von Gert Ewen Ungar
Der russische Fernsehsender Perwy Kanal berichtete am 21. Mai, dass die Europäische Rundfunkunion (EBU) aus vom russischen Fernsehen übernommenen Material über die Befreiung von Asowstal alle Bilder herausgeschnitten hat, die faschistische Tätowierungen der gefangen genommenen Kämpfer zeigen. Die EBU ist ein Zusammenschluss von überwiegend westeuropäischen Rundfunkanstalten, deren Aufgabe es unter anderem ist, die angeschlossenen Sender mit Nachrichtenmaterial zu versorgen. ARD und ZDF sind Mitglied bei der EBU und greifen daher auf das Material zurück, das ihnen von dort zur Verfügung gestellt wird. Auch in diesem Fall.
Nach ihrer Kapitulation untersuchten die Soldaten der russischen Armee nicht nur das Gepäck der Kriegsgefangenen, sondern nahmen auch die Oberkörper der ukrainischen Truppen in Augenschein. Die faschistischen Kämpfer sind in der Mehrheit tätowiert. Sie haben sich die Symbole ihrer Ideologie in die Haut stechen lassen. Die Tätowierungen dienen jetzt zu einer ersten Unterscheidung zwischen regulären Soldaten der ukrainischen Armee, die in Kriegsgefangenschaft gehen, und faschistischen Kämpfern, die sich zudem für mutmaßliche Kriegsverbrechen vor einem Gericht verantworten müssen.
Russische Journalisten haben dieses Vorgehen in ihren Berichten über die Befreiung von Asowstal dokumentiert. Da westliche Sendeanstalten keine Journalisten vor Ort hatten, wurden die Beiträge von der EBU vom russischen Fernsehen übernommen. Das ist zunächst eine gängige Praxis. Zur Verwunderung der russischen Redaktion war es nun aber so, dass die Sender für die Ausstrahlung in der EU ebenjene Teile herausgeschnitten hatten, in denen diese Untersuchung gezeigt wird und die darüber hinaus dokumentiert, dass zahlreiche Kämpfer tatsächlich mit faschistischer Symbolik übersät sind.
Natürlich ist der russische Vorwurf berechtigt, dass es sich hierbei um Manipulation handelt. Bestimmte Informationen werden hier in der EU und insbesondere in Deutschland nicht gesendet. Über Vorgänge in der Ukraine, die das Narrativ infrage stellen könnten, wird nicht berichtet. Für die Deutschen wird medial ein bestimmtes, sehr selektives Ukraine-Bild inszeniert. Zu diesem Bild gehört, dass es Faschismus in der Ukraine maximal als Randphänomen gibt. Zudem gab es in den vergangenen Wochen eine regelrechte Kampagne, in der das Bataillon Asow reingewaschen wurde. Während 2014 im Umfeld des Maidan der deutsche Mainstream noch vor dem Freiwilligenbataillon warnte, wurde seit Ausbruch der Kampfhandlungen im Februar immer weiter beschwichtigt und relativiert. Für die Neue Zürcher Zeitung sind es die "Verteidiger von Mariupol". In ihrer Reinwaschung des Regiments berufen sie sich ausgerechnet auf Andreas Umland, der für seine schlichte Schwarz-Weiß-Malerei in Bezug auf Russland und die Ukraine vielfach kritisiert wurde. Zudem arbeitet er am einseitig ausgerichteten Institut für Euro-Atlantische Kooperation in Kiew und obendrein für den wissenschaftlichen Beirat des ukrainischen Parlaments. Eine unabhängige Quelle ist er in keinem Fall. Ähnlich liest es sich bei der Welt. Das Regiment habe sich gewandelt. Ebenso relativieren die Zeit, Cicero und der Spiegel den faschistischen Charakter des Regiments – alles nahezu zeitgleich. Es handelt sich um eine Kampagne. Noch dreister der Merkur. Hier wird das Offensichtliche in sein Gegenteil gedreht:
"Die russischen Medien nutzen den Moment, als die letzten Männer und Frauen das Werk verlassen, um sie erneut als 'Neonazis' zu brandmarken. Sie müssen sich vor Kameras ausziehen, Tätowierungen sind zu sehen, Totenköpfe, Keltenkreuze und ein Hakenkreuz sowie immer wieder eine 'schwarze Sonne', angeblich das Erkennungssymbol der Nationalisten."
Erst wenige Tage vor Übernahme des russischen Beitrags lässt die Tagesschau "Experten" zu Wort kommen, die den Deutschen versichern: So schlimm ist das alles nicht. Unter den Experten befinden sich ausgerechnet das russophobe Zentrum Liberale Moderne und die ebenso russophobe Amadeu Antonio Stiftung. Wie auch schon die Personalie Andreas Umland haben diese Institutionen mit unabhängigem Expertentum wenig zu tun. Insbesondere das Zentrum Liberale Moderne ist eine auch aus deutschen Steuermitteln finanzierte Propaganda-Institution, die sich die antirussische Agitation zur Aufgabe gemacht hat. Aber die Tagesschau lässt uns durch dieses Pseudoexpertentum ausrichten, dass es sich bei den Anschuldigungen gegen das Bataillon Asow vor allem um eines handelt: russische Propaganda im Dienste Putins. Bei der Auswahl der Experten ist das kein Wunder, hat aber natürlich mit der Realität wenig zu tun.
Zur Klärung, wer sich da im Stahlwerk verschanzt hatte, empfiehlt sich der Ententest. Was da aus Asowstal gekrochen kam, sieht aus wie Nazis, ist tätowiert wie Nazis und hat sich verhalten wie Nazis. Sie bekennen sich sogar dazu, Nazis zu sein. Vermutlich sind es daher Nazis. Doch ungeachtet all dieser Tatsachen behaupten deutsche Medien und ihre "Experten" das Gegenteil und ziehen zur Reinwaschung argumentativ an ganz dünnen Haaren.
Die Beweisführung der deutschen "Experten" steht auf tönernen Füßen. Entsprechend würden die Bilder des russischen Fernsehens der deutschen Verklärungskampagne eine schwere Breitseite zufügen. Denn einfach nur patriotische Jungs mit Kämpfernatur lassen sich nicht reihenweise den Körper mit Hakenkreuzen, Symbolen der SS und schwarzen Sonnen zutätowieren. Das machen nur echte Nazis.
Nachdem aber das deutsche Publikum gerade gelernt hat, dass es sich beim Bataillon Asow gar nicht um Nazis, sondern um stramme Patrioten handelt, schneidet man die Bilder einfach raus, die zur Irritation führen könnten. So geht westlicher und vor allem deutscher Qualitätsjournalismus.
Ebenso unterschlägt der deutsche Mainstream alle Anschuldigungen gegen die faschistischen Kämpfer in der Ukraine. Sie werden grausamster Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschuldigt. Es ist wirklich alles dabei, was man als Motive aus blutrünstigen Splattermovies kennt. Abschneiden von Gliedmaßen bei lebendigem Leibe, Genitalverstümmelungen, Folter, Vergewaltigungen in Beisein der Familie mit anschließender Erschießung des Familienvaters. Nichts, was an gedanklicher Verirrung und Perversion denkbar ist, scheint das Bataillon Asow und seine faschistischen Pendants ausgelassen zu haben. Der einzelne Medienkonsument mag das für sich als russische Propaganda abtun. Aber es sollte über diese schwerwiegenden Anschuldigungen zumindest berichtet werden. So, wie man über Butscha berichtet hat. Allerdings mit dem Hinweis, dass eine offizielle Untersuchung zu folgen hat. In Butscha hat man diesen Hinweis vergessen. Was die Gräueltaten der Faschisten angeht, lässt die deutsche Qualitätspresse jeden Hinweis darauf einfach ganz unter den Tisch fallen. Asow – unsere Jungs fürs Grobe.
Auffallend dabei ist, dass dort, wo der Westen für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte eintritt, sich oftmals auch sehr schnell Gruppierungen einfinden, die genau den gegenteiligen Geist atmen. ISIS und all seine Ableger im Irak und dann in Syrien, faschistische Bataillone in der Ukraine. Es sind beides westliche Züchtungen. Ebenso wie westliche Medien aus fundamentalistischen Islamisten moderate Rebellen gemacht haben, machen sie jetzt aus Faschisten patriotische Widerstandskämpfer. Aber nicht nur die Zeugnisse, die belegen, dass es sich beim Bataillon Asow um reinen Faschismus handelt, werden unterdrückt, unterdrückt wird auch, dass es zahlreiche Zeugnisse dafür gibt, dass die Menschen in Mariupol froh darüber sind, befreit worden zu sein. All die Zeugnisse der Wut über die Asow-Kämpfer, denen vorgeworfen wird, Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbraucht zu haben, all die Wut auf Selenskij und den Bürgermeister von Mariupol, der ganz früh die Stadt im Stich gelassen hat – all dies findet keinen Eingang in die deutschen Nachrichten. Es ist eine absolute Schande, zu was sich der westliche und allen voran der deutsche Journalismus hergibt. Es muss immer und immer wieder wiederholt werden: Der deutsche Journalismus scheitert an seiner Aufgabe, umfassend und neutral zu berichten. Die GEZ-Medien gehen hier noch mit schlechtem Beispiel voran.
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