Ein Kommentar von Rachel Marsden
Nachdem die Pipelines Nord Stream 1 und 2 – beide wurden gebaut, um billiges russisches Gas nach Europa zu transportieren – vergangene Woche durch einen Sabotageakt beschädigt worden waren, kamen unzählige Spekulationen darüber auf, wer dafür verantwortlich sein könnte. Vorfälle aus der Vergangenheit könnten dazu einen Hinweis liefern.
Beginnen wir mit dem Endergebnis und arbeiten uns von da an rückwärts vor. Das Endergebnis lautet letztlich, dass Europas Option, jemals wieder wirtschaftliche Annäherung zu Russland zu suchen, ernsthaft untergraben, wenn nicht buchstäblich zerstört wurde. Jemand hat es auf sich genommen, die verbleibenden Brücken zwischen den beiden Wirtschaftsmächten niederzureißen. Bisher gab es stets eine Chance zur Versöhnung. Der russische Präsident Wladimir Putin sagte kürzlich selbst, alles, was die EU tun müsste, um sich aus ihrer selbst auferlegten Energiekrise zu befreien, sei, die Gaslieferungen aus Russland zu erlauben und die antirussischen Sanktionen fallen zu lassen.
Auch die Menschen auf den Straßen deutscher Städte, die gegen Berlins blinde Folgsamkeit bei den von Brüssel verhängten Anti-Russland-Sanktionen protestierten, wussten, dass dies die Lösung wäre. Aber jetzt wurde ihnen diese Wahl vom Tisch genommen. Die EU treibt jetzt steuerlos inmitten einer sich verschärfenden Energiekrise, und irgendjemand hat die letzten Segel verbrannt. Es ist offensichtlich, dass sich für Europa selbst kein Vorteil daraus ergibt. Es ergab sich auch keinerlei Vorteil durch die einseitig verhängten antirussischen Sanktionen. Aber wer hat Brüssel überhaupt auf die Idee gebracht, der eigenen Wirtschaft zu schaden?
Zu Beginn des Ukraine-Kriegs war es Washington, das die EU aufforderte, Maßnahmen zu übernehmen, die Washington selbst ergriffen hatte, um Moskaus Wirtschaft zu dezimieren und damit die Interessen und die Ziele Washingtons in der Ukraine zu fördern. Das Problem ist, dass die Wirtschaft der EU viel stärker mit der russischen verflochten war als mit jener der USA. Jegliche Sicherheitsgarantien, die US-Präsident Joe Biden und seine Regierung den Staats- und Regierungschefs der EU gegeben haben könnten, dass man ihnen beistehen werde, um den Schlag der Sanktionen gegen die eigene Wirtschaft abzufedern, wurde durch eine harte, pragmatische Realität ersetzt. Die Führungskräfte der US-amerikanischen Fracking-Industrie haben gegenüber westlichen Medien erklärt, dass ihnen schlicht die Kapazität fehle, um die Produktion von Schiefergas für die kommende Winterkrise in Europa hochzufahren, selbst angesichts drohender Rationierung, Deindustrialisierung und der Gefahr von regelmäßigen Stromausfällen.
Daher hat auch der Druck auf die EU-Mitgliedsstaaten zugenommen, eine schnelle diplomatische und friedliche Lösung mit Russland anzustreben. Aber jede Wiederaufnahme der Gaslieferungen über Nord Stream wäre ein Schlag gegen die wirtschaftlichen Ambitionen der USA gewesen, zu denen letztendlich auch gehört, die EU zu einem abhängigen Kunden von Flüssigerdgas zu machen. Zu diesem Zweck haben die USA in der Vergangenheit sogar versucht, ihr Erdgas als "Moleküle der Freiheit" zu vermarkten, das im Gegensatz zum "autoritären" russischen Gas steht.
Während einer Pressekonferenz am 7. Februar – also noch bevor der Ukraine-Krieg überhaupt losging – sagte Biden selbst über Nord Stream 2, dass "wir dem ein Ende bereiten werden", obwohl das Projekt außerhalb amerikanischer Kontrolle ist. Und lange davor sanktionierten und schikanierten die USA europäische Unternehmen, die in den Bau von Nord Stream 2 involviert waren, unter dem Vorwand, Europa vor Russland zu retten. Es ist erwähnenswert, dass Europa in diesem Jahrhundert keine wirklichen Probleme mit Russland hatte, bis die USA beschlossen, die Ukraine zu einem Außenposten ihrer Politik zu machen.
Gazprom, Russlands staatseigener Betreiber der Pipeline, hat nicht nur trotz aller Widrigkeiten darauf bestanden, das Projekt fertigzustellen, sondern die Pipeline blieb letztlich das einzige Druckmittel, das Moskau gegenüber der EU hatte. Und jetzt Moskau die Schuld zuzuschreiben für die Sabotage ihrer eigenen wirtschaftlichen Interessen in Europa, erscheint mehr als absurd. Der Schaden an den Pipelines bedeutet jetzt, dass Russland gezwungen ist, auf eigene Kosten weiterhin Gas durch die Pipelines – und letztlich ins Meer – zu pumpen, um zu verhindern, dass sie vollständig mit Meerwasser gefüllt und zerstört werden. Was genau gewinnt Moskau daraus? Was hingegen gewinnt Washington daraus? Nichts weniger als die vollständige Abhängigkeit Brüssels von den USA, was nicht erreicht werden konnte, solange Europa noch die Möglichkeit hatte, seine Interessen zwischen Ost und West abzuwägen.
Die technische Fähigkeit, Unterwasser-Pipelines zu sabotieren, besitzen sowohl Russland als auch die USA. In der Vergangenheit wurde viel über die potenzielle Gefahr von einem Durchtrennen von Unterwasserkabeln gesprochen – etwas, das vom britischen Generalstabschef, Admiral Sir Tony Radakin, als Kriegshandlung definiert wurde. Die USA selbst haben tatsächlich bereits Erfahrung mit solchen Operationen, nachdem sie in den 1970er Jahren in der Operation Ivy Bells Unterwasserkabel angezapft haben, um die Sowjetunion auszuspionieren. Washington hat in der Vergangenheit auch schon sowjetische Gaspipelines sabotiert, wenn auch indirekt. Laut Thomas C. Reed, einem ehemaligen Staatssekretär für die Luftwaffe, der 1982 im Nationalen Sicherheitsrat diente, genehmigte der damalige US-Präsident Ronald Reagan einen Plan der CIA, elektronische Bestandteile einer von der Sowjetunion betriebenen Pipeline zu sabotieren. Ziel der Operation war, Westeuropa daran zu hindern, Erdgas von den Sowjets zu importieren. Klingt das irgendwie bekannt?
Der Lauf der Zeit und Ermittlungen wird am Ende den Schuldigen für die Sabotage von Nord Stream 1 und 2 aufdecken – wenn wir Glück haben. Die EU gelobte, der Ursache und den Hintermännern auf den Grund zu gehen.
"Alle verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass die Lecks das Ergebnis einer vorsätzlichen Handlung sind. Eine absichtliche Störung der europäischen Energieinfrastruktur ist absolut inakzeptabel und wird mit einer robusten und einheitlichen Reaktion beantwortet", schrieb der Chefdiplomat der EU Josep Borrell auf Twitter. Vielleicht könnten die Ermittler Radosław Sikorski einen Besuch abstatten, Mitglied des Europäischen Parlaments und ehemaliger polnischer Außenminister, der ein Foto des Gaslecks im offenen Meer mit der Bemerkung "Danke, USA" auf Twitter veröffentlichte – und inzwischen wieder gelöscht hat.
Aber wenn sich tatsächlich herausstellt, dass Washington dahintersteckt, was manche als Kriegshandlung gegen die europäische Wirtschaft betrachten, wird Brüssel dann den Mut aufbringen, sich dagegen zu erheben? Oder wird die EU weiterhin Rechtfertigungen finden, warum sie an ihrem eigenen Untergang mitschuldig bleiben will?
Übersetzt aus dem Englischen.
Rachel Marsden ist eine Kolumnistin, politische Strategin und Moderatorin eines unabhängig produzierten französischsprachigen Programms, das auf Sputnik France ausgestrahlt wird. Ihre Webseite finden man unter rachelmarsden.com.
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