Öl- und Gasabkommen zwischen Russland und Iran beschleunigen den Niedergang der US-Hegemonie

Russland und Iran werden vom Verkauf günstiger Energieressourcen auf dem Weltmarkt profitieren. Gleichzeitig beschleunigen Länder wie Indien ihren Aufstieg zu multipolaren Großmächten durch den Kauf dieser Ressourcen. Die USA sind hierbei nur noch Zaungast.

Von Andrew Korybko

Vergangene Woche äußerte sich die einflussreiche US-Nachrichtenagentur Politico extrem frustriert darüber, dass die USA nicht in der Lage sind, ein bevorstehendes Öltauschgeschäft zwischen Russland und Iran zu unterbinden, während die Neuverhandlung des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) noch nicht abgeschlossen ist. Auch wenn jüngste Berichte darauf hindeuteten, dass man kurz davor stehe, die Verhandlungen abzuschließen.

Im Artikel mit dem Titel "Russland betrachtet Iran als Hintertür für Ölverkäufe, mit denen die Sanktionen umgehen werden", beklagt der Autor, "wie einfach Iran Rohöl aus Russland über seine nördliche Küste am Kaspischen Meer importieren und dann entsprechende Mengen Rohöl im Namen Russlands in iranische Tanker pumpen könnte, die in den Persischen Golf auslaufen". Dieser Pakt sei für beide Seiten von Vorteil und würde die sich schnell intensivierende strategische Partnerschaft zwischen diesen multipolaren Mächten weiter stärken.

Der globale systemische Übergang zur Multipolarität, der beispiellos beschleunigt wurde angesichts des von den USA provozierten Ukraine-Konflikts, der vor acht Jahren begann und vor einem halben Jahr in seine letzte Phase überging, verändert Eurasien grundlegend. Wladimir Putin erklärte kürzlich, dass Russland seinen Status als Weltmacht wiederhergestellt habe, was die Rolle des Landes in den gegenwärtigen internationalen Beziehungen exakt widerspiegele.

Zur Erklärung: Die beispiellosen Sanktionen des US-geführten Westens haben die wirtschaftlich-finanzielle Grundlage der schwindenden unipolaren Hegemonie der USA kontraproduktiv getroffen. Der Vorgang mündete zeitlich in der Zusammenarbeit Russlands, Indiens und Irans, um in der gegenwärtigen bi-multipolaren Zwischenphase einen dritten Einflusspol zu schmieden im oben erwähnten systemischen Übergang zu komplexerer Multipolarität – oder Multiplexität.

Diese beiden Faktoren veränderten den Verlauf des Neuen Kalten Krieges unumkehrbar: Der unipolare Niedergang der hegemonialen USA wurde unvermeidlich, während Indien Russland half, präventiv jede potenziell unverhältnismäßige Abhängigkeit von China abzuwenden.

Einige Beobachter spekulierten, dass dies dazu führen könnte, dass die Volksrepublik China in naher Zukunft die USA im Status der alleinigen Supermacht ablöst und somit die mit diesem Szenario verbundenen systemischen Ungleichheiten repliziert werden. Um es ganz klar zu sagen, der Autor dieser Zeilen glaubt nicht an diese düstere Vorhersage, dass China die Rolle der USA in den internationalen Beziehungen einnehmen wird, sondern weist lediglich darauf hin, dass der Faktor Indien dieses Szenario ohnehin unmöglich gemacht hat.

Nachdem die bahnbrechende strukturelle Bedeutung der russisch-indischen strategischen Partnerschaft erläutert wurde, kann man die komplementäre Rolle besser verstehen, die eine russisch-iranische Beziehung spielt. Während sie weniger direkten Einfluss in Bezug auf die unmittelbare Neugestaltung des Verlaufs des globalen systemischen Übergangs hat, ist sie in Bezug auf langfristige Auswirkungen, die sie auf die Energiebranche haben wird, nicht weniger bedeutsam. Diese beiden multipolaren Mächte sind wichtige Akteure in diesem Sektor, insbesondere im Erdgasgeschäft. Ihre spekulativen Pläne für ein Öltauschgeschäft, die bei Politico für Panik sorgten, bergen das Potenzial, für beide eine zuverlässige Einnahmequelle zu gewährleisten und gleichzeitig ihren Partnern zu helfen.

Die russische und die iranische Wirtschaft werden gegenseitig profitieren, indem sie vergünstigte Ressourcen auf dem Weltmarkt verkaufen, während Länder wie Indien ihren Aufstieg zu multipolaren Großmächten durch den Kauf dieser Exporte beschleunigen werden. Die trilaterale Achse zwischen Moskau, Teheran und Neu-Delhi entwickelt sich weiterhin zu einer ernst zu nehmenden Kraft, insbesondere wenn Moskau und Teheran ihre Erdgasaktivitäten gemeinsam koordinieren, da sie über die größten derartigen Reserven der Welt verfügen. Es ist daher nicht schwer vorherzusehen, dass die globale Energieindustrie schließlich durch die russisch-iranische strategische Partnerschaft revolutioniert werden könnte, was dem sogenannten Petrodollar den Todesstoß versetzen würde. Insbesondere im Szenario eines Ölverkaufs durch Saudi-Arabien an China und andere Staaten in chinesischer Währung.

Die Entdollarisierung des Erdgashandels, sei es parallel zu dem oben genannten Szenario, bei dem Saudi-Arabien und China die Entdollarisierung des Ölhandels vorantreiben, oder stattdessen, falls dieses zweite Szenario aus welchen Gründen auch immer nicht eintritt, wird es als wegweisendes Ereignis in der Geschichte der Weltwirtschaft eingehen. Die spekulativ bevorstehende enge Zusammenarbeit zwischen Russland und Iran im Ölhandel wird die Voraussetzungen für das schaffen, was sehr wahrscheinlich kommen und für alle von übergroßer Bedeutung sein wird, da der Erdgasverbrauch voraussichtlich auf unbestimmte Zeit weiter steigt. In der Praxis bedeutet dies, dass Russland und Iran gemeinsam auf indirekte, aber dennoch spürbare Weise einen überproportionalen Einfluss auf die Weltwirtschaft ausüben werden.

Niemand sollte an den Absichten zweifeln, da Iran seit 1979 ein revolutionärer Staat ist, während Putin erst Ende des vergangenen Monats das globale, revolutionäre Manifest seines Landes enthüllte. Iran und Russland sind sich daher einig, dass alles Erforderliche getan werden muss, um den systemischen Übergang zur Multipolarität zu beschleunigen, was zweifellos die gemeinsame Nutzung ihrer Rolle im Energiehandel einschließt, um Supermächte in diesem Sektor zu werden.

Man wird gegenseitig profitieren und gleichzeitig den Aufstieg Indiens zur Großmacht beschleunigen. Dies wird dazu beitragen, die internationalen Beziehungen aus ihrer gegenwärtigen bi-multipolaren Zwischenphase herauszubrechen und so die Entstehung einer komplexen Multipolarität genau so anzukündigen, wie es ihre Führungen sich vorstellen, zulasten der schwindenden Hegemonie der USA.

Übersetzt aus dem Englischen.

Andrew Korybko ist ein in Moskau ansässiger amerikanischer Politologe, der sich auf die US-Strategie in Afrika und Eurasien spezialisiert hat sowie auf Chinas Belt & Road-Initiative, Russlands geopolitischem Balanceakt und hybrider Kriegsführung.

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