Glaube versus Realität: Die Masken-Obsession der Deutschen

Im Herbst will die Bundesregierung die Maskenpflicht wieder ausweiten. Konsequent ignoriert sie Risiken, Schutzvorschriften und Umweltprobleme, der Nutzen bleibt fraglich. Ein angeblich milder Eingriff in die Grundrechte ist es auch nicht – wohl aber politisch geschürte kollektive Obsession.

von Susan Bonath

Der Oktober naht, und die Maskenpflicht, derzeit bestehend im öffentlichen Verkehr, soll wieder ausgeweitet werden. Die Bundesregierung legt noch einen drauf: FFP2 muss es sein, im öffentlichen Verkehr und, in Verantwortung der Bundesländer in allen öffentlichen Räumen. Auch Schüler ab Klassenstufe 5 will sie erneut damit traktieren.

Die Maske gilt als besonders milder Eingriff in die Grundrechte. Das sei doch halb so schlimm, dafür besonders solidarisch, weil besonders wirksam, wird wie ein Mantra suggeriert. Nichts davon stimmt.

Hoher Krankenstand trotz Maske

Eines ist ziemlich sicher: Der Glaube an die Schutzwirkung der Masken ist wohl größer als die Evidenz. Ein gewichtiges Indiz dafür ist die Entwicklung der sogenannten Fallzahlen in den letzten zweieinhalb Jahren. Eine nennenswerte Auswirkung der Maßnahme ist weder in Deutschland noch anderswo zu erkennen. Die "Zahlen" stiegen und fielen – egal, ob Gesichtsschutz verordnet war oder nicht.

Besonders deutlich ist das im Gesundheitswesen erkennbar: Die "Corona-Sommerwelle" legte das Klinikpersonal in diesem Jahr gar reihenweise flach, wie das ZDF Anfang Juli berichtete. Einen Monat später sah es vielerorts nicht anders aus, zum Beispiel in Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Die Kliniken scheinen demnach geradezu ein Hotspot zu sein. Doch ausgerechnet dort wird jeder Besucher kontrolliert und jeder Patient getestet. Das Personal ist weitgehend durchgeimpft, alles wird desinfiziert – und vor allem: alle müssen Masken tragen. Für den Umgang damit sind die Pflegekräfte und Ärzte sogar besonders geschult, ganz anders als der Durchschnittsbürger. Und trotzdem werden alle krank. Für eine Superwirkung der Masken gegen Coronaviren spricht das wirklich nicht.

Doch der Glaube ist stärker; und anders als vor 2020 gibt es heute sogar Studien, die insbesondere den einst nur für Staubschutz verwendeten FFP2-Masken eine hohe Wirksamkeit gegen die Erreger bescheinigen. Just: die Realität spiegelt das nicht wieder. Aber der Alltag ist schließlich kein Labor, in dem die – erwünschten? – Ergebnisse mutmaßlich zustande kamen.

Realität ignoriert, Vorgaben missachtet

Würden alle ihre FFP2-Masken genauso tragen, wie es zum Beispiel die Stadt Hamburg rät, dürfte es keine Bartträger mehr geben. Und jeder müsste vor dem Einsteigen in die Bahn theoretisch ein fabrikneues Utensil mit sterilen OP-Handschuhen aus der geschlossenen Originalverpackung fischen, fachmännisch eng anliegend über Mund und Nase tragen und alle paar Stunden wechseln – Desinfektionsmittel nicht vergessen! Das ist ein absurder Anspruch an die Alltagsrealität und den Geldbeutel der Mehrheit der Bevölkerung.

Davon abgesehen braucht man keine große Studie, um am eigenen Leib zu merken, welch eine ermüdende Tortur es ist, länger als ein paar Minuten durch eine dicht sitzende FFP2-Maske zu atmen. Über eine mehrstündige Zugfahrt hinweg dürften das die wenigsten konsequent durchhalten. Darum tun es auch die wenigsten: Die Maske wird gelüftet, gelockert, unter die Nase geschoben. Das wusste die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) schon lange vor Corona. Deshalb hat sie Arbeitsschutzbestimmungen veröffentlicht, die bis heute gelten.

Das Problem ist: Heute scheinen diese Vorgaben keine Rolle mehr zu spielen. Die Politik missachtet sie konsequent. Demnach dürfen Beschäftigte die Schutzmaske allerhöchstens 75 Minuten am Stück tragen. Danach ist eine Pause von mindestens einer halben Stunde fällig. Der Grund, den die BAuA nennt, leuchtet ein:

"Die Belastung beim Tragen von FFP-Masken entsteht durch den Atemwiderstand beim Ein- und Ausatmen, der zu einer erhöhten Atemarbeit und zu einer Beanspruchung der Atmung und des Herz-Kreislauf-Systems führt."

Die wahrscheinlichen Einwände der eisernen Maskenbefürworter klingen einem schon in den Ohren: Aber das sind Arbeitsschutzbestimmungen, und schließlich arbeitet im Zug und Supermarkt niemand. Nun, dann wäre auf die oberste Gesundheitsbehörde in Deutschland, das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), zu verweisen. Dem Robert Koch-Institut (RKI), das angeblich für "die Wissenschaft" spricht, räumte die Regierung in der Pandemie so weitreichende Befugnisse wie nie ein. Was es vorgibt, gilt quasi als Gesetz. Doch in Sachen FFP2-Masken trifft das nicht zu. So schreibt das RKI auf einer Webseite dazu:

"Bei der Anwendung von FFP2-Masken durch Laien im Alltag muss grundsätzlich die individuelle gesundheitliche Eignung geprüft und sichergestellt werden."

Das ist natürlich nirgends geschehen und wäre auch unrealistisch. Man übergeht es offenbar, weil der Glaube stärker ist. Die Konsequenz daraus hinsichtlich des Gesundheitsschutzes ist bedenklich. Denn weiter schreibt das RKI:

"Beim Einsatz von FFP2-Masken bei Personen mit z. B. Eingeschränkter Lungenfunktion oder älteren Personen sind negative gesundheitliche Auswirkungen nicht auszuschließen. Das Tragen von FFP2-Masken durch Personen, die diesen Gruppen angehören, sollte möglichst ärztlich begleitet werden."

Das Bundesinstitut empfiehlt darum, die Tragedauern für Personen individuell, gemessen am Gesundheitszustand, festzulegen, "um mögliche gesundheitliche Auswirkungen individuell zu minimieren". Während also ansonsten alle möglichen Empfehlungen des RKI, zum Beispiel für die Verkürzung des Genesenenstatus auf drei Monate im Januar, für Maßnahmen in Pflegeheimen oder für Impfungen, bedingungslos von Politikern und Gerichten befolgt werden, schaut man hier seit zweieinhalb Jahren geflissentlich weg.

Justiz verfolgt Ärzte

Es ist bekannt, dass ein erheblicher Prozentsatz der Bevölkerung in den Industrienationen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leidet. Rund ein Drittel aller Todesfälle wird darauf zurückgeführt. Eigentlich müsste sich das bemerkbar machen. Viele müssten wohl zumindest teilweise von der Maskenpflicht befreit werden.

Doch das passiert nicht, wohl auch, weil die Justiz akribisch Ärzte verfolgt, die angeblich "falsche Maskenatteste" an Personen ausgestellt haben. Gerichte verhängen teils drakonische Strafen gegen sie. Ein Amtsrichter in Garmisch-Partenkirchen verdonnerte kürzlich eine Ärztin sogar zu zwei Jahren Gefängnis ohne Bewährung; das Urteil kann sie noch anfechten. Andere erhielten hohe Geld- oder Bewährungstrafen, die Drohung des Entzugs von deren Approbation steht im Raum.

Es geht meist um den Vorwurf, die Ärzte hätten die Befreiungsatteste nach ausschließlich telefonischer Beratung ausgestellt. Nur muss man hier den Hintergrund beleuchten, dass bundesweit kaum noch Mediziner bereit sind, solch einen Wisch auch nur in Erwägung zu ziehen. Selbst bei schweren Erkrankungen bekommt man ein solches Attest nicht mehr so einfach. Kein Wunder, die Angst vor Strafverfolgung sitzt ihnen im Nacken. Wer also wirklich Probleme hat, muss gegebenenfalls weit durch die Republik reisen.

Man denke sich eine verzweifelte Mutter, deren Kind nach jedem Unterricht mit Maske über Übelkeit, Kopfschmerzen und andere Beschwerden klagt. Die Kinderärzte vor Ort weigern sich vielleicht, sich des Problems anzunehmen. Die Mutter kontaktiert einen Kollegen, aus Mangel an Wahlmöglichkeiten am anderen Ende der Bundesrepublik. Sie schildert ihm die Probleme, er nimmt sie ernst und hilft, erspart ihr dabei auch die weite Reise. Während sich seit Corona ansonsten jeder mit einer Erkältung telefonisch krankschreiben lassen kann, soll das nun eine Straftat sein?

Kinder als Schutzschilde für panische Erwachsene

Auch Kinder ab Klassenstufe 5 sollen wieder Masken im Unterricht tragen, wenn der Präsenzunterricht gefährdet sei. Die Maske vor den Kindergesichtern möge also die (zumeist geimpften) Lehrer vor Infektionen schützen. Es scheint zwar in den letzten beiden Jahren nicht gewirkt zu haben. Aber egal, es zählt der Glaube. Man hält an einer besonders perfiden Umkehr fest: Kinder sollen Erwachsene schützen, nicht andersherum, wie es sein sollte. Sie werden wohl wieder die Obsession der Großen ausbaden müssen.

Jeder weiß inzwischen, dass Kinder durch Corona kaum selbst belastet sind. Jüngst zeigte sich zudem, dass sie fast durch die Bank Antikörper haben, wie der MDR berichtete. Die meisten waren also längst infiziert.

Das Wissenschaftsmagazin Spektrum bescheinigte darüber hinaus den Maßnahmen, darunter der Maskenpflicht, gravierende negative Auswirkungen auf das Immunsystem der Jüngsten. Im letzten Herbst hatten sich die Kliniken und Intensivstationen mit Kindern gefüllt, die ungewöhnlich schwer am RS-Virus erkrankt waren – nicht SARS-CoV-2. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) sprach sich rigoros dagegen aus, Schüler erneut mit Masken und anlasslosen Tests zu traktieren

Dabei ist die Behauptung, dass Masken physisch und psychisch harmlos für Kinder seien, weil sie diese im Gros doch klaglos akzeptierten, besonders perfide. Kinder sind auf Erwachsene angewiesen, wollen gefallen und anerkannt werden. Es ist bekannt, dass sich selbst junge Missbrauchsopfer oft in Schweigen hüllen. Nur weil ein Kind kein Problem benennt, heißt das nicht, dass es keines hat.

Kollektive Erlösungsfantasien

Es geht um viel mehr als körperliches Unwohlsein durch langes Maskentragen oder um physisch greifbare Erkrankungen wie Herzleiden oder Asthma. Der Mensch ist schließlich keine Maschine. Es geht auch um die psychische Verfasstheit, individuell und kollektiv, und zwar sowohl auf der Seite der Maskenbefürworter als auch der -skeptiker. Dazu gehört auch die Entwicklung hochgradig autoritärer Verhaltensmuster: Unterdrückung auf der einen, Unterwerfung auf der anderen Seite.

Zunächst stellt sich die Frage, wer beurteilen will, wie jemand das Tragen einer Maske verkraftet. Wie soll beispielsweise jemand mit dem Zwang umgehen, der als Kind missbraucht oder misshandelt wurde und unter der Maske Panikattacken oder Angstzustände, aber kein Attest bekommt? Und selbst der Alltag mit Attest wird zur Tortur, wenn stets der Vorwurf im Raum steht, das Papier könne unrechtmäßig erschlichen sein.

Dazu kommt die Angst vor der Angst der anderen. Wer schon einmal unmaskiert in einem Zug saß, kann ein Lied von vorwurfsvollen und furchtsamen Blicken singen und von dem unguten Gefühl, das sich dabei breitmacht. Stets läuft man Gefahr, verbal angefeindet, vielleicht sogar körperlich attackiert zu werden. Das Maskenthema ist ein hochemotional besetzter Glaubens- und Angstkonflikt. Wer sich verbissen daran klammert, ist für Evidenz und sachliche Argumente schwer zugänglich.

So gibt es Menschen, die das Haus nur noch mit FFP2-Maske verlassen. Manche tragen sie beim Fahrradfahren, gehen damit ganz allein im Wald spazieren oder ziehen sie bei der Gartenarbeit über, so als flögen die Viren unabhängig von potenziellen Überträgern munter durch die gesamte Atmosphäre. Wer Kindern zwei Jahre lang erzählt hat, ohne Maske könnten sie die Oma umbringen, muss sich auch nicht wundern, wenn auch sie scheinbar freiwillig an der frischen Luft die FFP2-Maske aufsetzen.

So manch ein Zugbegleiter fühlte sich schon berufen, Passagiere ohne Maske auf irgendeinem Dorfbahnhof aus dem Gefährt zu werfen. Polizisten ziehen bei Kontrollen Maskenatteste ein und erklären die Papiere – ohne jede fachliche Befähigung – mal eben für "falsch". Allerorts lauern selbst ernannte Maskenkontrolleure. Und ohne großen Aufschrei fiel bereits der Vorschlag, Masken nun auch zur Vorbeugung von Grippe und anderen Atemwegserkrankungen für verpflichtend zu erklären.

Eines scheint sich zu verfestigen: Evidenz spielt keine Rolle, und die weniger Furchtsamen sollen sich den Überängstlichen rigoros unterwerfen. Argumente gelten nicht, Probleme werden ignoriert, nur der Glaube an die Rettung durch die Maske zählt. Das geht vermutlich weit über die bloße Angst vor der Viruserkrankung hinaus. Es gleicht einer neurotischen, kollektiven Erlösungsfantasie, der sich bitte alle hingeben sollen. Wer widerspricht und Vernunft anmahnt, ist des Teufels. Das scheint mit der Zeit zur Gewohnheit geworden zu sein. Was macht solch eine destruktive Gewohnheit mit einer Gesellschaft?

Ein Unterdrückungsinstrument

Wer Erlösungsfantasien anhängt, neigt zu konsequentem Ausblenden unliebsamer Begleiterscheinungen. Das geht weit über problematische gesellschaftliche Entwicklungen hinaus. So wird zum Beispiel niemand widersprechen, dass durch die Masken weltweit unfassbare Mengen an Müll produziert werden. Doch ausgerechnet die Grünen, die doch stets die Umweltpolitik groß vor sich hertragen, verteidigen das Gesichtsutensil am vehementesten.

Das ZDF sprach im Februar von einer drohenden Katastrophe durch tonnenweise weggeworfene Masken. "Die Wissenschaft" hatte das schon Monate zuvor konstatiert. Ein Grund, über den Sinn dieser Maßnahme nachzudenken, ist das für die Maßnahmen-Politiker und ihre Anhänger bisher nicht gewesen.

Diese und andere negative Auswirkungen sowie das Handeln der Maskenverteidiger in der Politik selbst führt ihre Begründung, den vermeintlichen Gesundheitsschutz, ad absurdum. Es ist bekannt, dass Ökokatastrophen, Armut, Hunger und Kriege weltweit die meisten Todesopfer fordern – weit mehr, als es das Coronavirus je könnte.

Ginge es wirklich um Gesundheitsschutz, würde die Regierung nicht die zusätzlichen ökologischen Probleme billigend in Kauf nehmen. Sie würde nicht den Wirtschaftskrieg gegen Russland mit Feuereifer vorantreiben und damit vor allem den unteren Bevölkerungsschichten massiv schaden. Sie würde die Bürger nicht bei vollem Bewusstsein in eine Inflation katapultieren, was massenhafte Verelendung und Not zur Folge haben muss. Sie würde keine Waffenlieferungen ohne Ende beschließen, um Kriege mit Hunderten von Toten täglich zu verlängern.

Mithin spricht einiges dafür, dass die Maskenpflicht vorrangig eine ganz andere Aufgabe haben könnte als propagiert: Der brave Bürger beweist damit seinen unbedingten Gehorsam gegenüber dem Staat. Wenn die Maske also nicht nennenswert vor Krankheit schützt, wofür die gesamte Datenlage spricht, bleibt genau das übrig: die Maske als ideelles Unterdrückungsinstrument, das potenzielle "Staatsfeinde" kenntlich macht.

Mehr zum ThemaWissenschaftler stellen Fragen zur Impfstoff-Qualität: PEI kommt seinem Auftrag nicht nach