Von Dagmar Henn
So, da sitzen wir ein Jahr nach der Bundestagswahl und sollen diese Suppe auslöffeln, die wir uns angeblich eingebrockt haben. Eine kalte Suppe natürlich. Und ich soll eine Art Bilanz ziehen, ein Jahr danach.
Da fängt das Problem schon bei der Benennung des Gegenstands an. Deutsche Regierung? Kann man nicht nehmen, weil das voraussetzen würde, dass im deutschen Interesse gehandelt wird. Regierung von Deutschland? Regierung über Deutschland? Was ist der passende Begriff für eine Truppe, die mit erschütternder Konsequenz das Gegenteil dessen tut, was für das Land und seine Bewohner gut wäre? Regierung gegen Deutschland?
Weil ich ein träger Mensch bin, schaue ich nach, was ich unmittelbar nach der Wahl geschrieben habe.
"Man muss sich nur einmal vorstellen, die grünen Fantasien, die Kohlekraftwerke sofort abzuschalten und gleichzeitig auf Nord Stream 2 zu verzichten, würden Wirklichkeit. Obendrauf noch eine fette CO₂-Steuer, und man kann im ersten kalten Winter Wetten abschließen, wann die ersten Schlagzeilen von in ihrer Wohnung erfrorenen Rentnern künden."
Ich gebe zu, selbst ich bin damals noch davon ausgegangen, dass das größtenteils Fantasien bleiben, und hatte mir die völlige Unterwerfung unter die USA nicht vorstellen können. Die Truppe, die nach den langen Koalitionsverhandlungen ins Amt kam, schafft es, noch die düstersten Prognosen zu übertreffen. Wie wäre die Wahl ausgegangen, hätte das, was heute getrieben wird, in den Wahlprogrammen gestanden? Wir wollen Waffen in die Ukraine liefern und einen Wirtschaftskrieg gegen Russland führen, bis zur absoluten Selbstverstümmelung? Es ist ohnehin so, dass die regierenden Parteien schon bei Aufnahme ihres Amtsgeschäfts keine Mehrheit in der Bevölkerung hatten, sondern nur die Mehrheit der Abgeordneten.
"Die ganze Wirtschaft wurde auf Export zugeschnitten, dazu diente es auch, die Löhne zu drücken. Jedes zweite in Deutschland produzierte Produkt wird exportiert. Solange alles gut geht, kann man das der Normalbevölkerung noch mit der Behauptung verkaufen, das sichere Arbeitsplätze. Aber was, wenn das nicht mehr gut geht?"
Die Kappung der Versorgung mit billigen russischen Energieträgern hat es tatsächlich geschafft, aus einem gigantischen Exportüberschuss ein Exportdefizit zu machen. Diese Entwicklung ist zur Gänze die Folge politischer Entscheidungen, einer Killerkombination aus EU-Marktwahn, der Strom und Gas zum Spekulationsmarkt machte, und dieser eigenartigen Regierung gegen Deutschland, dieses Haufens transatlantischer Agenten, für die ausgerechnet ein Krieg gegen Russland die Erfüllung ihrer Lebensträume darzustellen scheint. Es geht nicht mehr gut, und man braucht kein Diplom als Hellseher, um die Konsequenzen zu erkennen. Vorausgesetzt natürlich, man heißt nicht Habeck.
"Und dann diese NATO-Treue. Die inzwischen wichtiger ist als jedes soziale Problem, das haben die Grünen und die SPD schon vor der Wahl deutlich verkündet. Hauptsache, es wird weiter gerüstet und Krieg geführt. Dabei ist der große Bruder, dem man sich so vehement andient, gerade damit beschäftigt, seinen großen Absturz vorzuführen. Ein bisschen, ein kleines bisschen strategischer Spielraum, sich umzuorientieren, statt ständig gegen Russland und China Front zu machen, wäre schon günstig. Weil die Zukunft dieses Landes, so es denn eine haben will, nicht an der Seite des stürzenden Hegemons liegen kann. Aber man pflegt lieber eigene Großmachtfantasien, statt zu versuchen, vielleicht doch mit Kooperation und Partnerschaft in andere Richtung irgendwie nicht mit in die Tiefe gerissen zu werden."
Vor einem Jahr standen wir am Rande des Abgrunds, jetzt haben wir einen Riesenschritt nach vorn gemacht … Es ist gleich, ob das gerade die Aufführung von Nibelungentreue II ist, oder sie wirklich glauben, sie könnten Russland besiegen oder gar Russland und China gleichzeitig – das Ergebnis ist katastrophal. Eine ähnliche Koalition wie heute stand schon gegen die junge Sowjetunion, sogar auf deren Gebiet, und sie ist gescheitert. Die Naziwehrmacht hat das mit den Ölfeldern von Baku auch versucht und scheiterte in Stalingrad. Man sollte eigentlich erwarten, dass selbst jemand mit einer äußerst fragmentarischen historischen Bildung zumindest mit diesem Ortsnamen noch etwas anzufangen weiß.
Zugegeben, auch die Welt, die die Merkel-Regierung zeichnete, war schon ein künstliches Konstrukt, mit diesem "Wir schaffen das" und dem ewigen Geschwalle von "Werten", die nie genau benannt werden, die im Alltag keine Rolle spielen, aber beschworen werden wie die unbefleckte Empfängnis. Aber jetzt dieser Glaube an NATO-Wunderwaffen, die die eingerührte totale Katastrophe in einen grandiosen Sieg verwandeln? Da war die Nummer mit der V2 im Vergleich noch realistisch.
"Man pflegt lieber eigene Großmachtfantasien"… Sicher, das Verhängnis begann schon vor der Wahl letzten September. Ursula von der Leyen saß da schon, wo sie heute sitzt. Was erzählte sie jüngst? "The Russian economy is in tatters", die russische Wirtschaft liegt in Fetzen, und dann irgendwas von Geschirrspülmaschinen, aus denen Chips ausgebaut und dann in Kampfflieger eingebaut werden. Bei dieser Dame ist das mit der V2 fest eingebaut. Ihr Vater hatte beste Verbindungen in braune Netzwerke, und ihr Gemahl muss irgendwie mit dem Wehrmachtskommandanten von Lemberg verwandt sein. Richtig, da, wo Theodor Oberländer als Verbindungsoffizier mit den Bandera-Truppen dieses Pogrom leitete, im Jahr 1941. Es war in der alten Bundesrepublik immer klar, dass einzig der Erwerbstrieb diese Seilschaften im Zaum hielt. Aber es ist doch verblüffend, wie vielgestaltig sie jetzt wieder an die Oberfläche gespült werden.
"Wovon soll dieses Land leben, ohne Rohstoffe, mit einer ausgelagerten Nahrungsmittelerzeugung? Wie soll eine Industrie funktionieren ohne stabile Energieversorgung? Was soll den gesellschaftlichen Reichtum bringen, wenn die reale Produktion verschwindet?"
Inzwischen kommt es mir vor, als sei das Ahrtal eine Art Experiment gewesen – auf mehreren Ebenen. Mal austesten, was sich die Deutschen alles gefallen lassen. Nehmen sie es hin, in Ruinen zu leben? Gut, an einem Punkt ist das Experiment gescheitert: Die große Klimawandel-Show blieb in den Anfängen stecken, aber an anderen Punkten funktionierte es sehr wohl. Die Verbundenheit der Deutschen untereinander ist schwach genug, dass das, was im Ahrtal geschah, aufs ganze Land bezogen ohne jede Wirkung blieb. Zwölf Tote, weil ein Behindertenheim nicht evakuiert wurde? Kein Grund zur Unruhe – nein, nicht einmal im Ahrtal selbst. Man würde erwarten, dass die Bewohner sich vor der zuständigen Landesregierung häuslich einrichten, bis ein Wiederaufbau in einer akzeptablen Zeit gesichert ist, oder zumindest jeder auch nur ansatzweise verantwortliche Politiker die Gegend nicht mehr sicher betreten kann. Nichts davon ist passiert.
Der Spiegel berichtet zwar jetzt, 41 Prozent der Deutschen seien wütend, und das sei eine bedeutende Steigerung gegenüber Mai 2020 (15 Prozent) und Mai 2022 (30 Prozent). Das ist auf jeden Fall eine beträchtliche Leistung für eine Regierung, die weniger als ein Jahr im Amt ist. Aber auch 26 Prozent reagieren mit Hoffnungslosigkeit und Angst. Wenn das Ahrtal den Maßstab liefert, lassen sich die Deutschen widerstandslos ins Mittelalter zurück regieren.
Ende letzten November wurden EU-Sanktionen über Weißrussland verhängt. Eines der sanktionierten Handelsgüter war Kunstdünger, der ohnehin dank CO₂-Besteuerung und der schon damals laufenden Gasmarktspekulation bereits deutlich im Preis gestiegen war, da waren die Konsequenzen absehbar.
"Das ist natürlich der perfekte Moment, um Düngemittelimporte aus Weißrussland zu unterbinden. Wegen der Menschenrechte oder wegen Lukaschenko oder weil die Sonne im Osten aufgeht. Vorausgesetzt, man schießt sich gern ins eigene Knie." Das war mein Kommentar dazu, damals. Oh ja, wir haben einen Riesenschritt nach vorn gemacht.
Und die wahnhafte Position zur Ukraine fand sich schon im Koalitionsvertrag. "Wir werden die Ukraine weiter bei der Wiederherstellung voller territorialer Integrität und Souveränität unterstützen." Sie unterstützen, bis weder von der Ukraine noch von Deutschland etwas übrig ist. Alles, was der Koalitionsvertrag außerdem enthielt, die sozialen Trostpflästerchen, die behaupteten Verbesserungen der Infrastruktur, alles Makulatur, weil sie es geschafft haben, das Land in weniger als einem Jahr an einen Punkt zu bringen, an dem es um sein Überleben ringen muss.
Eine wirklich beeindruckende Leistung. Ein Jahr nach der Wahl und zehn Monate nach dem Amtsantritt dieser Regierung. Wenn mir überhaupt Entscheidungen einfallen, die ähnlich verhängnisvoll waren wie das Verhalten dieser Truppe, dann vielleicht die Zustimmung der SPD zu den Kriegskrediten im Jahr 1914 oder die Entscheidung von Ebert und Genossen, ein Bündnis mit dem Freikorps einzugehen.
Also, wie soll man das Ergebnis dieser Wahl nun nennen? Die beste Regierung, die Deutschland je gegen sich hatte.
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