Von Igor Maltsev
Nun lasst uns eine Feststellung treffen. Es hielt lediglich 15 Jahre durch. Für diejenigen, die jetzt beschlossen haben, darüber traurig zu sein, soll in Erinnerung gerufen werden: Es handelte sich um eine Vereinheitlichung der Visakosten und um eine Erleichterung bei der Visaerteilung für enge Verwandte, Journalisten, offizielle Delegationen, Mitarbeiter von Transportunternehmen und "einige andere Gruppen von Einreisenden". Zumindest stand das so auf dem Papier. Was Außenministerin Annalena Baerbock, eine Dame ohne Ausbildung und mit grünen Ideen, im Sinn hat, weiß ich nicht. Vermutlich hat sie die Vereinbarung nicht einmal gelesen.
Interessant ist jedoch, dass gerade Deutschland unter dem Einfluss der hysterischen Kampagne von Ländern wie Lettland, die an Russland grenzen, plötzlich eine solche Entscheidung trifft. Weil das ein ziemlich symbolischer Akt ist, dessen Bedeutung dem Verstand der neuen Politiker, die große Probleme mit der Geschichtswissenschaft haben, nicht zugänglich ist.
Gemäß der Encyclopaedia Britannica entstand der Eiserne Vorhang in der UdSSR "als Teil einer Politik der Selbstisolation". Obwohl, klar, der alte Churchill hat den Begriff auch benutzt. Und des Eisernen Vorhangs wegen hatte die westliche Propaganda jahrzehntelang auf die UdSSR eingedroschen: "Gefängnis der Völker", "Gebt den Menschen ihr Menschenrecht auf Reisen und Information zurück".
Die Deutschen sollten keine symbolische Politik betreiben, denn das führt die Deutschen meist fernab.
Was beobachten wir nun in Echtzeit? Richtig: Es stellt sich heraus, dass die Information ausschließlich von einer Seite kommen sollte – dem Westen. Und alles andere ist "russische Propaganda" (wie im Falle RT).
Und die Einreisebeschränkungen in die glänzende Welt Europas sind auf einmal kein Werk der bösen UdSSR, sondern der superdemokratischen EU. Die Unseren haben im Jahr 1993 den Vorhang ganz fallen lassen. Und es stellt sich heraus, dass die westliche Demokratie selbst nicht ohne diesen leben kann.
War es lohnenswert, die Berliner Mauer abzureißen? Urteilt man danach, wie das deutsche politische Establishment der ehemaligen DDR wegen gereizt ist, war es das nicht. Und hier genauso.
Doch es gibt erstaunliche historische Parallelen, welche einem Komsomol-Mädchen wie Baerbock anscheinend überhaupt nicht zugänglich sind. Die Deutschen sind es, die vorschlagen, Visa auf der Grundlage eines ideologischen Verhörs zu erteilen, bei dem jeder, der falsch denkt, sich von seinen Ideen sowie von Russland, seiner Politik, Putin, der militärischen Sonderoperation und so weiter lossagen soll.
Oh mon Dieu! Das ist doch pure Inquisition. Als die Kirche Europas einen Kampf gegen das abweichende Denken führen musste und gleichzeitig auch das Geld und das Eigentum beschlagnahmen wollte (eine vollständige Parallele zum Schicksal der eingefrorenen Guthaben der Zentralbank), schuf sie das Institut der Inquisition. Diejenige Kirche, die ganz modern zuerst eine Propagandakampagne führte. Sie beschuldigte Menschen und ganze Gruppen, einschließlich ethnischer Gruppen (die heutigen Russen), der Teufelsanbetung, der Opferung von Säuglingen, des Bluttrinkens und des Küssens von Kröten auf den Hintern.
Daraufhin begannen die Repressionen, die bis zu Folter und Hinrichtung reichten. Bei der geistlichen Gerichtsbarkeit (die jetzt von den Zoll- und Einreisebehörden durchgeführt wird) musste der Ketzer jedoch all seinen Überzeugungen abschwören. Das bewahrte ihn jedoch nicht vor dem Scheiterhaufen.
So versinkt die EU in der Finsternis der Inquisition und des Mittelalters und glaubt, sie sei auf dem Weg des moralischen Fortschritts. Das ist gerade das Traurigste, denn möchte Gott strafen, so entzieht er die Geistesgabe. Ein sehr deprimierender Anblick, der vor allem ungesund ist.
Übersetzt aus dem Russischen.
Igor Maltsev, Jahrgang 1958, ist Journalist und Schriftsteller. Er schreibt regelmäßig für RT auf Russisch. Maltsev ist ehemaliger Chefredakteur der Zeitschriften Medved und Drugoi sowie Autor mehrerer Bücher, darunter "Whiskey. History of Taste" und "Sina".
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