran. Es waren schlicht Fake News. Aber das hinderte die Geschichte nicht daran, in den Trends zu landen, einmal um die Welt zu gehen und viele Leute daran glauben zu lassen. Sogar Mainstream-Medien – und insbesondere Medien in Indien – berichteten über die Geschichte.
Das Gerücht hatte seinen Ursprung in mehreren Social-Media-Konten, die mit der Falun-Gong-Bewegung in Verbindung stehen, einer antikommunistischen, konservativen und religiös motivierten Gruppierung, die seit ihrem Verbot in China in den 1990er Jahren für ihre sporadischen Fehlinformationen über das Land bekannt geworden ist. Die Organisation selbst ist wahrscheinlich eine der profundesten Manipulatoren von Social Media weltweit. Es gibt Berichte, dass die Organisation Tausende von Konten auf verschiedenen Plattformen betreibt, aggressiv für die Wiederwahl von Donald Trump getrommelt und dafür Millionen an US-Dollar aufgewendet hat. Diese Leute sind kein Witz und durchaus ernst zu nehmen.
Diese völlig abstruse Geschichte über einen Putsch in China ist nicht die erste, die von solch dezidierten Fake-News-Schleudern durchgezogen wurde, und sie wird sicherlich nicht die letzte sein. Tatsächlich ist es üblich, dass alle Arten von Missverständnissen und Falschinformationen über China viral gehen. Typischerweise handelt es sich dabei meist um aus dem Kontext gerissene Videosequenzen.
Warum ist das so? Weil Menschen im Westen so ziemlich alles glauben, was man ihnen über China erzählt, als ein Land, das als unverständliches und gefürchtetes "anderes" wahrgenommen wird und häufig Gegenstand westlicher Paranoia, Vorurteile, Stereotypen und Mysterien ist. Es geht auch mit der irrigen Annahme einher, dass Chinas eigenes Volk "im Dunkeln gelassen" wird oder "nicht weiß, was vor sich geht". Dies führt dazu, dass die Urheber von Fake News über China ihre oft aus dem Kontext gerissenen Videos als exklusive Enthüllungen oder geheime Inhalte anpreisen können. Nicht wenige haben ganze Karrieren darauf aufgebaut. Es ist in den vergangenen Jahren bloß nur noch schlimmer geworden, seitdem die westliche Öffentlichkeit aggressiv mit dem Narrativ gefüttert wird, dass die chinesische Regierung eine Bedrohung für die westlich geführte Weltordnung darstellt und folglich zu einem politischen Feindbild gezeichnet wurde.
Obwohl diejenigen, die mit Fake News über China in sozialen Medien hausieren gehen, kaum ein neues Phänomen sind, haben sie zunehmend an Schlagkraft gewonnen und Aufmerksamkeit und Relevanz bei der Verbreitung ihrer Fake News über China gefunden, vornehmlich in der Zielgruppe der leichtgläubigen westlichen Öffentlichkeit. Während der COVID-19-Pandemie glaubten viele Menschen im Westen tatsächlich, dass China Menschen gewaltsam in ihren Häusern einsperrt, um sie unter Quarantäne zu stellen. Immer wieder lief es dabei auf dieselbe Methode hinaus, bei der aus dem Kontext gerissene kurze Videoclips als etwas anderes dargestellt wurden.
Doch kümmern sich Social-Media-Plattformen und die westlichen Medien insgesamt darum? Oder wollen sie dagegen vorgehen? Absolut nicht. Wenn man den Narrativen im Westen Glauben schenken will, sind die Einzigen, die Fake News und Unwahrheiten im industriellen Maßstab verbreiten, nicht Falun Gong oder andere zwielichtige Organisationen, sondern tatsächlich China selbst sowie natürlich Russland.
Während einige Social-Media-Konten die freie Hand haben, Unwahrheiten zu verbreiten, mit denen westliche Narrative verstärkt und ausgewählte Länder dämonisiert werden, arbeitet Twitter mit von der US-Regierung finanzierten Organisationen wie dem Australischen Institut für strategische Studien (ASPI) zusammen, um Social-Media-Konten zu identifizieren, die angeblich von der chinesischen Regierung betrieben werden – um sie dann zu sperren.
Ebenso werden immer mehr Social-Media-Konten als "staatliche Medien aus China oder Russland" gekennzeichnet, während wiederum Links zu bestimmten Webseites mit Warnungen versehen werden. Diese einseitige Durchsetzungspolitik geht implizit davon aus, dass es für die westlich zentrierte Welt eine "Bedrohung von außen" gibt, aber keine, die von innen kommt. Nur China und Russland werden die Menschen im Westen täuschen, aber niemals diejenigen, die sich beiden Ländern widersetzen.
Die Realität liegt jedoch weit, weit woanders. Die Tatsache, dass eine lächerliche und völlig schwachsinnige Unwahrheit auf Twitter viral gehen konnte, ohne dass ihr etwas entgegengesetzt wurde, ist ein spektakuläres Beispiel dafür, wie leicht westliche Menschen in Sachen China in die Irre geführt werden können. Die Menschen im Westen denken, dass sie die Erleuchteten und Wahrhaftigen sind, und sie werden alles glauben, solange es in ein klares "Freund-Feind"-Schema verpackt ist und der bösartige Einfluss von Kulten wie Falun Gong niemals ernsthaft wahrgenommen wird.
Übersetzt aus dem Englischen.
Timur Fomenko ist ein politischer Analyst.
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